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Herrgottswinkel

Herrgottswinkel

Titel: Herrgottswinkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Ziegler
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Engelbert noch eine Goldkette mit einem Kreuz aussuchen, die sie gleich anbehielt.
    Zurück am Gasthaus Krone warteten schon Johannas Mutter und deren Schwägerin bei dem Zweispänner auf sie. »Du nimmst uns doch mit, Engelbert?« Anna wollte nach dem reichlichen Essen den Weg nicht zu Fuß gehen.
    »Aber heiraten werde ich nur Eure Tochter«, erwiderte er galant, wie es zu seinem Gehrock und dem Zylinder passte. Johanna war in diesem Moment so stolz auf ihn wie noch nie zuvor.
    Zu viert fuhren sie über den holprigen Weg nach Westerhofen zurück. Unterwegs holten sie sogar noch Engelberts Vater und seine Brüder ein. Dann ging es nach Hüttenberg, denn Johanna wollte keinesfalls schon heute in ihrem neuen Heim übernachten.
    »Noch bin ich nicht deine Frau«, sagte sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Erst morgen, wenn wir uns vor Gott das Jawort gegeben haben, dann ist es so weit.«
    »Ich habe schon so lange gewartet«, fügte sich Engelbert, »da kommt es auf eine weitere Nacht nun auch nicht mehr an.«
    Sie schlief sehr schlecht in dieser Nacht. Am nächsten Morgen holte Engelbert sie bereits um neun Uhr ab und diesmal fiel Johanna der Abschied von den Kindern besonders schwer, wusste sie doch, dass sie von heute an nur noch zu Besuch hierherkommen würde.
    Engelbert hob sie auf die Kutsche, und vorbei an der Hüttenberger Sennküche, der alten Dorfschule und der kleinen Kapelle führte sie der steinige Weg bergab durch einen großen, dunklen Wald, durch die Ortschaft Bihlerdorf hindurch bis hin zur Kirche von Seifridsberg, die erhaben wie eine Festung über dem Ort thronte.
    Auf dem Platz vor der Kirche warteten schon die zahlreichen Gäste. Es würde eine imposante Hochzeit werden, denn Engelbert hatte nicht nur acht Geschwister, von denen die meisten bereits verheiratet waren und Kinder hatten, er war auch in einigen Vereinen engagiert, deren Mitglieder gekommen waren, und dann war da noch sein großer Freundeskreis. Alles, was Rang und Namen hatte, war da. Johannas Hochzeitsgäste dagegen konnte man an einer Hand abzählen.
    Die Kirche war so voll, dass gar nicht alle einen Platz be kamen, aber glücklicherweise waren die Räumlichkeiten des Gasthofs ›Marienbrücke‹ in Bihlerdorf dann ausreichend groß – und der Schweinebraten mit Semmelknödel und Kraut war ausgezeichnet. Engelberts Schwester hatte in eine sehr musikalische Familie eingeheiratet. Also wurde nach dem Essen musiziert, gesungen und getanzt – eine der üblichen Schlägereien gab es glücklicherweise nicht. Leicht beschwipst und durch das viele Tanzen und die Gespräche erschöpft, verließen Johanna und Engelbert in einem unbemerkten Augenblick heimlich die Feier und rumpelten kichernd in ihrer Kutsche zurück nach Westerhofen.
    Für Johanna und Engelbert war es die erste gemeinsame Nacht, die erste von vielen.
    »Dass es so schön sein würde, habe ich nicht geglaubt«, sagte er am nächsten Morgen gleich nach dem Aufwachen zu ihr.

VIERTES KAPITEL
    Engelbert liebte Johanna nicht nur aus tiefstem Herzen, er bewunderte sie auch. Endlich besaß er etwas, das ihm ganz allein gehörte, wie er glaubte.
    »Du brauchst das nicht zu tun«, sagte er oft zu ihr, wenn er sah, wie sie sich abmühte, denn Johanna stand jeden Morgen schon früh mit ihrem Mann zusammen auf und half bei der Stallarbeit. Im Sommer ging sie schon um vier Uhr mit der Sense auf der Schulter an seiner Seite zum Mähen und obwohl sie nie mehr als fünfzig Kilo wog, konnte sie immer mit ihrem Mann, dem kräftigen großen ›Lulatsch‹, als den sie ihn bisweilen neckte, mithalten.
    »In jeder Arbeit kann man etwas Gutes sehen, man muss sie nur gerne machen«, erwiderte sie ihm einmal.
    Er liebte sie, wie sie war, und versuchte nicht, sie zu ändern. Auch Johanna akzeptierte ihren Mann in seiner Art, es gab nichts, was sie an ihm nicht mochte. Nun waren sie schon seit zwei Monaten verheiratet, aber sie war noch immer nicht schwanger. Lag es an ihr? War sie vielleicht krank und konnte keine Kinder bekommen? Jedes Mal, wenn sie wieder ihre Tage bekam, wurde sie noch unglücklicher. Sie hatte sich doch so sehr Kinder gewünscht! Schon ihr großer Wunsch nach einem Geschwisterchen war nicht in Erfüllung gegangen und nun, wo es möglich gewesen wäre, eigene Kinder zu haben, sollte diese Sehnsucht nach einer großen Familie erneut unerfüllt bleiben?
    Irgendwann musste es in nächster Zeit einfach klappen, denn schließlich ging es zwischen ihnen fast jede

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