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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Keuschheitsgelübde auf, Romy?«
Romilly wollte eine zornige Antwort geben – sie machte keine groben Bemerkungen über die Götter anderer, also konnten sie auch den Mund über ihre Religion halten –, aber sie sah Jannis Stirnrunzeln und sagte ruhig: »Ich könnte mir etwas Schlimmeres zum Aufsagen vorstellen.« Dann drehte sie dem aufgebrachten Mädchen den Rücken und breitete Caryls Decke neben ihrer eigenen aus.
»Sollen wir vielleicht ein männliches Wesen mit uns im Zelt schlafen lassen?« fragte das Mädchen, das Einspruch erhoben hatte, wütend. »Das ist ein Zelt für Frauen.«
»Oh, sei still, Mhari, der Junge kann doch nicht draußen im Regen bei den Pferden schlafen«, antwortete Janni ärgerlich.
»Die Regeln der Schwesternschaft sind mit gesundem Menschenverstand anzuwenden, und der Junge ist kaum mehr als ein Baby! Bist du so dumm, daß du glaubst, er werde unter unsere Decken kommen und uns vergewaltigen?«
»Es ist eine Sache des Prinzips«, erklärte Mhari verdrießlich.
»Weil das Balg ein Hastur ist, müssen wir ihn an einem Ort der Schwesternschaft dulden? Meine Einstellung wäre die gleiche, wenn er erst zwei Jahre alt wäre!«
»Dann hoffe ich, du wirst niemals so geschmacklos sein, einen Sohn anstelle einer Tochter zu gebären«, meinte Janni leichthin. »Oder würdest du dich aus Prinzip weigern, ein männliches Kind an deiner Brust zu nähren? Geh schlafen, Mhari. Das Kind kann zwischen mir und Romilly liegen, und wir werden deine Tugend bewachen.«
Caryl öffnete den Mund. Romilly stieß ihn in die Rippen, und er sagte nichts. Sie merkte, daß er kurz davor war, loszukichern. Ihr kam das Gerede ziemlich töricht vor. Aber vermutlich hatten die Schwestern ihre Regeln und Prinzipien wie die Brüder von Nevarsin. Sie legte sich neben Caryl nieder und schlief ein.
In einem deutlichen, lebhaften Traum flog sie, im Geist mit Preciosa verbunden, über das grüne, hügelige Land ihrer Heimat. Mit einem Kloß in der Kehle wachte sie auf, den weiten Ausblick von den Klippen Falkenhofs noch vor Augen. Würde sie ihre Heimat, ihre Schwester und ihre Brüder je wiedersehen? Was hatten Schwester und Brüder mit einer wandernden Schwertfrau zu tun? Ihre Ohren schmerzten, wo sie durchstochen worden waren. Sie sehnte sich nach Orain und Carlo und sogar nach dem scharfzüngigen Alaric. Bis jetzt hatte sie noch keine Freundschaften unter diesen fremden Frauen geschlossen. Trotzdem gehörte sie durch ihren Eid mindestens ein Jahr lang zu ihnen, und das ließ sich nicht mehr ändern. Sie lauschte auf Caryls ruhigen Atem und auf die fremden Frauen im Zelt. So allein hatte sie sich noch nie im Leben gefühlt, nicht einmal als sie aus Rorys Hütte geflohen war.
Fünf Tage lang ritten sie südwärts, bis sie an den Fluß Kadarin gelangten, die traditionelle Grenze zwischen den TieflandDomänen und dem Vorgebirge der Hellers. Für Romilly hatte es eine besondere Bedeutung, ein fremdes Land zu betreten. Janni hingegen sah in dem Kadarin nur einen Fluß, den es zu überqueren galt, und das taten sie in aller Eile mittels einer Furt, deren niedriges Wasser den Pferden kaum an die Knie ging. Die Berge waren nicht mehr so hoch, und bald kamen sie auf eine weite, wellige Ebene. Caryl strahlte; während der ganzen Reise war er guter Laune gewesen, und jetzt war er selig. Romilly nahm an, daß er sich freute, nach Hause zu kommen, und die langen Ferien genoß, die seine Studien unterbrachen.
Aber Romilly fühlte sich ohne Berge um sie herum unbehaglich. Während sie über das flache Land unter dem hohen Himmel dahinritt, kam sie sich klein und allen Gefahren ausgesetzt vor. Ängstlich blickte sie immer wieder empor, als werde irgendein Raubvogel auf sie niederstürzen und in seinen starken Krallen davontragen. Sie wußte, das war albern, und konnte doch nicht aufhören, den blassen Himmel voller dicker violetter Wolken abzusuchen, als werde sie von da oben beobachtet. Endlich nahm es Caryl, der neben ihr ritt, mit seinem empfindlichen Laran wahr.
»Was ist los, Romy? Warum siehst du immerfort so zum Himmel auf?«
Sie hatte wirklich keine Antwort für ihn und versuchte, darüber hinwegzugehen.
»Mir ist unbehaglich ohne Berge um mich. Ich habe immer in den Bergen gelebt, und ich fühle mich hier nackt und schutzlos.« Den Blick zum unvertrauten Himmel gerichtet, versuchte sie zu lachen.
Hoch, hoch oben schwebte kaum noch sichtbar ein Pünktchen. Romilly zwang sich, es zu ignorieren und die Augen auf das grobe, leicht von

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