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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Papiers lagen auf dem schmalen Tisch und auf dem Boden zu seinen Füßen. Er konnte sich nicht erinnern, ob er die vom Tag zuvor zusammengekehrt hatte oder nicht. Er bemerkte, dass der ordentlich aufgeschichtete, kleine Stapel von Taschenbüchern verschwunden war. Hatte er sie irgendwo anders hingeräumt? Auch daran konnte er sich nicht erinnern.
    Vielleicht hatte ein besonders starker Windstoß den Karton abgerissen, aber hätte der nicht auch die Vorhänge ins Zimmer wehen und die Papierschnitzel vom Schreibtisch blasen müssen? Er blickte zu den roten Lichtern des Fernsehturms hinüber; dreizehn brannten matt und gleichmäßig, sechs waren heller und blinkten. Unter ihnen, eine Meile näher, wurde der dunkle Buckel der Corona Heights von dem gelblichen Licht der Straßenlampen und dem aus den Fenstern der Hochhäuser fallenden Lichtschein kontrastiert. Wieder schüttelte er den Kopf.
    Wieder durchsuchte er das Apartment, und dieses Mal kam er sich dabei nicht albern vor. Als er den Kleiderschrank geöffnet hatte, drückte er die darin hängenden Sachen zur Seite und blickte hinter sie. Er bemerkte einen fahlgrauen Regenmantel, den Cal einmal vor geraumer Zeit hier gelassen hatte. Er sah auch unter das Bett und hinter den Duschvorhang.
    Auf dem Tisch zwischen Kleiderschrank und Badezimmertür lag seine ungeöffnete Post, zuoberst ein Brief von einer Krebshilfe-Organisation, der er nach dem Tod Daisys mehrmals Geldbeträge überwiesen hatte. Er runzelte die Stirn und presste die Lippen zusammen, einen schmerzvollen Ausdruck auf seinem Gesicht. Neben dem kleinen Stapel von Briefen lagen eine kleine Schiefertafel, ein paar Stücke Kreide und seine Prismen, mit denen er hin und wieder mit dem Sonnenlicht spielte, das er zu Spektren auffächerte, und zu Spektren von Spektren. Er sagte zu seinem ›Studentenliebchen‹: »Wir werden dir bald wieder deine hellen, fröhlichen Kleider anziehen, mein Schatz, sowie dies alles vorbei ist.«
    Er nahm einen Stadtplan und ein Lineal vom Tisch und ging zum Bett, nahm vorsichtig das zerbrochene Fernglas aus der Jackentasche und legte es behutsam auf einen freien Platz des kleinen Kaffeetisches. Es gab ihm ein Gefühl von Sicherheit, zu wissen, dass der schnauzengesichtige Paramentale ihn nun nicht mehr erreichen konnte, ohne eine Barriere von zerbrochenem Glas zu überwinden, eine Sperre, wie auf Mauerkronen einzementierte Scherben – bis er erkannte, wie unlogisch das war.
    Er holte sich auch Smiths Journal, setzte sich neben sein ›Liebchen‹ auf das Bett und faltete den Stadtplan auseinander.
    Dann öffnete er das Journal auf der Seite mit de Castries’ Fluch, wunderte sich wieder, dass er ihm so lange verborgen geblieben war, und las noch einmal den entscheidenden Passus:
     
    Der Drehpunkt (o) und die Cipher (A) werden dort sein, an seinem geliebten 607 Rhodes. Ich werde an dem mir zugewiesenen Ort ruhen (1), unter dem Bischofssitz, die schwerste Asche, die er jemals fühlte. Dann, wenn die Lasten auf Sutro Mountain (4) und Monkey Clay (5) sind [(4) + (1) = (5)] WIRD sein Leben zermalmt werden.
     
    Jetzt an die Berechnung, sagte er sich, an die Lösung dieser Aufgabe in Schwarzer Geometrie, oder ob es Schwarze Physik war? Wie, hatten Klaas und Byers gesagt, war es von de Castries bezeichnet worden? Richtig: ›Neo-pythagoräische Metageometrie‹.
    Monkey Clay war wirklich die unwahrscheinlichste Bezeichnung in dem Fluch. Donaldus hatte etwas von Affen- oder Menschen-Lehm gemurmelt, aber das führte zu nichts. Es musste ein Ort sein, wie Mount Sutro – oder Corona Heights (unter dem Bischofs-Sitz). Eine Clay Street gab es in San Francisco. Aber Monkey?
    Franz’ Gedanken machten einen großen Sprung von Monkey Clay zu Monkey Wards. Warum? Er hatte mal einen Mann gekannt, der bei dem großen Rivalen des Versandhauses Sears and Roebuck arbeitete, und der hatte behauptet, dass manche seiner Kollegen die Firma einen ›Affenstall‹ nannten. Nun …
    Noch ein Sprung, von den Monkey Wards zum Monkey Block. Natürlich! Monkey Block war der Spitzname eines riesigen, alten Apartmenthauses von San Francisco gewesen, das längst abgerissen worden war, in dem Bohemiens und Künstler in den wilden zwanziger Jahren und während der Depression für billiges Geld gewohnt hatten. Monkey war eine Verballhornung des Namens der Straße, an der das Gebäude gestanden hatte: Montgomery Street! Noch ein Straßennahme, und die Montgomery Street kreuzte die Clay Street! (Es musste noch mehr

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