Herrin Der Stürme - 2
schien, als würden Blitze über der Burg hinwegzucken – obwohl der Himmel wieder ganz klar war. Die Luft schien mit Feuer geladen zu sein.
War es das, was ihnen in diesem Krieg bevorstand? Cassandra eilte auf ihn zu, hielt ihn fest, und er spürte ihre Angst wie seine eigene. Dann fiel ihm ein, daß sie den Schmerz der Haftfeuer-Verbrennungen bereits kennengelernt hatte.
»Weine nicht, meine Liebe, Dorilys hat mich gerettet«, sagte Allart. »Sie hat Damon-Rafaels schändliche Waffe zerstört, bevor sie mich erreichen konnte. Ich nehme an, daß er mich nun für tot hält. Es ist also nicht wahrscheinlich, daß er ein weiteres dieser Dinger gegen mich losschickt.«
Doch während er sie tröstete, war er selbst noch immer geängstigt. Dieser Krieg würde kein gewöhnlicher Bergkrieg werden, sondern etwas ganz Neues und Entsetzliches.
26
Hätte es in Allarts Gedanken noch Raum für Zweifel über den kommenden Krieg gegeben – jetzt gab es ihn nicht mehr. Auf allen Straßen, die zum Gipfel von Aldaran führten, sammelten sich Truppen. Donal regelte die Verteidigung. Rund um die tiefergelegenen Hänge hatte er bewaffnete Männer stationiert. Zum ersten Mal, seit Donal sich erinnern konnte, war Burg Aldaran wieder die gewappnete Festung, als die man sie erbaut hatte.
Ein Parlamentär war unter der Waffenstillstandsflagge in die Burg gekommen. Allart stand in Aldarans Empfangsraum und schaute den Lord, der ruhig, leidenschaftslos und drohend auf seinem hohen Sessel saß, an. Dorilys saß neben ihm, während Donal an ihrer Seite stand. Selbst Allart wußte, daß Dorilys’ Anwesenheit nur eine Rückenstärkung Donals bedeutete.
»Mein Fürst«, sagte der Parlamentär und verbeugte sich, »hört nun die Worte von Rakhal Scathfell, der bestimmte Zusicherungen und Zugeständnisse Mikhail Aldarans fordert.«
Aldaran sagte überraschend sanft: »Ich bin es nicht gewohnt, Forderungen entgegenzunehmen. Mein Bruder Scathfell mag zu Recht all das beanspruchen, was seine Vasallen ihm als ihrem Lehnsherren traditionell schulden. Sag ihm daher, daß ich bestürzt darüber bin, daß er von mir etwas fordert, das er nur zu angemessenen Bedingungen zu beanspruchen hat.«
»So wird es gesagt werden«, sagte der Parlamentär. Allart wußte, daß er lediglich eine Stimme darstellte und ausgebildeter Sprecher war. Der Mann mußte in der Lage sein, bis zu zwei oder drei Stunden Rede und Gegenrede ohne die geringste Abweichung in Ausdruck und Betonung aufzuzeichnen. Allart war sicher, daß die Botschaft exakt in Aldarans Tonfall an Scathfell weitergereicht werden würde.
»Mit dieser Zusage, Fürst Aldaran, hört die Worte Rakhal Scathfells an seinen Bruder.« Haltung und Stimme des Parlamentärs änderten sich leicht, und obwohl er ein kleiner Mann mit heller Stimme war, wirkte die Illusion gespenstisch, als stünde Scathfell selbst vor ihnen. Als der Parlamentär sprach, benutzte er die gutmütig-poltrige Stimme seines Herrn.
»Da du, Bruder, in letzter Zeit gewisse ungesetzliche und ärgerniserregende Vorkehrungen getroffen hast, die das Erbe von Aldaran betreffen, erkläre ich, Rakhal von Scathfell, Wächter und gesetzlicher Erbe des Reiches von Aldaran, verpflichtet, das Reich zu verteidigen und zu schützen, wenn Krankheit, Gebrechlichkeit oder hohes Alter dich daran hindern, dich für senil, gebrechlich und unfähig, weitere Entscheidungen zu fällen, die das Reich betreffen. Daher bin ich, Rakhal von Scathfell, bereit, die Aufsicht über das Reich in deinem Namen zu übernehmen. Daher fordere ich« – Lord Aldarans Fäuste ballten sich bei der Wiederholung des Worts fordern – »daß du mir sofort den Besitz von Burg Aldaran und die Person deiner Nedestro-Tochter Dorilys von Rockraven übergibst, damit ich sie zum Besten des Reiches in eine angemessene Ehe geben kann. Was den Verräter Donal von Rockraven, genannt Delleray, angeht, der deinen kranken Geist gesetzwidrig dazu beeinflußt hat, diesem Reich Böses und Anstößiges widerfahren zu lassen, bin ich, Wächter von Aldaran, bereit, ihm Amnestie anzubieten. Vorausgesetzt, er verläßt Burg Aldaran vor Sonnenaufgang und geht, wohin er wünscht, um nie mehr zurückzukehren. Wenn er seinen Fuß erneut in die Grenzen des Reiches Aldaran setzt, ist sein Leben verwirkt, und er soll wie ein Tier von jedermann getötet werden können.« Donal erstarrte, aber er blickte hart und entschlossen. Er will Aldaran, dachte Allart. Vielleicht ist er anfangs noch bereit gewesen, zugunsten von
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