Herrin Der Stürme - 2
Elhalyn, und doch schlief er in Nevarsin drei Winter nackt auf Stein und hat in der Gegenwart eines ihm übergeordneten Mönchs nie ein Wort gesagt.« »Das ist schrecklich!.« Dorilys verzog das Gesicht.
»Oh nein. Wir unterwerfen uns diesen Übungen freiwillig, weil wir wissen, daß sie nötig sind, Körper und Geist dahingehend zu erziehen, uns zu gehorchen, damit das Laran uns nicht zerstört.«
»Wenn ich dir gehorche«, fragte Dorilys verschmitzt, »wirst du mir dann eine Matrix geben und mich lehren, sie zu benutzen, damit ich mit Donal fliegen kann?«
»Das werde ich, sobald ich glaube, daß man sie dir anvertrauen kann, Chiya«, antwortete Renata.
»Aber ich will sie jetzt«, beharrte Dorilys.
Renata schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Und jetzt geh auf dein Zimmer zurück, Dorilys. Ich werde zu dir kommen, wenn ich mit deinem Vater fertig bin.«
Sie sprach bestimmt, und Dorilys schien ihr zu gehorchen. Aber dann, nach wenigen Schritten, wirbelte sie herum und stampfte zornig mit dem Fuß auf.
»Du wirst die Befehlsstimme nicht noch einmal gegen mich benutzen!«
»Ich werde tun, was ich für angemessen halte«, sagte Renata unbewegt. »Dein Vater hat dich mir anvertraut. Muß ich ihm erzählen, daß du ungehorsam bist, und ihn bitten, dir zu befehlen, daß du mir in allen Fragen gehorchst?«
Dorilys fuhr zurück. »Nein, bitte – erzähl Vater nicht davon, Renata!«
»Dann gehorche mir sofort«, wiederholte Renata und benutzte noch einmal die Befehlsstimme. »Geh zurück und sag Margali, daß du ungehorsam gewesen bist, und bitte sie, dich zu bestrafen.«
Dorilys’ Augen füllten sich mit Tränen. Sie verließ zögernd den Hof, und Renata atmete erleichtert auf.
Wie hätte ich sie zu gehorchen gezwungen, wenn sie sich geweigert hätte? Der Tag wird kommen, an dem sie sich weigert – und ich muß darauf vorbereitet sein!
Mit aufgerissenen Augen starrte eine Dienerin, die den kleinen Wortwechsel beobachtet hatte, sie an. Unwillkürlich nahm Renata die Gedanken der Frau auf: Ich habe meine kleine Lady nie so gehorchen sehen … ohne ein Wort des Widerspruchs.
Also ist es das erste Mal, daß sie gegen ihren Willen gehorcht hat, dachte Renata. Margali – das wußte sie – würde Dorilys nur milde bestrafen und ihr auftragen, lange und uninteressante Säume an Röcken und Unterröcken zu nähen, während sie die Stickrahmen nicht anrühren durfte. Es wird unserer kleinen Lady nicht schaden, zu lernen, daß es Pflichten zu erledigen gibt, zu denen man weder Lust noch Begabung hat.
Aber die Auseinandersetzung hatte Renatas Willen für das gestärkt, was bei diesem schwierigen Treffen mit Lord Aldaran bevorstand. Sie war dankbar, daß er zugestimmt hatte, sie in dem kleinen Studio zu empfangen, wo er seine Briefe schrieb und den Coridom über die Geschäfte seiner Ländereien prüfte, statt in dem formellen Empfangszimmer. Er diktierte gerade seinem Privatsekretär, hörte aber auf, als sie eintrat, und schickt den Mann hinaus. »Nun, Damisela, wie kommt Ihr mit meiner Tochter zurecht? Ist sie folgsam und gehorsam? Sie ist dickköpfig, aber sehr süß und liebevoll.«
Renata lächelte schwach. »In diesem Augenblick ist sie nicht sehr liebevoll, fürchte ich«, sagte sie. »Ich mußte sie bestrafen und zu Margali schicken, damit sie eine Weile über ihren Nähsachen sitzt und zu denken lernt, bevor sie redet.«
Lord Aldaran seufzte. »Ich vermute, kein Kind kann ohne ein gewisses Maß an Strafe aufgezogen werden«, sagte er. »Ich habe Donals Hauslehrern die Erlaubnis gegeben, ihn zu schlagen, wenn es sein mußte, aber ich war weniger streng mit ihm, als mein Vater mit mir, denn ich verbot ihnen, ihn so zu schlagen, daß er blaue Flecken davonträgt. Als ich ein Junge war, wurde ich oft so geschlagen, daß ich tagelang nicht sitzen konnte. Aber Ihr werdet es nicht nötig haben, meine Tochter zu schlagen, hoffe ich.«
»Ich würde lieber darauf verzichten«, erwiderte Renata. »Ich war immer der Ansicht, daß einsame Meditation über einer langwierigen und langweiligen Aufgabe Strafe genug für schlechtes Benehmen ist. Und doch wünschte ich, Ihr würdet Dorilys einmal sagen, was Ihr mir gesagt habt, mein Fürst. Sie scheint zu glauben, daß ihr Rang sie von Bestrafung und Disziplin befreit.«
»Ihr würdet es gern sehen, wenn ich ihr erzähle, daß meine Hauslehrer die Erlaubnis hatten, mich zu schlagen, als ich ein Junge war?« Lord Aldaran lachte glucksend. »Sehr gut, ich werde es tun, um sie auf
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