Herrin der Falken - 3
sich.
Ranald antwortete: »Ich will es gern versuchen. Und vielleicht ist Mistress Romilly bereit, mich auszubilden. Allerdings ist sie wie alle Schwertfrauen arrogant und von barscher Rede…«
Maura lachte fröhlich auf und meinte, er sei eben nur an Frauen gewöhnt, die ihn, einen Ridenow-Lord, als spezielle Schöpfung für ihr Entzücken betrachteten.
»Komm, komm, Maura, ein solcher Schürzenjäger bin ich nicht. Aber wenn die Göttin Evanda die Frauen zum Entzücken der Männer geschaffen hat, warum sollte ich dann der Dame des Lichts die Ehrerbietung schuldig bleiben, indem ich sie nicht in ihrer Schöpfung, der Lieblichkeit der Frauen, anbete?« scherzte er. »Dich, Orain, wird sie zweifellos eines Tages bestrafen, weil du ihr verweigerst, was ihr zusteht.« Orain lachte gutmütig, und Romilly erkannte, daß sie ein Gespräch belauschte, das nicht für ihre Ohren bestimmt war. Sie versuchte, es wegzuschieben, wußte sich jedoch keinen anderen Rat, als daß sie ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richtete. Und dann ritt sie wieder mit Sonnenstern und war sich Carolins zu stark bewußt. Es war kein angenehmer Tag. Am Abend kam Ranald und fragte, ob er ihr beim Absteigen behilflich sein dürfe. Es sei sein Wunsch, sagte er, den Umgang mit den Vögeln zu erlernen, damit er einen fliegen lassen könne, solange Lady Maura durch ihren Eid gebunden sei, darauf zu verzichten. Romilly war recht knapp mit ihm. »Ganz so einfach ist das nicht. Aber versucht einmal, Euch ihnen zu nähern. Beklagt Euch nur nicht, wenn Ihr einen Fingernagel oder gar ein Auge verliert!«
Ihr gefiel die Art nicht, wie er sie ansah. Es erinnerte sie zu sehr an Dom Garris und sogar an Rory, als habe er ihre jungen Brüste mit gieriger Hand berührt. Das unverhüllte Begehren in seinen Augen – noch nie habe ich so ein Gefühl gehabt – störte sie. Doch er hatte nichts getan, nichts gesagt. Wie konnte sie Einspruch erheben? Sie raffte den Mantel zusammen, als sei ihr kalt, und zeigte auf die Vögel.
Ranald senkte den Blick, und sie erkannte, daß er etwas von ihrem Unbehagen wahrgenommen hatte. Leise sagte er: »Verzeiht mir, mestra, es war nicht meine Absicht, Euch zu beleidigen.« Ebensowenig wie Carolin war er imstande, sich einer unwilligen Frau aufzudrängen, denn er würde den Schreck und die Bestürzung des Opfers teilen, das Gefühl, durch einen lüsternen Blick vergewaltigt zu werden. Aber er war nur an Frauen der Hastur-Sippe gewöhnt, die seine Sensibilität nicht verkannt hätten.
Und mit einer Frau, die kein Laran hat – das wäre, als paare man sich mit einem vernunftlosen Tier, das kaum richtig lebt… Romilly sah die brennende Röte auf seinem Nacken und wünschte, sie fände Worte, ihm zu sagen, es sei alles in Ordnung. Er näherte sich den Vögeln. Sie spürte die Art, wie er seine Gedanken aussandte, wie er versuchte, nichts als die freundlichsten Gefühle auf sie abzustrahlen. Einen Augenblick lang wartete Romilly, dann senkte Temperentia den Kopf und rieb ihn gegen den Kratzstock in der Hand des Ridenow-Lords. Also wird er sie fliegen lassen, und er wird eins mit uns sein, wie es Maura gewesen ist… Sie wußte nicht, warum die Vorstellung sie beunruhigte.
Maura mußte noch bei der Armee sein, dachte Romilly. Man konnte sie in einem vom Krieg heimgesuchten Land nicht allein zurücklassen. Doch gesehen hatte sie sie heute nicht. Als sie mit den Vögeln vorausritten, kam Lord Ranald mit ihnen, Temperentia auf dem Sattel. Romilly hatte ihren Liebling Prudentia Ruyven überlassen. So konnte sie Diligentia nehmen, die von den Vögeln am schwierigsten zu behandeln war. Diligentia zappelte nervös und kreischte, beruhigte sich jedoch, als Romilly ihren Geist berührte.
Ja, auch du bist eine Schönheit, versicherte Romilly dem Vogel und fand es gar nicht merkwürdig, das große, häßliche Geschöpf so anzureden.
Ihre Dienste wurden an diesem Tag dann doch nicht gebraucht. Romilly war froh, denn das verschaffte Lord Ranald etwas mehr Zeit, sich mit dem Vogel völlig vertraut zu machen und einen engen Rapport mit ihm herzustellen. Nach etwa einer Stunde war Romilly überzeugt, nun nicht mehr gerufen zu werden, und sie ließ ihre Gedanken wieder in engen Kontakt mit Sonnenstern gleiten, der sich mit Carolin auf seinem Rükken an der Spitze der Armee befand.
Das ganze Land lag verlassen da. Die Felder waren nicht bearbeitet, hin und wieder sah man einen leeren Bauernhof. Die Brunnen waren zerstört, die Gebäude verbrannt oder
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