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Herrin der Lüge

Herrin der Lüge

Titel: Herrin der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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angelaufenen Eisenstangen, fingerlange Zimmermannsnägel und Metallzwingen lagen inmitten der Verwüstung.
    »Was ist das gewesen?«, fragte Tiessa.
    Zinder hielt sie zurück, bevor sie weitergehen konnten, und sah über die Schulter zurück zur Burg. Nachdenklich betrachtete er ihren schwarzen Umriss, als könnte er im Dunkeln tatsächlich Einzelheiten erkennen.
    »Zurück«, sagte er.
    »Aber du hast uns doch gerade erst –«, begann Faun, aber da stieß der Söldner ihn bereits wieder Richtung Lager. Auch Tiessa stolperte den Weg entlang, den sie gekommen waren.
    »Könntest du uns erklären, was das soll?« Zornig starrte Faun den Söldner an. In ihm war eine solche Wut auf die ganze Welt, dass ihm selbst Zinder im Augenblick als perfektes Opfer erschien, um ein wenig davon abzulassen.
    Der Söldner wirkte verstört. »Diese verdammten Hurensöhne!«
    »Was ist los?«, fragte Tiessa. Seine Unruhe färbte längst auch auf sie ab.
    »Als wir im Lager angekommen sind, ist euch da etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    Faun und Tiessa wechselten einen Blick. Beide schüttelten die Köpfe.
    »Habt ihr die Risse und Kerben in den Burgmauern gesehen? Und die Krater im Boden rundherum? Ganz abgesehen von den zerstörten Dächern im Inneren.«
    »Und?«
    »Katapulte«, sagte der Söldner, »und ein paar Einarmige Bilden, möchte ich wetten. Sie haben damit Felsbrocken oder Eisenkugeln auf die Festung geschleudert.«
    Faun nickte – und runzelte einen Herzschlag später die Stirn. »Da waren nirgends Katapulte. Nirgendwo im ganzen Lager. Wir hätten sie schon von weitem sehen müssen.«
    Tiessa sah von ihm zu Zinder, jetzt immer besorgter.
    »Sie haben sie alle verbrannt«, bestätigte der Söldner. »Alle ihre Wurfmaschinen. Das da drüben sind die Überreste.«
    »Warum sollten sie das tun?«, fragte Tiessa.
    Zinder senkte die Stimme und starrte finster zu den Lagerfeuern hinüber. »Sie haben irgendetwas damit in die Burg geschossen, das die Katapulte und Bliden danach unbrauchbar gemacht hat. Und mir fällt nur eines ein, was das sein könnte. Herrgott, deshalb haben sie Violante und die beiden anderen so bereitwillig gehen lassen! Nicht wegen irgendwelcher Abkommen, wie Dürffenthal sagt.«
    Faun kam eine böse Ahnung, aber er wollte es nicht wahrhaben. »Nun rede schon!«
    »Fleisch«, sagte Zinder tonlos. »Krankes Fleisch. Leichen von Tieren oder Menschen, die an irgendwelchen Seuchen gestorben sind. Aussätzige, vielleicht. Ich habe schon früher von so etwas gehört.«
    Tiessa stolperte einen halben Schritt zurück und starrte die beiden Männer an. »Greifen sie deshalb nicht mehr an?« Eine Spur von Panik ließ ihre Stimme höher klingen als sonst.
    Zinder nickte. »Die Seldschuken sind längst nicht mehr hier, um zu kämpfen.«
    Der schwarze Umriss der Festung sah von einem Herzschlag zum nächsten noch lebloser aus. Ein titanisches Grabmonument.
    »Sie warten«, sagte Zinder. Faun begann erbärmlich zu frieren. »Sie sitzen da und warten darauf, dass dort oben alles zu Ende geht.«
    Saga sah zu, wie die Gräfin langsam auf den Mann im Fackelschein zuging. Ihr Verstand musste Violante sagen, wer da vor ihr stand, aber in ihrem Gesicht zeigte sich noch immer kein Zeichen von Wiedererkennen. Nur eine grässliche Leere, die Saga nie zuvor an ihr gesehen hatte. Irgendetwas hatte Violante immer beschäftigt – Ehrgeiz, Verbissenheit, Wut, sogar Anflüge von Freundschaft –, aber dieses Nichts in ihren Augen war eine neue erschreckende Facette.
    »Komm nicht näher«, sagte Gahmuret von Lerch zu seiner Gemahlin, und wie eine Hörige hielt sie augenblicklich inne und blieb drei Schritt vor ihm stehen.
    »Bitte«, fügte er hinzu, und dieses eine Wort klang so unverhofft sanft, dass Saga augenblicklich an allem zweifelte, was man ihr über Gahmuret erzählt hatte. War dies der Mann, der Tausende hatte abschlachten lassen? Zu dessen Unterwerfung selbst Todfeinde ein Bündnis miteinander eingegangen waren?
    Saga rückte näher an Karmesin heran, als immer mehr gebuckelte Gestalten aus den halb zerstörten Bauten der Burg wankten und einen Kreis um die drei Frauen und ihren Anführer bildeten. Das Fackellicht reichte nicht aus, um den ganzen Hof zu erhellen, und so hätten es ebenso zwei Dutzend wie zweihundert sein können, die sich mit schlurfenden Schritten und rasselnden Atemzügen um sie versammelten.
    »Komm nicht in ihre Nähe«, raunte Karmesin ihr zu. »Solange du keinen von ihnen berührst, bist du

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