Herrin der Falken - 3
Nachbarn, doch der MacAran war,
wie man ihr gesagt hatte, unabhängiger Grundbesitzer schon
vor dem Bau der Stadt Caer Donn gewesen!
Nun brachte der Tanz sie mit Dom Garris zusammen. Auch er lächelte und drückte ihre Hand. Sie errötete und hielt ihre Hände kalt und steif gegen die seinen, sie nur eben berührend, wie der Tanz es erforderte. Es war eine Erleichterung für sie, als die nächste Runde sie wieder an ihren ursprünglichen Platz und zu Alderic brachte. Die Musik ging in einen Paartanz über. Romilly sah, daß Dom Garris entschlossen auf sie zukam. Sie faßte Alderics Ärmel und flüsterte: »Wollt Ihr mich zum Tanz
auffordern, Dom Alderic?«
»Aber sicher«, antwortete er lächelnd und führte sie davon.
Garris starrte ihnen nach. Eine Weile später erwiderte Romilly
Alderics Lächeln und sagte: »Ihr seid durchaus kein Stampftänzer.“
»Nein?« Er lachte. »Ich habe lange nicht mehr getanzt, außer
mit den Mönchen.«
»Ihr tanzt im Kloster?«
»Zuweilen. Um uns aufzuwärmen. Und bei manchen Gottesdiensten findet ein sakraler Tanz statt. Einige der Studenten,
die keine Brüder werden wollen, gehen zum Fest auch ins Dorf
und tanzen dort, aber ich –« Romilly kam es vor, als zögere er
kurz, »– ich hatte wenig Muße dazu.«
»Spannt man Euch bei Euren Studien völlig ein? Domna Luciella meint, Darren sehe dünn und blaß aus – bekommt Ihr
genug zu essen und warme Kleidung?«
Alderic nickte. »Ich bin an ein hartes Leben gewöhnt«, sagte er
und verstummte, während Romilly die Bewegung und die
Musik genoß. Als der Tanz zu Ende war, bemerkte er: »Ihr
tragt meine Blumen – ich hoffe, sie haben Euch gefallen?«
»Sehr«, antwortete sie, und dann schwieg sie verschüchtert.
Hatte er die dorilys im Sinne des Angebots, das Mallina vermutete, in ihren Korb gesteckt, oder war es nur die Unkenntnis
eines Fremden von den hiesigen Bräuchen? Danach hätte sie
ihn gern gefragt, nur schämte sie sich zu sehr. Und wieder war
es, als habe er ihre Gedanken gelesen. Er sagte plötzlich:
»Darren erzählte es mir. Ich hatte nichts Unschickliches im
Sinn, glaubt mir, Mistress Romilly. In meiner Heimat – ich bin
Tiefländer – ist dorilys, die Sternblume, das Geschenk des
Lords Hastur an die Gesegnete Cassilda. Ich wollte Euch zu
Ehren des Tages ein höfliches Kompliment machen, mehr
nicht.«
Romilly lächelte zu ihm hoch. »Ich glaube nicht, daß Euch
irgend jemand unschickliche Andeutungen zutrauen würde,
Dom Alderic.«
»Ich bin Eures Bruders Freund; Ihr braucht mich nicht mit
Dom anzureden. Schließlich waren wir zusammen auf der
Beize.«
»Ebenso wenig braucht Ihr mich mit damisela anzureden«,
entgegnete Romilly. »Meine Brüder und meine Schwester
nennen mich Romy.«
»Gut; benehmen wir uns wie Verwandte, so wie ich zu Darren
stehe. Möchtest du ein Glas Wein, Romy?« Sie waren in die
Nähe des Tisches mit den Erfrischungen gekommen. Romilly
schüttelte den Kopf und erklärte ehrlich: »Ich darf in Gesellschaft keinen Wein trinken.«
»Dann Shallan?« Alderic goß ihr von dem süßen Fruchtgetränk
ein. Romilly trank durstig. Sie merkte, daß sich ihr Haar nach
dem wilden Tanz zu lösen drohte. Doch sie hatte keine Lust,
sich zu den kichernden Mädchen in die Ecke zurückzuziehen
und es neu aufzustecken.
»Du gehst gern auf die Beize?« erkundigte sie sich.
»Ja; die Frauen unserer Familie richten Kundschaftervögel ab.
Hast du je einen aufgelassen, Romy?«
Sie schüttelte den Kopf. Diese großen, wilden Vögel hatte sie
zwar schon gesehen, aber sie sagte: »Ich wußte nicht, daß es
möglich ist, sie zu zähmen! Sie können ja ein Rabbithorn
schlagen! Ich glaube nicht, daß mir die Jagd mit einem Kundschaftervogel Vergnügen bereiten würde.«
»Sie werden nicht des Vergnügens wegen verwendet«, erwiderte Alderic, »sondern für den Krieg oder die Feuerwache
ausgebildet. Das geschieht mit Laran. Ein Kundschaftervogel
kann im Flug Eindringlinge in ein friedliches Land ausspionieren, oder Räuber, oder einen Waldbrand. Aber die Arbeit mit
ihnen ist kein Zeitvertreib. Es stimmt, daß die Vögel wild und
nicht leicht zu behandeln sind. Trotzdem glaube ich, du brächtest es fertig, Romilly, wenn dein Laran geschult wäre.“
»Das ist es nicht und wird es wahrscheinlich nie sein, und den
Grund wird Darren dir genannt haben. Kundschaftervögel!“
Ein kleiner Schauder lief ihr, halb angenehm, bei dem Gedanken an den Umgang mit den großen, wilden Raubvögeln das Rückgrat hinunter. »Es kann nicht viel
Weitere Kostenlose Bücher