Herrgottschrofen
war. Sein Sperma in Svetlana. Es musste von irgendjemandem dorthin verbracht worden sein. Das war sogar relativ leicht möglich. Für jemanden, der einen solchen Job übertragen bekam, einen Agenten welchen Dienstes auch immer, stellten die Sicherheitstüren der Gerichtsmedizin in der Nußbaumstraße kein Hindernis dar. Das wusste er von seinen eigenen Besuchen dort, als er noch Reportagen von und über diesen Ort verfasst hatte.
Nur – woher hatten sie sein Sperma? Er stellte Überlegungen an, die ihm selbst ein wenig peinlich waren. Wo hatte er Samen hinterlassen in der letzten Woche. Doch eigentlich nur bei Dotti. In Kondomen. Masturbiert hatte er, soweit er sich erinnerte, nicht. Sie mussten also die Kondome aus dem Müll von Dottis Wohnung gezogen haben, waren damit in die Nußbaumstraße marschiert und hatten eine Spur an der Leiche angebracht. Musste am Montag oder Dienstag passiert sein. Ziemlich abstruse Geschichte, aber so musste es gewesen sein. Und woher hatten sie seine Speichelprobe?
Natürlich – die Arbeitsschürze, auf die er gespuckt hatte. Und die dann weg gewesen war. Wann war das gewesen? Freitag. Am ersten Arbeitstag auf dem Mittererhof. Jemand hatte den blauen Schaber von Kathis Großvater entwendet, während er im Haus gewesen war. Und Samstagnacht hatte er die Samenproben bei Dotti hinterlassen.
Doch warum hatten sie Svetlana am Montag überhaupt noch einmal untersucht? Die Obduktion musste doch schon in der vergangenen Woche abgeschlossen gewesen sein. Es musste also ein Komplott sein, in das auch Dottis Kollegen verwickelt waren. Oder Dotti selbst? Schon der Videodreh an ihrem ersten im Bett verbrachten Wochenende war ja seltsam genug.
Zu gern hätte er Dr. Dorothee Allgäuer zu der Geschichte befragt. Nur befanden sich einige Meter Stahlbeton und eine fünf Meter hohe Mauer zwischen ihm und ihr. Also musste das jemand anderes für ihn erledigen. Wer würde eine Besuchserlaubnis vom Staatsanwalt bekommen? Weißhaupt? Frey? Nein, am wahrscheinlichsten durfte ihn die Mutter seines Kindes besuchen. Er würde über seinen Anwalt, dessen Visite für vierzehn Uhr an diesem trüben Aprilmittwoch angesagt war, den Antrag stellen, dass Katharina Mitterer ihn besuchen durfte.
Albert Frey wusste, dass es nicht ganz dem Gesetz entsprach, was er da getan hatte. Noch bevor die Kripo in Begleitung einiger Beamter der Garmisch-Partenkirchner Polizeiinspektion nach Graseck kam, um die Habseligkeiten des Verdächtigen Hartinger zu durchsuchen, hatte er dessen Kameraausrüstung und alle Aufzeichnungen, die er unter dem Dach des Mittererhofs fand, in ein sicheres Versteck im Wald geschafft. Seine eigenen Unterlagen über den »Fall Casa Carioca« versteckte er ebenfalls. Es würde zwar sicher schwierig werden, einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung in Partenkirchen zu erhalten, aber ausschließen wollte er in dieser Angelegenheit nichts mehr.
Der Anwalt, der Hartinger von seinem Exchef Kurt Weißhaupt zur Verfügung gestellt wurde, hatte am Morgen dieses Mittwochs erst Akteneinsicht erhalten. Als er kurz darauf mit Kathi telefonierte, um ihr im dürren Juristendeutsch die Sachlage zu erläutern, war sie geschockt gewesen. Nein, nicht nur geschockt, geradezu außer sich. Die Spuren, die man von Hartinger bei der Frau gefunden hatte, die vor einer Woche vom Felsen gestürzt war, waren eindeutig.
Doch Kathi war nicht derart außer sich gewesen, weil diese »Beweise« sie von Hartingers Schuld überzeugt hätten. Im Gegenteil. Sie traute Hartinger vieles zu, aber keinen Lustmord. Umgehend hatte sie ihren Onkel Albert informiert, und der hatte zu Besonnenheit gemahnt. Nachdem sie eingehend über die Sache gesprochen hatten, war ihnen beiden klar, dass sie nicht glaubten, was sich die Münchner Staatsanwaltschaft da offenbar zusammengereimt hatte. Jemandem musste ein Fehler unterlaufen sein. Jemand hatte Beweismittel durcheinandergebracht. An eine Verschwörung zu denken, reichte ihre Phantasie nicht aus.
»Jetzt müssen wir die alte Frau erst recht aus Amerika herholen. Vielleicht stehen die beiden Toten ja in Zusammenhang. Auch wenn sechzig Jahre zwischen ihnen liegen«, schloss Frey seine Betrachtung.
»Willst du jetzt nach Los Angeles fliegen, Onkel Albert? Du kannst ja nicht einmal richtig Englisch.«
»Du vielleicht? Nein, wir machen es anders. Wir schreiben täglich ein Telegramm. Irgendwann wird sie dann antworten. Und dann überreden wir sie zu kommen.«
»Vager Plan. Gonzos Idee,
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