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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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zugehört, und wenigstens die Hälfte seiner Aufmerksamkeit hatte anderen Dingen gegolten, doch bei der Erwähnung der Grand Cipher hatte er sich wieder völlig auf Byers Bericht konzentriert.
    »Sehr richtig«, nickte Byers. »Ich werde es Ihnen erklären. In England gab es zu jener Zeit den Hermetischen Orden der Goldenen Dämmerung, einen okkulten Zirkel, zu dessen Mitgliedern auch der mystische Poet Yeats gehörte, der mit Pflanzen und Bienen und der See sprach, und Dion Fortune und George Russel – A. E. – und Ihr geliebter Arthur Machen – Sie müssen wissen, Franz, ich war immer davon überzeugt, dass die sexuell finstere femme fatale Helen Vaughan in seinem The Great God Pan nach der Satanistin Diana Vaughan modelliert worden war, obwohl ihre Memoiren – und vielleicht sogar sie selbst – ein Schwindel des französischen Journalisten Gabriel Jogand waren …«
    Franz nickte ungeduldig und musste an sich halten, um nicht zu drängen: ›Nun machen Sie schon weiter, Donaldus!‹
    Der andere verstand ihn trotzdem. »Auf jeden Fall«, fuhr er fort, »gelang es Aleister Crowley im Jahr 1898, Mitglied der Gilded Dayspringers zu werden, und er hätte diese Gesellschaft durch seine Forderung nach der Einführung satanistischer Riten – Schwarze Magie und anderem wirklich hartem Zeug – fast zum Auseinanderbrechen gebracht.
    In Imitation, aber auch als eine sardonische Herausforderung, nannte de Castries seine Gesellschaft den Hermetischen Orden der Onyx-Dämmerung. Er soll angeblich einen großen, schwarzen Ring in pietra dura-Arbeit getragen haben, mit Schrägflächen aus Onyx, Obsidian, Ebenholz und schwarzem Opal, die, mosaikartig zusammengefügt, einen schwarzen Raubvogel darstellten, vielleicht einen Raben.
    Es war zu diesem Zeitpunkt, als sich die Dinge zum Nachteil de Castries zu entwickeln begannen, und die Atmosphäre, nach und nach, sehr hässlich wurde. Unglücklicherweise ist es auch die Periode, über die ich nur unter erheblichen Schwierigkeiten einigermaßen zuverlässige Informationen erhalten konnte – wenn überhaupt irgendwelche Informationen –, und zwar aus Gründen, die, wie Sie gleich sehen werden, sehr einleuchtend sind.
    So weit es mir gelungen ist, die Ereignisse zu rekonstruieren, geschah folgendes: Sobald seine Geheimgesellschaft konstituiert worden war, verkündete de Castries ihren etwa zehn sorgfältig ausgewählten Mitgliedern, dass sein Utopia kein ferner Traum sei, sondern sofort realisiert werden würde, und zwar durch eine gewalttätige Revolution, sowohl materiell als auch spirituell (d.h. paramental), und dass das Hauptinstrument dieser Revolution – und zu ihrem Beginn das einzige – der Hermetische Orden der Onyx-Dämmerung sein würde.
    Diese gewaltsame Revolution sollte durch terroristische Unternehmen in Gang gesetzt werden, die sich auf gewisse Weise an die Aktivitäten anlehnten, welche die Nihilisten zu jener Zeit in Russland betrieben (kurz vor der gescheiterten Revolution von 1905), doch mit einer Menge neuer Schwarzer Magie (seiner Megapolisomancy) aufgestockt. Das Ziel sollte Demoralisierung sein, und nicht das Töten, zumindest in der Anfangsphase. Schwarzpulver-Bomben sollten während der Nachtstunden auf Plätzen und Hausdächern der Stadt zur Explosion gebracht werden. Hochhäuser sollten durch Zerschlagen von Hauptschaltern und -sicherungen für Stunden verdunkelt werden. Anonyme Briefe und Anrufe würden die Hysterie noch steigern.
    Doch wichtiger als das sollte die megapolisomantische Operation werden, die ›Hochhäuser zu Schutt zusammenfallen lassen und Menschen zum Wahnsinn treiben sollte, bis sie in panischer Flucht die Stadt verlassen, alle Straßen verstopfen und die Fähren zum Sinken bringen würden‹. So jedenfalls hat de Castries viele Jahre später, in einer seiner seltenen kommunikativen Stimmungen, seinen Plan Klaas geschildert. Sagen Sie, Franz, haben Sie gewusst, dass Nicola Tesla, der andere große amerikanische Magier, in seinen letzten Lebensjahren behauptet hat, ein Gerät erfunden oder zumindest erdacht zu haben, das handlich genug sei, um in einer größeren Aktentasche in ein Gebäude geschmuggelt werden zu können und dieses zu einer vorher eingestellten Zeit durch sympathetische Vibrationen zum Einsturz zu schütteln? Auch das habe ich von Herman Klaas erfahren. Aber ich weiche vom Thema ab.
    Die magischen oder pseudowissenschaftlichen Unternehmen – oder wie würden Sie sie nennen? – erforderten von Thibauts Helfern

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