Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
Schwarze Magie. Jack London war ein eingefleischter marxistischer Sozialist und hatte sich mit seinem Science Fiction-Roman The Iron Heel seinen Weg durch einen gewalttätigen, blutigen Klassenkampf geschrieben. Er war in der Lage, Löcher in Theorie und Praxis von Thibauts Herrschaft des Terrors zu bohren, und hätte es mit Sicherheit auch getan. Und er wusste, dass die erste Großstadt, in der eine Regierung der Gewerkschaftspartei an die Macht gewählt worden war, bestimmt nicht der richtige Ort für den Beginn einer Konterrevolution sein konnte. Er war außerdem ein darwinistischer Materialist und wissenschaftlich gebildet Er wäre in der Lage gewesen, Thibauts ›neue schwarze Wissenschaft‹ als eine pseudowissenschaftliche Travestie und als lediglich eine neue Bezeichnung für Magie zu entlarven.
    Auf jeden Fall weigerten sich alle, ihm selbst bei einem Test-Unternehmen seiner Mega-Magie zu helfen. Vielleicht haben sogar ein paar von ihnen ein- oder zweimal mitgemacht – bei dieser Komödie an Lotta’s Fountain, zum Beispiel – doch es geschah nichts.
    Ich vermute, dass er zu diesem Zeitpunkt die Geduld verlor, Befehle zu brüllen begann und Strafen verhängte. Und sie haben ihn sicher nur ausgelacht – und als er immer noch nicht einsah, dass er sein Spiel verloren hatte, sind sie einfach fortgegangen.
    Oder sie haben aktiver reagiert. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass jemand wie Jack London den wütenden, schreienden kleinen Mann einfach bei Kragen und Hosenboden packte und ihn auf die Straße warf.«
    Byers hob die Brauen. »Das erinnert mich daran, Franz, dass Lovecrafts Feind-Freund de Castro Ambrose Bierce kannte und behauptet hatte, mit ihm zusammengearbeitet zu haben, doch bei ihrem letzten Treffen soll de Castro den Abschied von Bierce etwas beschleunigt haben, indem er einen Spazierstock auf seinem Kopf zerbrach. Wirklich eine gute Parallele zu dem, was ich eben für de Castries als Hypothese aufgestellt habe. Eine wirklich attraktive Theorie – dass beide Fälle gleich liegen! Aber es war nicht so, denn de Castro war bei Lovecraft, um seine Stories und seine Memoiren umzuschreiben, als de Castries bereits tot war.«
    Er seufzte tief, bevor er fortfuhr. »Jedenfalls könnte ein Zwischenfall wie dieser die Transformation de Castries von einem faszinierenden Außenseiter, den die Menschen irgendwie mochten, zu einem aufdringlichen, alten Langweiler, quengelnden Nassauer, Streithammel und Erpresser herbeigeführt haben, vor dem man sich mit allen Mitteln schützen musste. Ja, Franz, es gibt hartnäckige Gerüchte, dass er versucht hat – und in einigen Fällen sogar erfolgreich –, seine früheren Jünger mit Eröffnungen und Bekenntnissen, die sie in den Taten gemeinsamer Freizügigkeit begangen hatten, zu erpressen, sogar mit der Drohung, ihre frühere Mitgliedschaft zu einer Terror-Organisation anzuzeigen – seiner eigenen! Zweimal schien er während dieser Zeit für mehrere Monate spurlos verschwunden zu sein – sehr wahrscheinlich, weil er Gefängnisstrafen absitzen musste. Einige seiner Ex-Akolyten waren einflussreich genug, um so etwas ohne große Schwierigkeiten arrangieren zu können, obwohl es mir nicht gelungen ist, dafür irgendwelche Beweise zu erbringen; die meisten Akten sind bei dem Erdbeben vernichtet worden.



Doch etwas von dem alten, dunklen Glanz muss ihm für geraume Zeit noch geblieben sein – zumindest in den Augen seiner Ex-Akolyten – die dumpfe Ahnung, dass er ein Mensch mit dunklen, übernatürlichen Kräften war, denn als am frühen Morgen des achtzehnten April 1906 das Erdbeben losbrach, vom Westen her in lang gezogenen Wellen von Mauerwerk und Beton die Market Street hinaufdonnerte und Hunderte von Menschen verschlang, soll einer seiner abgefallenen Akolyten, wahrscheinlich in der Erinnerung an eine Zauberei, die Wolkenkratzer zum Einstürzen bringen würde, gesagt haben: ›Er hat es geschafft! Der alte Teufel hat es wirklich geschafft!‹
    Und es gibt Hinweise darauf, dass Thibaut das Erdbeben für seine Erpressungen auszunutzen versuchte – so auf die Art: ›Ich habe es einmal getan, ich kann es wieder tun!‹ Anscheinend hat er alles, was ihm einfiel, dazu benutzt, anderen Angst einzujagen. In zwei Fällen soll er Menschen gedroht haben, seine Königin der Nacht, seine Herrin der Dunkelheit (seine mysteriöse, verschleierte Lady) gegen sie einzusetzen – das heißt, wenn sie kein Geld ausspuckten, würde er seine Schwarze Tigerin auf sie

Weitere Kostenlose Bücher