Herrin Der Stürme - 2
Eskorte sobald wie möglich treffen.
Wenige Minuten später war der ganze Himmel mit Wolken bedeckt. Allart spürte, wie eine Schneeflocke sein Gesicht streifte. Sie schwebten langsam herab, fielen in langgezogenen Spiralen. Cassandra fing sie mit den Händen ein und bewunderte ihre Größe wie ein Kind. Allart, der in Nevarsin gelebt hatte, wußte einiges über die Stürme in den Hellers. So kommt Damon-Rafael vielleicht doch noch zu seinem Willen. Indem er uns im Winter aus der Sicherheit des Tramontana-Turms vertreibt, wenn es sehr wahrscheinlich zu Stürmen kommt, kann er sich möglicherweise ohne Mühe eines gefährlichen Rivalen entledigen … Wenn ich in diesem Sturm sterbe, gibt es niemanden, der seinem Willen zur Macht entgegensteht. Erneut begann das Laran ihn zu überwältigen, bescherte ihm quälende Bilder von Zerfall und Entsetzen, von tobenden Kriegen, zerstörtem und brennendem Land, von einem Zeitalter des Chaos über ganz Darkover, von Dalereuth bis zu den Hellers. »Allart!« sagte Cassandra, als sie einige Bilder von Zerfall und Chaos aus seinem Geist aufgriff. »Was stimmt nicht?«
Und ich muß Cassandra schützen. Nicht nur vor meinem Bruder, sondern auch vor den wütenden Elementen.
»Wird es zu einem Blizzard kommen?« fragte sie plötzlich ängstlich. Allart blickte auf den dichter werdenden Schneefall.
»Ich bin nicht sicher«, antwortete er und sah zu, wie Donal einen angefeuchteten Finger in den Wind hob und ihn langsam drehte, um herauszufinden, woher er kam. »Aber es besteht schon einige Gefahr, wenn auch nicht unmittelbar. Wir können die Eskorte auf dem Weg treffen, ehe es schlimmer wird. Sie hat Lebensmittel, Kleidung und Schutzausrüstungen, und dann brauchen wir nichts mehr zu fürchten.« Während er sprach, begegnete er Donals Blick und wußte, daß es schlimmer war, als er angenommen hatte. Der Sturm kam aus der Richtung von Aldaran. Deshalb hatte er die Eskorte wahrscheinlich schon zum Anhalten gezwungen. Vermutlich hatten sie ein Lager aufgeschlagen, weil sie nicht mehr in der Lage waren, die Straße zu sehen. Die Tiere konnten sich in dem schweren Schnee keinen Weg mehr bahnen. Die Eskorte traf keine Schuld; sie mußte glauben, daß Allart, Donal und Cassandra sicher unter den Freunden im Turm weilten.
Wie konnte man erwarten, daß sie mit Damon-Rafaels Bosheit rechnete?
Cassandra wirkte entsetzt. Kein Wunder, wenn sie meine Gedanken liest, dachte Allart und machte sich daran, ihre Ängste zu zerstreuen. Er hatte zuviel Achtung vor ihr, um beruhigende Lügen zu offerieren, aber andererseits war ihre Lage nicht so schlimm, wie Cassandra fürchtete. »Eins der ersten Dinge, die ich in Nevarsin lernte, war, einen Schutz an unwirtlichen Orten zu finden und plötzliche Stürme ohne Schaden zu überstehen. Donal«, fuhr er fort, »ist bei der Eskorte jemand mit etwas Laran, damit du und ich ihn erreichen und die Gruppe von unserer mißlichen Lage unterrichten könnten?«
Donal blieb stehen, um darüber nachzudenken. Schließlich sagte er bedauernd: »Ich fürchte nein, Cousin. Aber ein Versuch kann nicht schaden. Einige Männer können Gedanken empfangen, obwohl sie keine senden können und es nicht für Laran halten.«
»Dann versuche, sie zu erreichen«, wies Allart ihn an. »Sie haben keinen Grund, uns nicht sicher in Tramontana zu vermuten und sollten wissen, daß dem nicht so ist. Inzwischen …« Er ließ seine Blicke auf der Suche nach einer Schutzmöglichkeit schweifen, versuchte die Straße entlang nach vorn zu denken, um zu sehen, ob es irgendein altes Gebäude gab, ein Kotten, eine verlassene Scheune, vielleicht sogar ein bewohnter Platz, wo sie Schutz finden konnten.
Aber soweit er mit seiner Hellsicht blicken konnte, gab es nichts dergleichen. Der Landstrich, den sie durchwanderten, hätte für alle Zeit von menschlichen Füßen unberührt sein können, denn hier vergingen alle Spuren der Menschheit. Seit der kleinen Steinmauer, an der sie ihr Mittagsmahl zu sich genommen hatten, war kein Anzeichen einer Wohnstätte aufgetaucht.
Es war Jahre her, daß Allart sein Überlebenstraining für die Berge hatte einsetzen müssen. Das letzte Mal in seinem dritten Jahr in Nevarsin, als er – mit bloßen Händen und nur mit der Mönchskutte bekleidet – in die schlimmste Jahreszeit hinausgeschickt worden war, um den Beweis zu erbringen, daß er für die nächste Stufe des Trainings geeignet sei. Der alte Mönch, der ihn unterrichtet hatte, hatte gesagt: »Nach einer
Weitere Kostenlose Bücher