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Herrin der Lüge

Herrin der Lüge

Titel: Herrin der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sagte, dass dies alles ein Traum war. Aber dann meldete sich die schonungslose Gewissheit zurück, dass die Konkubine sie nur ausgenutzt hatte, um in Gahmurets Nähe zu gelangen. Es war ihr nie darum gegangen, Saga zu beschützen. Ihre ganze Freundschaft, das Vertrauen zwischen ihnen – nichts als eine eiskalt geplante Posse.
    Sie machte ein paar Schritte zurück, entfernte sich von den drei anderen Menschen im Saal, jeder auf seine Art ein Ungeheuer.
    Und du? Reihst du dich nicht selbst ganz wunderbar in diesen Kreis aus Betrügern und Lügnern ein? Warum bist du nicht wenigstens einmal ehrlich zu dir selbst?
    Unter ihren Füßen schwankte der Boden. Vieles ergab mit einem Mal einen Sinn – und anderes überhaupt keinen mehr. Die angebliche Fälschung des päpstlichen Dokuments, das Karmesin dem Großmeister vorgelegt hatte – eine Lüge. Der Freibrief war echt gewesen, genauso wie das Siegel darauf. »Deshalb also haben uns die Johanniter geholfen«, flüsterte sie und konnte sich nicht entscheiden, welche Eröffnung unerhörter, welche Wendung gemeiner war.
    Karmesin nickte, ohne den Blick von Violante und Gahmuret zu nehmen. »Ich hätte nicht gedacht, dass dich das wirklich überrascht.« Das Erstaunen in ihrer Stimme klang aufrichtig, und es war mit Bedauern durchmischt.
    »An dem Abend, in deiner Kammer auf Margat«, sagte Saga und hatte das Gefühl, kaum noch Luft zu bekommen, »da hast du gesagt, du kämst gerade von Jorinde … Das war gelogen, oder?«
    »Es gab noch ein zweites Schreiben des Papstes, eines, das ich dem Großmeister nur unter vier Augen übergeben konnte. Das war der Befehl, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um mich hierher zu bringen.« Karmesin musterte Gahmuret über die Distanz hinweg. »Ich bedauere aufrichtig, was Euch widerfahren ist, Graf Gahmuret. Es hätte schneller gehen können.«
    »Du hast mich ausgenutzt«, presste Saga hervor. »Du hast mir vorgegaukelt, dass du hier bist, um mich zu beschützen …«
    Karmesin bewegte sich nicht, aber die Anspannung war ihr anzusehen. »Ich habe nicht immer die Wahrheit gesagt. Aber willst ausgerechnet du mir das zum Vorwurf machen?«
    Violante blickte von Karmesin zu Gahmuret, dann wieder lauernd zurück zu der Konkubine. Die Attentäterin des Papstes, seine liebreizende Meuchelmörderin, bewegte sich noch immer nicht, doch ihr Körper war gespannt wie eine Bogensehne. Sie alle wussten, wie schnell Karmesin sein konnte. »Ich bin nicht diesen ganzen Weg gegangen«, sagte Violante mit mühsam unterdrücktem Zorn, »damit du ihn umbringst, bevor er mir die Wahrheit gesagt hat.«
    Die Wahrheit. Dass es ausgerechnet darum gehen sollte. Saga biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte sich gründlich getäuscht, als sie geglaubt hatte, sie sei die einzige geschickte Lügnerin in diesem Saal.
    Sie war so naiv gewesen.
    »Welche Wahrheit, Violante?«, fragte Karmesin.
    Der Blick der Gräfin zuckte zwischen ihrem Gemahl und der Mörderin umher. »Mein ältester Sohn«, brachte sie mit bebendem Kinn hervor. »Mein zweiter Sohn … Malachias. Ich habe ihn zuletzt in Konstantinopel gesehen. Vor sechs Jahren. Gahmuret hat ihn mir weggenommen.«
    »Ich habe ihn vor dir gerettet«, sagte der Graf, gefolgt von einem röchelnden Husten. »Dein Einfluss –«
    »Er war mein Kind, nicht deins!«
    »Er musste mit ansehen, wie seine Mutter seinen Vater verraten hat! Er hat mit angehört, wie wir an jenem Morgen in Konstantinopel miteinander gestritten haben – und er hat dich gesehen, in der Nacht am Charisius-Tor, auf der Seite unserer Feinde. Er weiß, dass du diejenige warst, die mir Oldrich und den Bethanier auf den Hals gehetzt hat. Was genau hast du Oldrich damals erzählt? Dass ich eure Verschwörung bekannt machen könnte? Dass es besser wäre, deinen eigenen Mann zum Schweigen zu bringen, bevor er jedermann erzählen konnte, was ihr fünf damals ausgeheckt habt?«
    Sagas Verstand raste. Angestrengt versuchte sie, die Bausteine, die man ihr vorwarf, zu einem Ganzen zusammenzufügen. »Das fünfte Siegel«, entfuhr es ihr erstaunt. »Die Unterschrift des Hauses Lerch auf Tiessas Dokument. Das wart Ihr, Violante? Nicht Euer Gemahl, sondern Ihr habt mit den Verschwörern an einem Tisch gesessen. Ihr wart die Gastgeberin des geheimen Treffens.«
    Karmesin wirkte nicht im Geringsten erstaunt. Saga begriff, dass die Konkubine dies von Anfang an gewusst hatte. Nicht Gahmuret war einer der Planer des Kreuzzugs gegen Konstantinopel gewesen, sondern

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