Herrin Der Stürme - 2
Anflug von bestimmter Herzlichkeit. »Donal, und nur Donal, wird Wächter seiner Schwester sein.«
»Das ist eine Beleidigung für deine Verwandten, Onkel«, protestierte Darren, aber Lord Scathfell brachte seinen Sohn zum Schweigen. »Wenn es sein muß, muß es sein«, sagte er. »Wir sollten dankbar sein, daß das Mädchen, das dabei ist, ein Mitglied unserer Familie zu werden, einen so vertrauenswürdigen Verwandten zu ihrem Schutz hat. Ihre Interessen sind natürlich die unseren. Es soll sein, wie du wünschst, Mikhail.« Aber der Blick, den er Donal zuwarf, war verschleiert und nachdenklich und erregte die Wachsamkeit des jungen Mannes. Ich muß auf mich achtgeben, dachte er. Wahrscheinlich besteht keine Gefahr, bis Dorilys erwachsen und die Heirat vollzogen ist, denn wenn Aldaran noch lebt, könnte er einen anderen Wächter benennen. Sollte er aber sterben, und Dorilys, einmal vermählt, nach Scathfell gebracht werden, wären meine Chancen, lange zu leben, nicht sehr groß. Er verspürte den plötzlichen Wunsch, Aldaran daran zu hindern, mit seinen Verwandten zu verhandeln. Hätte er dies mit Fremden getan, wäre eine Leronis hinzugezogen worden, deren Wahrzauber Lügen oder Doppelzüngigkeit unmöglich gemacht hätte. Aber Aldaran konnte – auch wenn er seinen Verwandten nicht allzusehr traute – sie nicht dadurch beleidigen, daß er darauf bestand, eine Zauberin einzusetzen, um den Handel zu besiegeln.
Schließlich bekräftigten sie ihn mit einem Händedruck und unterzeichneten den vorbereiteten Vertrag – auch Donal wurde zum Unterzeichnen aufgefordert –, und damit war die Angelegenheit erledigt. Man tauschte brüderliche Umarmungen aus und ging in den Saal hinunter, wo die anderen Gäste sich versammelt hatten, um das Ereignis dieses Tages mit Bankett, Tanz und Lustbarkeiten zu feiern.
Aber Donal, der Darrens Augen auf sich gerichtet sah, dachte erneut: Ich muß auf der Hut sein. Dieser Mann ist mein Feind.
9
Als sie in die große Halle kamen, empfing Dorilys, zusammen mit ihrer Pflegemutter, der Leronis Margali, dort ihre Gäste. Zum ersten Mal war sie nicht wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine Frau gekleidet und trug ein langes blaues Kleid, das an Halsöffnung und Ärmeln mit goldenen Stickereien verziert war. Ihr leuchtendes, kupferfarbenes Haar war zu einem Zopf geflochten und wurde von einer Schmetterlings-Spange gehalten.
Sie sah weit älter aus, als sie tatsächlich war und hätte durchaus fünfzehn oder sechzehn sein können. Donal war von ihrer Schönheit wie vor den Kopf geschlagen, aber er war nicht nur erfreut, diese plötzliche Veränderung zu sehen.
Seine Vorahnung bestätigte sich, als Darren, der Dorilys vorgestellt wurde, sie blinzelnd ansah. Er war offensichtlich hingerissen, neigte sich über ihre Hand und sagte galant: »Cousine, es ist mir eine Freude. Dein Vater hat mich glauben gemacht, daß ich mit einem kleinen Mädchen verlobt werde, und plötzlich sehe ich eine liebenswerte Frau, die mich erwartet. Es ist genauso, wie ich dachte: Kein Vater glaubt, daß seine Tochter jemals reif zur Heirat ist.«
Donal verspürte plötzlich eine böse Ahnung. Warum hatte Margali das getan? Aldaran hatte mit Absicht in den Heiratsvertrag geschrieben, daß es keine Vermählung geben sollte, bevor Dorilys nicht fünfzehn war. Er hatte deutlich betont, daß sie nur ein kleines Mädchen sei, und jetzt hatte man diese Behauptung Lügen gestraft, indem man Dorilys vor allen versammelten Gästen wie eine erwachsene Frau präsentierte. Als Darren – immer noch Schmeicheleien flüsternd – Dorilys zum ersten Tanz führte, blickte Donal ihnen besorgt hinterher. Er fragte Margali, aber sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe das nicht gewollt, Donal, es war Dorilys’ Wille. Ich wollte ihr nicht widersprechen, da sie sich so sehr darauf versteift hatte. Du weißt so gut wie ich, daß es nicht klug ist, Dorilys zu reizen, wenn sie etwas haben will. Das Kleid gehörte ihrer Mutter, und wenn es mir auch leid tut, mein kleines Mädchen so erwachsen zu sehen, so ist sie nun einmal in es hineingewachsen …«
»Aber das ist sie nicht«, unterbrach Donal. »Mein Pflegevater hat beträchtliche Zeit damit verbracht, Lord Scathfell zu überzeugen, daß Dorilys noch ein Kind ist und viel zu jung, um verheiratet zu werden. Margali, sie ist wirklich nur ein kleines Kind, du weißt es so gut wie ich!«
»Ja, ich weiß es, und ein ausgesprochen kindliches dazu«, sagte Margali, »aber ich konnte am Abend eines
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