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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dem Essen noch hell –, hatte Romilly wieder das deutliche Gefühl, beobachtet zu werden, als sei sie ein Beutetier, das sich vor den scharfen Augen eines kreisenden Falken duckt. Sie suchte den dunkler werdenden Himmel ab, sah jedoch nichts. Und dann – unglaublich! – die vertraute Wahrnehmung von Wildheit, Flug, Kontakt, Rapport. Kaum wissend, was sie tat, streckte Romilly den Arm aus. Flügel rauschten und Krallen griffen zu. »Preciosa!« schluchzte sie laut und spürte die Krallen auf ihrem bloßen Handgelenk. Sie öffnete die Augen und sah den bläulich-schwarzen Schimmer der Flügel, die scharfen Augen, und die alte Verbundenheit kehrte zurück. Entgegen aller Hoffnung, entgegen allen Glaubens hatte Preciosa sie irgendwie gefunden, als sie das Gletscherland verließ, hatte ihre Spur noch durch diese fremden Berge und Ebenen verfolgt. Sie war in guter Kondition, glatt und schön und wohlgenährt. Natürlich. Auf diesen Ebenen war die Jagd noch besser als in den Kilghardbergen, wo sie aus dem Ei geschlüpft war. Lange Zeit stand Romilly bewegungslos, den Falken auf ihrer Hand, und stumme Zufriedenheit strömte von einem zum anderen. »Nun seht euch das an!« durchbrach die Stimme eines Mädchens ihre Verzückung. »Wo kommt der Falke her? Sie ist behext!«
Romilly holte tief Atem. Sie sagte zu Caryl, der sie in hingerissenem Schweigen beobachtete: »Es ist mein Falke, es ist Preciosa. Irgendwie ist sie mir hierher gefolgt, so weit von zu Hause, so weit…«, sie weinte zu sehr, um weitersprechen zu können. Beunruhigt von ihrer Erregung, schlug Preciosa mit den Flügeln und balancierte auf Romillys Faust. Dann hob sie ab und blockte auf dem Ast eines nahestehenden Baums auf. Von dort sah sie ohne ein Zeichen von Furcht zu ihnen herab. Mhari fragte: »Ist das dein eigener Falke, der, den du abgetragen hast?« Und Janni sagte mit ruhiger Stimme: »Du hast mir erzählt, dein Vater habe ihn dir weggenommen und deinem Bruder geschenkt…«
Mit Anstrengung gewann Romilly die Herrschaft über ihre Stimme zurück. »Ich glaube, Darren hat erfahren müssen, daß es nicht in der Macht meines Vaters lag, Preciosa zu verschenken.“ Sie sah durch ihre Tränen zu dem Ast empor, wo Preciosa saß, bewegungslos wie ein gemalter Falke auf einem gemalten Baum, und wieder traten sie in Rapport. Hier, unter fremden Frauen in einem fremden Land, wo alles, was sie gekannt hatte, hinter ihr und jenseits des Flusses lag, war sie, verbunden mit ihrem Falken, nicht länger allein.
    2.
    Drei weitere Tage ritten sie und kamen in ein warmes Land mit sanften Hügeln und weicher Luft ohne die leiseste Spur von Frost. Bis ans Ende ihres Lebens sollte sich Romilly an diesen ersten Ritt über die Ebenen von Valeron erinnern – denn so, das hatte Caryl ihr gesagt, wurden sie genannt –, grün und fruchtbar mit blühenden Büschen auf den Feldern und Bäumen, die nicht einmal Schneeschoten für die Nachtblüten hatten. Am Wegrand leuchteten die Blumen rot und blau und silber-golden, und die rote Sonne, warm und riesig an diesem südlichen Himmel, warf purpurne Schatten. Die Luft selbst schien süß und euphorisch zu sein.
    Caryl war in Ekstase und machte Romilly auf Landmarken aufmerksam. »Ich hatte nicht damit gerechnet, vor dem nächsten Mittsommer heimzukommen! Oh, ich freue mich so, daß es nach Hause geht!«
    »Und dein Vater hat dich aus diesem warmen und angenehmen Land in den Schnee von Nevarsin geschickt? Er muß in der Tat ein guter Cristofero sein.«
    Caryl schüttelte den Kopf, und in diesem Augenblick wirkte sein Gesicht distanziert, verschlossen, beinahe erwachsen. Er antwortete leise: »Er dient dem Herrn des Lichts, wie es sich für einen Hastur ziemt.«
    Warum dann – Romilly wäre die Frage beinahe hinausgerutscht, aber sie hatte gelernt, dem Jungen keine Fragen über seinen Vater zu stellen. Er las es jedoch in ihren Gedanken. »Die Cristoferos in Nevarsin sind gelehrte Männer und gute Männer«, erklärte er schließlich. »Seit die Hundert Königreiche geschaffen wurden, hat es Krieg und Chaos im Tiefland gegeben, und klein ist das Wissen, das man dort erwerben kann. Mein Vater wünschte, daß ich in Frieden lernte, weit weg vom Krieg und sicher vor den Fehden, die die Abkömmlinge Hasturs entzweien. Er teilt den Glauben der Bruderschaft nicht, doch er achtet ihre Religion und ihre Zurückhaltung von jedem Streit.«
    Er verstummte, und Romilly ritt weiter, ohne ihn in seinen Gedanken zu stören. Welche Szenen von

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