Herrin Der Stürme - 2
Prozession mit TrauerBannern und –Fahnen. König Regis wurde zur Begräbnisstätte an den Ufern von Hali getragen, um dort, wie es der Brauch verlangte, bei den früheren Königen und Herrschern der Reiche in einem schmucklosen Grab zu liegen. In der Prozession blitzte Gesicht nach Gesicht vor Allarts Augen auf, aber nur zwei hinterließen einen Endruck in ihm; das schmale, blasse, geschlechtslose von Prinz Felix, trauernd und furchtsam. Es würde nicht lange dauern, das wußte Allart, als er auf die gierigen Gesichter der Adeligen seines Gefolges blickte, bis man ihn entkleiden würde. Man würde ihn zwingen, seine Krone demjenigen zu geben, der Blut, Gene und das kostbare Laran weitergeben konnte. Das andere Gesicht gehörte Damon-Rafael von Elhalyn, dem nächstfolgenden Erben der Krone von Thendara. Als koste er bereits seinen Sieg aus, ritt Damon-Rafael mit einem grimmigen Lächeln dahin. Das Bild verschwamm vor Allarts Augen – und wurde zu dem, was daraus in Zukunft erwuchs. Er sah Damon-Rafaels Krönung in Thendara, Cassandra, gekleidet und geschmückt wie eine Königin, an seiner Seite. Und die mächtigen Fürsten von Valeron, durch Blutsverwandtschaft in ein enges Bündnis geschmiedet, standen hinter dem neuen König …
Krieg, Niedergang, Verfall, Chaos … Plötzlich wußte Allart, daß er am Kreuzweg einer Linie von Ereignissen stand, die die gesamte Zukunft Darkovers für immer verändern konnten.
Ich wünsche meinem Bruder nichts Böses. Aber ich kann nicht zulassen, daß er unsere Welt in den Ruin führt. Es gibt keine Reise, die nicht mit einem einzelnen Schritt beginnt. Ich kann nicht verhindern, daß Damon-Rafael König wird. Aber er kann das Aillard-Bündnis nicht dadurch zementieren, daß er meine Frau zu seiner Königin macht. Allart legte die Matrix beiseite, schickte nach seinen Dienern und ließ sich Speisen bringen. Er aß und trank ohne zu schmecken, um sich für das zu stärken, das – wie er wußte – kommen mußte. Danach suchte er Lord Aldaran auf. Er fand ihn bei guter Laune.
»Ich habe eine Botschaft an meinen Bruder Scathfell geschickt und ihn zur Vermählung meiner Tochter und meines geliebten Pflegesohnes eingeladen«, sagte er. »Es ist ein Geniestreich. Es gibt keinen anderen Mann, in dessen Hände ich meine Tochter so gerne geben würde, damit sie ein Leben lang sicher und geschützt ist. Ich werde ihr heute sagen, was wir vorhaben, und ich glaube, auch sie wird dankbar sein, daß sie nicht in die Hände eines Fremden kommt… Du bist für diese großartige Lösung verantwortlich, mein Freund. Ich wünschte, ich könnte dir das mit einem ähnlichen Freundschaftsdienst zurückzahlen. Wie gern wäre ich eine Fliege an der Wand, wenn Scathfell den Brief liest, den ich ihm geschickt habe!«
Allart sagte: »Ich bin tatsächlich gekommen, Dom Mikhail, um Euch um einen großen Gefallen zu bitten.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, dir alles zu gewähren, was du erbittest, Cousin.«
»Ich will nach meiner Frau schicken, die im Hali-Turm wohnt. Würdet Ihr sie als Gast aufnehmen?«
»Mit Freuden«, erwiderte Dom Mikhail. »Ich werde meine eigene Garde als Eskorte schicken, wenn du willst, aber in dieser Jahreszeit ist die Reise riskant – ein Zehntageritt durch die Tiefländer, und die Winterstürme setzen allmählich ein. Vielleicht könntest du die Zeit einsparen, die meine Männer brauchen, um zum See von Hali zu reisen und sie abzuholen, wenn du vom Tramontana-Turm aus eine Botschaft durch die Verstärker sendest, daß sie sofort aufbrechen soll. Ich könnte Männer schicken, die ihr entgegenreiten und sie eskortieren. Ich nehme an, von Elhalyn aus könnte sie ihre eigene Eskorte mitnehmen.« Allart sagte mit besorgtem Blick: »Ich will sie meinem Bruder nicht anvertrauen. Und ich will vermeiden, daß ihre Abreise bekannt wird.« Dom Mikhail blickte ihn scharf an. »Steht es so? Dann schlage ich vor, daß du sofort mit Donal nach Tramontana aufbrichst und sie zu überreden versuchst, daß man sie sofort durch die Turm-Verstärker herbringt. Das wird heutzutage nicht mehr oft gemacht – der Energieverbrauch übersteigt jedes vernünftige Maß –, es sei denn, es ist wirklich sehr dringend. Und wenn es so wichtig ist…«
Allart unterbrach ihn: »Ich habe nicht gewußt, daß es überhaupt noch möglich ist.«
»Oh ja, die Ausrüstung befindet sich noch immer im Turm. Vielleicht könnte man die Besatzung mit deiner Hilfe überreden. Ich würde allerdings vorschlagen, daß ihr
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