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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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verschiedenen Richtungen nähern, und zwar auf Straßen, welche die vier Arme eines gegenläufigen Hakenkreuzes bildeten und dessen Mittelpunkt der Brunnen war, sich dabei auf die vier Himmelsrichtungen konzentrieren und Objekte in ihren Händen halten, die die vier Elemente symbolisierten: Olive eine Topfblume für die Erde, Fenner eine Magnumflasche Champagner für das Wasser, Sterling einen ziemlich umfangreichen, wasserstoffgefüllten Ballon für die Luft (oder das gasförmige Element) und Jack London eine brennende Zigarre für das Feuer.
    Sie sollten gleichzeitig am Brunnen eintreffen und ihm ihre Gaben ›vorstellen‹ – George, indem er seinen wasserstoffgasgefüllten Ballon durch das Wasser zog, und Jack, indem er seine Zigarre darin löschte.
    Olive und Fenner trafen als erste ein, Fenner ein wenig betrunken – vielleicht hatte er unterwegs seine Opfergabe probiert –, doch wir können unterstellen, dass alle vier etwas in Hochstimmung waren. Anscheinend war Fenner scharf auf Olive, und sie hatte ihn abgewiesen, und jetzt wollte er sie dazu bringen, mit ihm Champagner zu trinken, und als sie es ablehnte, versuchte er, ihn ihr zwangsweise einzuflößen und goss ihr dabei eine ganze Menge auf ihre Bluse und auf die Topfblume, die sie in ihren Händen hielt.
    Während die beiden so miteinander rauften, traf George ein und versuchte, Fenner von Olive zu trennen, ohne seinen Ballon loszulassen, und Olive kreischte vor Vergnügen, als nun die beiden Männer miteinander rangen, und drückte ihre Topfblume gegen ihren nassen Busen.
    Jetzt trat Jack von hinten auf sie zu – er war noch betrunkener als die anderen – und drückte, einer plötzlichen Inspiration nachgebend, das glühende Ende seiner Zigarre an den Ballon.
    Es gab eine Stichflamme und eine ziemlich laute Explosion. Augenbrauen und Haare wurden angesengt. Fenner, der glaubte, dass Sterling auf ihn geschossen habe, fiel in das Wasserbecken des Brunnens und ließ dabei die Magnum-Flasche fahren, die auf den Steinen der Einfassung zerschellte. Olive ließ ihren Blumentopf fallen und begann hysterisch zu lachen. George lief vor Wut auf Jack rot an, und Jack lachte wiehernd, wie ein wahnsinniger Gott – und Thibaut, der bestimmt irgendwo im Hintergrund stand, verfluchte alle vier.
    Am folgenden Tag entdeckten sie alle fast zur selben Zeit, dass ein kleines Lagerhaus hinter dem Rincon Hill eingestürzt und nur noch ein wüster Haufen von Ziegeln war. Alter und Baumängel wurden offiziell als Grund angegeben, doch Thibaut behauptete natürlich, dass es auf den Fehlschlag seiner Mega-Magie zurückzuführen sei, der durch die allgemeine Frivolität der vier Beteiligten und Jacks idiotischen Scherz verursacht worden wäre.
    Ich weiß nicht, ob in dieser Geschichte auch nur ein Körnchen Wahrheit steckt – zumindest ist sie um ihrer anekdotischen Wirkung willen stark verzerrt worden.
    Auf jeden Fall aber können Sie sich jetzt besser vorstellen, wie diese Primadonnen, die Thibaut rekrutiert hatte, auf seine Befehle reagierten. Wahrscheinlich hätten Jack London und George Sterling bei Unternehmen wie dem Abschalten von Beleuchtung in Hochhäusern – oder auch ganzen Häuserblocks – schon aus reinem Spaß an der Sache mitgemacht, vorausgesetzt, sie wären betrunken genug gewesen, wenn Thibaut ihnen den Befehl dazu gab. Und selbst der querköpfige alte Bierce hätte vielleicht Spaß an einem bisschen Schwarzpulver-Donner gefunden, wenn ein anderer die ganze Arbeit getan und auch die Zündschnur angesteckt hätte. Doch als de Castries sie beauftragte, langweilige Dinge zu tun, deren Sinn er ihnen nicht erklärte, war es einfach zuviel. Eine temperamentvolle und exzentrische Dame der Gesellschaft, eine auffallende Schönheit (und Akolytin), soll gesagt haben: ›Wenn er mich nur beauftragt hätte, etwas Herausforderndes zu tun, zum Beispiel, Präsident Roosevelt die Hose aufzuknöpfen (sie meinte natürlich Teddy Roosevelt, Franz), oder mich nachts splitternackt auf die Rotunde von Paris zu stellen, oder zu den Seal Rocks hinauszuschwimmen und mich an die Klippen zu ketten wie Andromeda; aber nur vor der Stadtbücherei zu stehen, mit sieben ziemlich großen Kugellagern in meinem Büstenhalter, an den Nordpol zu denken und eine Stunde und zwanzig Minuten nicht ein einziges Wort zu sprechen … ich bitte dich, Darling!‹
    Der springende Punkt war wohl, dass sie sich schlichtweg geweigert haben, ihn ernst zu nehmen – und auch seine Revolution und seine

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