Herrin der Lüge
Spektakel, ohne einen letzten großen Auftritt. Starb einfach ab wie ein abgebundener Armstumpf, zersetzt von Lügen, die den seinen überlegen waren, abgefault in Windeseile, abgestoßen von dem, was ihn genährt und am Leben erhalten hatte.
Sie hatte das Portal fast erreicht, als die Konkubine über die Schulter zu ihr herüberblickte.
»Ich bringe dich von hier fort«, sagte Karmesin. »Ich beschütze dich.«
Gahmuret hustete Blut.
Saga schaute sich nicht zu ihr um. »Ich brauche dich nicht«, entgegnete sie leise.
»Willst du leben?«, fragte Karmesin.
Unter Toten
»Ihr habt es gewusst!« Faun wartete nicht auf Dürffenthals Antwort, rannte quer durch das Zelt und warf sich auf den Johanniter. Es war ihm gleichgültig, dass der Ritter viel größer und kräftiger war als er und noch dazu von mehreren seiner Männer umgeben war.
»Ihr wusstet, was die Seldschuken getan haben, und Ihr habt die drei trotzdem gehen lassen!«
Seine Faust traf den Johanniter ins Gesicht, noch bevor der seine Überraschung überwinden und weitere Schläge abblocken konnte. Dann wendete sich das Blatt innerhalb eines Herzschlags. Ehe Faun sich wehren konnte, fühlte er sich herumgeworfen, vornübergestoßen und landete auf dem Boden. Als er sich hochstemmen wollte, wurde ihm eine Stiefelsohle in den Rücken gerammt, kraftvoll genug, um ihm die Luft zu rauben und ihn zurück in den Staub zu pressen.
»Was, zum Teufel, soll das?«, stieß Dürffenthal aus. »Himmel, was ist in dich gefahren?«
»Ihr habt Saga und Karmesin in den Tod gehen lassen! Ihr habt gewusst, dass sie sterben würden, wenn sie die Festung betreten! Ihr habt –«
»Was?« Der Ritter sah verwirrt von Faun zum Eingang des großen Zeltes, in dem jetzt auch Zinder und Tiessa erschienen waren. »Was redet er da?«
Tiessa stürmte an Zinder vorüber und wollte Faun zu Hilfe kommen. »Lasst ihn los!« Der Söldner bekam sie am Arm zu fassen und hielt sie zurück, bevor auch sie sich auf den Ritter werfen konnte. »Ihr sollt ihn loslassen!« Sie zerrte an Zinders Fingern. »Mich auch!«, schrie sie hilflos.
Mehrere Johanniter, die sich im Zelt zu einer nächtlichen Beratung versammelt hatten, zogen ihre Schwerter. Sofort gab ihr Anführer ihnen Zeichen. »Weg mit den Waffen! Das muss alles ein Missverständnis sein!«
»Missverständnis!«, japste Faun, während ihn der Stiefel des Johanniters noch immer auf den Boden drückte. »Wollt Ihr behaupten, Eure Seldschukenfreunde hätten Euch nicht erzählt, was sie getan haben?«
Dürffenthals Blick wanderte verwundert über die Gesichter der anderen, ehe er auf Zinder verharrte, der seine liebe Mühe mit der zappelnden Tiessa hatte. »Bei allen Heiligen, hätte jemand die Güte, mir auf der Stelle zu sagen, was hier los ist?«
Der scharfe Ton, in dem er die letzten Worte brüllte, ließ Tiessas Widerstand für einen Moment erlahmen. Faun versuchte weiter, sich aufzurichten, aber gegen Dürffenthal hatte er keine Chance.
Zinder atmete tief durch, ließ Tiessa nach kurzem Zögern los und berichtete den Johannitern, was sie auf der anderen Seite des Lagers entdeckt hatten. Fauns Verzweiflung wuchs, als keiner der Ritter Zinders Vermutung widersprach.
»Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas versucht worden wäre«, bemerkte ein älterer Johanniter. Abscheu lag in seiner Stimme.
»Wohl wahr«, bestätigte ein anderer. »Ich habe davon gehört, dass es im Süden Vorkommnisse dieser Art gegeben hat.«
»Vorkommnisse]«, keuchte Faun. »So nennt Ihr das? Meine Schwester ist dort hinaufgegangen!«
»Versprichst du mir, dass du dich beruhigst?«, fragte Dürffenthal.
Faun knurrte etwas. Der Stiefel verschwand aus seinem Rücken. Er rappelte sich hoch und warf dem Ritter einen wutentbrannten Blick zu. Tiessa war sofort bei ihm und nahm seine Hand.
»Wenn Ihr Nizamalmulk danach fragt, wird er Euch dann die Wahrheit sagen?«, wollte Zinder von Dürffenthal wissen.
»Das werde ich herausfinden.« Der Johanniter wollte schon aus dem Zelt stürmen, ehe er sich eines Besseren besann. Hastig gab er seinen Männern eine Reihe von Befehlen. Dann erst brach er auf, begleitet von drei weiteren Rittern. Faun wollte ihnen folgen, aber Zinder hielt ihn zurück.
»Nicht, Faun! Bleib hier. Du würdest alles nur noch schlimmer machen.«
Bange Minuten vergingen, während alle im Zelt durcheinander redeten. Mehrere Johanniter bezogen vor dem Eingang Stellung, um die umliegenden Lagerplätze der Seldschuken im Auge zu
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