Herrin der Finsternis Roman
einer ganzen Woche.«
Tabitha leckte den Zucker von ihren Fingern. »Jetzt redest du wie Amanda.«
»Warum sollte sie so was sagen? Ihr seid Zwillinge. Und sie ist genauso schlank wie du.«
»O nein, sie wiegt gut fünfzehn Pfund mehr. Deshalb hasst sie mich. Keine Ahnung, warum ihr beide ständig jammert. Wenigstens habt ihr Titten. Ich bin mit der Figur eines zwölfjährigen Jungen gestraft.«
»Wenn du willst, tauschen wir«, schnaufte Bride.
Vane knurrte leise. Eine dünne Frau war das Letzte, was er sich wünschte. Mit Bride stimmte alles. Und wenn er seine Menschengestalt annehmen könnte, würde er ihr zeigen, wie sehr ihre üppigen Kurven ihn erregten. Bedauerlicherweise musste er warten, bis ihre Freundin verschwand.
»Stört dich irgendwas, alter Junge?«, fragte Tabitha, ging zu ihm, doch er trottete zu Bride. »Oh, soeben hat er seine Wahl getroffen. Ich glaube, du hast einen Freund fürs Leben gefunden. Warte nur, bis er von der These deines Dads hört – die Hunde, die man liebt, müssen kastriert werden.«
Unwillkürlich krümmte sich Vane. Das würden sie nicht wagen.
»Pst, Tabby, du erschreckst ihn.« Bride bückte sich und kratzte ihn unter dem Kinn. »Sicher wurde er nicht sterilisiert.«
Und das würde auch so bleiben.
»Vielleicht sollte ich ihn morgen zu Dad bringen und untersuchen lassen.«
»Willst du ihn behalten?«, fragte Tabitha.
Bride schaute ihm in die Augen. »Würde dir das gefallen, Mr Wolf? Möchtest du eine Zeit lang bei mir bleiben?«
Oh, sie hatte keine Ahnung. Wenn's nach ihm ginge, bis in alle Ewigkeit …
3
Während Bride duschte, stand Vane in menschlicher Gestalt vor dem Badezimmer. Soeben war Tabitha weggegangen, nachdem sie ein letztes Mal gedroht hatte, sie würde den Ex ihrer Freundin in die Mangel nehmen.
Wenn er diesen Bastard zwischen die Finger bekam, würde nicht viel übrig bleiben, worum Tabitha sich kümmern müsste. Nicht dass er so etwas empfinden dürfte. Würde Bride den Kerl immer noch lieben, hätte sie heute Abend nicht mit mir geschlafen. Und ich hätte nie erfahren, dass sie für mich bestimmt ist.
Doch das waren menschliche Überlegungen. Und die passten nicht in seine tierische Welt. »Ich bin kein Mensch«, flüsterte er gepeinigt. Zumindest kein richtiger … Was er war, wusste niemand genau, nicht einmal er selber.
Jedenfalls war er ein verfluchter Hybride, der keiner respektablen Gruppe angehörte. Halb Arkadier, halb Katagari, hatte Vane bis zu seiner Pubertät als Wolf gelebt und dann seine Fähigkeit entdeckt, Menschengestalt anzunehmen.
Als er sich an jenen Tag erinnerte, zuckte er zusammen. Dieses Grauen, die Angst, die Verwirrung. Sein Leben lang ein Wolf, war er plötzlich gegen seinen Willen für mehrere Monate in einem Menschenkörper gefangen gewesen, außerstande, sich wieder in ein Tier zu verwandeln. In seiner neuen Gestalt war er sich selber fremd gewesen. Er wusste nicht, wie ein Mann aß, wie er überlebte und mit seiner Umwelt zurechtkam. Anfangs fiel ihm sogar das Gehen schwer, und er fürchtete seine menschlichen Emotionen. Am allerschlimmsten war, dass er sich schwach fühlte. Hilflos.
Nichts war jemals so beschämend gewesen wie die Erkenntnis, dass er nicht mehr kämpfen konnte. Um am Leben zu bleiben, musste er sich auf seinen Bruder verlassen.
Jeden Abend hoffte er, am nächsten Morgen würde er als Tier erwachen. Und jeden Morgen sah er seine verhasste Menschengestalt. Hätten Fang und Anya ihn nicht beschützt, wäre er von seinem Rudel getötet worden. Glücklicherweise schirmten die Geschwister ihn gegen seine Widersacher ab und halfen ihm, die Tatsache zu verbergen, dass er kein richtiger Wolf war. Jahrhundertelang hatte er sich vor allen versteckt, sogar vor sich selber, das menschliche Herz verleugnet, das seit der Pubertät in ihm pochte.
Wie konnte eine solche Veränderung geschehen? Er war ein wandelnder Widerspruch, eine lebende Unmöglichkeit. Und jetzt auch noch mit einer Menschenfrau vereint.
Vane ballte seine markierte Hand. Den Schicksalsgöttinnen vermochte er die Wahrheit über seine Physis nicht zu verheimlichen. Was er war, wussten sie, und sie hatten ihn mit einer menschlichen Frau verbunden.
Warum? Das Dasein eines Hybriden war schon schwierig genug. Er wollte keine Kinder zeugen, die in noch größerem Maße Außenseiter wären als er selbst. Wären sie Menschen oder Were Hunter?
All die logischen Argumente, die ihm von einer ehe-ähnlichen Verbindung mit Bride abrieten,
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