Herrin des Blutes - Thriller
Grinsen breitete sich auf Chads Gesicht aus. »Gut.«
Jims Miene blieb nachdenklich. »Aber wir dürfen nicht zu selbstgefällig sein. Wenn wir dem Orden Glauben schenken können, verfügt Giselle ebenfalls über eine mächtige paramilitärische Truppe. Wir sollten unsere eigenen Streitkräfte verstärken und die Verteidigungsstrategien noch einmal überdenken.«
Jack grinste. »Darum werde ich mich kümmern.«
Auch Jim quälte sich ein winziges Lächeln ab. »Ich bin mir sicher, dass du dieser Aufgabe gewachsen bist.« Er seufzte und rieb sich die Hände. »Dann wollen wir mal reingehen und die Neuigkeiten verkünden.«
Jack drückte seine Zigarette aus, um die Glut zu ersticken. Er ließ die Kippe achtlos in die Tasche fallen und stimmte zu: »Ja, los geht’s. Ich kann’s kaum erwarten, den Ausdruck auf ihren verdutzten Gesichtern zu sehen.«
Chad schüttelte den Kopf. »Geht ohne mich. Ich will keinen von denen jemals wiedersehen. Wenn ihr nichts dagegen habt, geh ich in meine Hütte und lass euch das alleine regeln.«
Jack beeindruckte das nicht. »Von mir aus.«
Jim nickte. »Klar, hab nichts dagegen. Nacht, Chad.«
»Nacht, Jungs.«
Chad ließ sie stehen und kraxelte den Hügel hinauf zur Hütte, die er mit Allyson bewohnte. Einer spontanen Eingebung folgend, eilte er am Eingang vorbei und registrierte lediglich flüchtig, dass die Lampen ausgeschaltet waren. Allyson schlief vermutlich bereits. Er fühlte sich viel zu aufgekratzt und war noch nicht in der Stimmung, sich neben ihr ins Bett zu legen. Das steile Gelände flachte ab, und kurz darauf erreichte er die Stelle, die die Bewohner von Camp Whiskey als inoffiziellen Treffpunkt nutzten. Er hockte sich neben der großen Feuerstelle im Schneidersitz auf den Boden. Einige verkohlte Holzkeile waren vom früheren Abend übrig geblieben. Chad steckte die Hände in die Jackentaschen, schob die Schulterblätter nach vorne und ließ seinen Blick zu den Hütten am Fuß des Hügels schweifen. Hinter einigen Fenstern brannte noch Licht.
Anfangs hatte er es seltsam gefunden, dass die Gründer von Camp Whiskey beschlossen, die Anlage in den Bergen im Osten Tennessees zu errichten, so nah am ehemaligen Reich des Meisters. Aber im Laufe der Zeit änderte er seine Meinung. Die Lage war absolut perfekt. Einst hatten sie hier als Gefangene vegetiert. Nun waren sie in das Land ihrer Albträume zurückgekehrt, um es in etwas Neues, Lebensbejahendes zu verwandeln. Die Ordensleute hatten kein Recht, sie hier zu belästigen. Sie waren Eindringlinge. Ihre Anwesenheit beschmutzte ihre mit so viel harter Arbeit aufgebaute neue Heimat.
Eine Weile saß er einfach da und dachte nach. Vielleicht eine halbe Stunde lang. Möglicherweise auch nur zehn oder 15 Minuten. Sein Zeitgefühl ließ ihn im Stich. Aber es war ein langer Tag gewesen. Irgendwann führte die körperliche Erschöpfung dazu, dass ihm die Augen zufielen und er eindöste. Als er das Knacken eines Zweiges hörte, riss er sie alarmiert auf. Er spürte, dass sich zu seiner Linken etwas bewegte, und drehte den Kopf in die entsprechende Richtung. Dann packte ihn von hinten eine Hand am Kragen und holte ihn unsanft auf die Beine. Er stieß ein erschrockenes Kreischen aus, als ihn dieselbe Hand herumwirbelte. Einen Augenblick lang stand er schwankend am Rand der Feuerstelle. Dann zerrte die Ordensfrau an der Vorderseite seiner Jacke und zog ihn von dem Loch weg.
Chad schnappte keuchend nach Luft. »Gottverdammt! Wo kommst du denn her?«
»Ich bin geübt in den Techniken des Anschleichens.«
»Was du nicht sagst!« Chads Herz hämmerte wie wild. »Was machst du hier? Bist du angepisst, weil wir euren bescheuerten Vorschlag abgelehnt haben?«
»Der Plan wird ausgeführt. Es ist uns gelungen, deinen Meister, Mr. Jim, von der Weisheit unseres Vorhabens zu überzeugen.«
Chad runzelte die Stirn. Ihm gefiel ganz und gar nicht, was er da hörte. Dann bemerkte er, dass eine Hand der Ordensfrau hinter ihrem Rücken versuchte, etwas vor ihm zu verbergen.
»Was hast du …?«
Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust und versetzte ihm einen brutalen Schlag direkt unter das Brustbein. Chad schrie auf und krümmte sich zusammen. Er wollte etwas sagen, brachte jedoch nur ein Keuchen zustande. Dann zeigte ihm die Frau, was sie hinter ihrem Rücken versteckt hatte, und ihm kam die Galle hoch. Ihre Finger krallten sich in die mit Blut verklebten Haare des abgetrennten Schädels von Jack Paradise.
Wut überlagerte seine Furcht.
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