Herrin der Lüge
Bart. Die anderen mochten einfache Soldaten sein, aber dieser dort war reicher und wahrscheinlich von edler Geburt.
»Ein Ritter«, flüsterte Faun.
»Oder ein erfolgreicher Räuberhauptmann«, wandte Zinder ein.
In der Hocke verlagerte Faun sein Gewicht, damit sein Bein nicht einschlief. Das Rascheln seiner Kleidung ließ Zinder die Stirn runzeln.
»Still«, raunte er und lauschte ins Dunkel.
Wenig später erkannte Faun, was der Söldner gehört hatte. Entfernter Hufschlag wurde lauter. Da näherten sich weitere Pferde. Bald darauf preschten sie auch schon aus der Nacht in den Schein des Feuers. Die vier Soldaten ließen ihre Waffen sinken, während der Edelmann weiter gelassen dasaß und ins Feuer blickte. Erst jetzt sah er auf und grüßte mit einem Wink einen der Neuankömmlinge, ein Mann in zerkratzter, eingedellter Rüstung, der anzusehen war, dass ihr letzter Einsatz noch nicht lange zurücklag. Staub hatte den Eisenglanz abgestumpft, das Feuer spiegelte sich als blasser Schimmer. Der Reiter hatte hagere Züge und trug einen Verband um die Stirn. Hinter ihm erkannte Faun mindestens fünf weitere Männer auf Rössern, einfache Soldaten wie jene am Feuer.
Zinder seufzte unterdrückt.
»Zwölf für dich«, flüsterte Faun, »einer für –«
Ein finsterer Blick des Söldners brachte ihn zum Schweigen.
Wo steckte nur Tiessa? Hoffentlich hatte sie die Männer früh genug bemerkt und verbarg sich irgendwo im Dunkeln.
»Zwei fehlen noch«, wisperte Zinder.
»Vielleicht sind das Packpferde«, schlug Faun halbherzig vor.
»Das sind Schlachtrösser. Und keine schlechten.«
Hinter ihnen ertönte ein metallisches Schleifen, dann ein schriller Pfiff. Dreizehn Köpfe ruckten in ihre Richtung herum.
Zinder schloss für einen Herzschlag die Augen und stöhnte. Dann wirbelten sie gleichzeitig herum. Hinter ihnen standen zwei schwer bewaffnete Krieger. Der eine hatte sein Schwert gezogen, der andere hielt eine Armbrust im Anschlag. Der Bolzen zeigte in Zinders Richtung.
»Hier!«, brüllte der mit dem Schwert über ihre Köpfe hinweg. »Wir haben zwei!«
»Ganz ruhig«, sagte der Armbrustschütze zu den beiden. »Bleibt unten. Nicht aufstehen.« In der Hocke gaben sie in der Tat keine besonders eindrucksvollen Gegner ab.
»Wir sind nicht von hier«, sagte Zinder.
Die beiden hoben überrascht die Augenbrauen, senkten aber ihre Waffen um keinen Fingerbreit.
»Sie reden wie wir«, brüllte der Schwertträger.
Der Ritter auf dem Pferd horchte auf. »Sie machen unflätige Witze und sprechen mit vollem Mund? Gott hilf uns. Am besten bringt ihr sie gleich um.«
Einige lachten schadenfroh, aber der Edelmann am Feuer blieb ernst. »Bringt sie her!«, rief er. »Ich will sie sehen.«
Faun und Zinder durften aufstehen, mussten aber ihre Waffen am Boden liegen lassen. Niemand fragte nach dem Dolch an Fauns Gürtel, deshalb ließ er ihn stecken; auch Zinders Kettenschwert durfte in der Scheide bleiben. Der Schütze wies sie an, die Hände am Hinterkopf zu verschränken und vorauszugehen. Der andere Mann kehrte nach zwei Schritten um, sammelte die beiden alten Schwerter ein und holte dann wieder auf.
Wenig später standen sie im Lichtschein des Lagerfeuers. Fauns Knie fühlten sich flau an, aber er gab sich Mühe, Zinders Beispiel zu folgen und keine Miene zu verziehen. Die Hände behielten sie hinter dem Kopf, denn nun zeigten auch noch Lanzen und ein paar Klingen in ihre Richtung.
»Hier«, sagte der Mann mit den Schwertern und warf sie neben das Feuer. »Die hatten sie bei sich.«
»Plünderer«, sagte der Ritter zu Pferd und winkte angewidert ab. »Verdammte Aasfresser.«
»Nein«, entgegnete Zinder. »Nur Reisende.«
»Wollt ihr leugnen, dass ihr diese beiden Schwerter in den Ruinen gefunden habt?«, fragte der zweite Edelmann gereizt. »Der Kaiser hat hier einen großen Sieg davongetragen, und das bedeutet, diese Schwerter gehören ihm.«
»Ihr dürft sie ihm gerne mitbringen«, spottete Zinder, während Faun abwechselnd heiß und kalt wurde. »Mit meinen besten Empfehlungen.«
Der Edelmann trat vor und versetzte Zinder eine Ohrfeige. Der Söldner zuckte, war aber nicht lebensmüde genug, sich zur Wehr zu setzen. »Hier geht es um dein Leben, Hundsfott!«
Faun fürchtete schon, Zinder könnte sich allen Ernstes auf einen Streit einlassen. Aber der Söldner schwieg.
Faun kam eine Idee. »Wir gehören zu Eurer Armee, Herr«, sagte er hastig. Diese Männer konnten schwerlich jeden einzelnen Fußsoldaten
Weitere Kostenlose Bücher