Herrin des Blutes - Thriller
Beine beugten sich mit jedem Stoß. Die milde Erregung, die sie zuvor gespürt hatte, glühte ein wenig heißer. Sie musste sich zwingen, ihren Blick wieder Schrecks leicht besorgtem Gesicht zuzuwenden. »Sie ist ein richtiger Spitzenfang. Ihnen sollte vor Freude ganz schwindelig sein. Also, worüber machen Sie sich Sorgen?«
Schreck zog mit seinem Zeigefinger am steifen Kragen seines Uniformhemds. Giselles Stirnfalten vertieften sich. Der Mann war mehr als nur ein bisschen nervös. Auf seiner Stirn glänzte sogar ein dünner Schweißfilm. »Wir haben Miss Weaver nicht hergebracht. Sie und ihre Begleiterinnen sind aus freien Stücken gekommen.«
»Aber das ist absurd. Warum sollten sie uns freiwillig einen Besuch abstatten?«
Schreck zuckte fast unmerklich die Achseln. »Ich weiß nicht viel über ihre Absichten. Tatsächlich hat Miss Weaver in der Welt dort draußen in letzter Zeit für einige Unruhe gesorgt. Sie und ihre Freundinnen haben sich auf eine Verbrechertour von epischen Ausmaßen begeben. Die Spur mit Morden und Raubüberfällen zieht sich durch mehrere Bundesstaaten im Nordosten und Mittleren Westen.«
Giselle faltete die Hände über der Taille. »Wie eigenartig. Dieses Schicksal hätte ich mir für diese Frau wirklich nicht ausgemalt.« Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Aber das erklärt noch immer nicht, was sie hier zu suchen haben.«
»Ganz richtig.« Schreck warf einen flüchtigen Blick in Richtung der großen Flügeltür, die am anderen Ende des weitläufigen Zimmers offen stand. Er wirkte beunruhigt und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Aber wenn ich eine Vermutung äußern dürfte?«
Giselle runzelte die Stirn. »Bitte sehr.«
Schreck tat einen Schritt auf Giselle zu, beugte sich ein Stück zu ihr hinunter und flüsterte: »Ich glaube, sie sind hier, weil sie Zuflucht suchen. Die ständige Flucht vor dem Gesetz ermüdet sie, und nun suchen sie einen Platz, an dem sie sich verstecken können, vielleicht sogar für unbestimmte Zeit.« Ein düsteres Grinsen umspielte seine Mundwinkel. »Die Verzweiflung hat sie in unser Haus geführt, Meisterin. Sie sind gebrochen. Zerstört. Unserer Gnade ausgeliefert.«
» Meiner Gnade, wollten Sie wohl sagen.«
Schreck blinzelte nervös. »Natürlich.«
»Wenn sie, wie Sie sagen, wirklich ›zerstört‹ sind, wovor haben Sie dann solche Angst?«
Schreck richtete sich jäh auf und in seinen Augen funkelte Entrüstung. »Ich habe keine Angst.«
Giselle schlug die Beine wieder auseinander und erhob sich. Sie stellte sich vor Schreck und genoss es, zu sehen, wie sich sein Kiefer anspannte, als sie auf ihn zuging. »Sie haben sogar ausgesprochen große Angst«, stellte sie fest und lächelte noch immer, als sie eine Hand auf seine Schulter legte. Sie kräuselte die Nase. »Ich kann es sogar riechen.«
Schreck schluckte. »Madam, ich …«
»Pssst.« Giselle drückte seine Schulter, und ihre Finger gruben sich in seine Muskeln und stießen auf eine empfindliche Stelle. Sie hielt seinen Blick einen Moment lang fest und ließ ihn spüren, wie einfach sie ihn zerstören konnte. »Ihre Angst ist etwas Positives, Schreck. Sie waren immer so unerschütterlich, selbst nachdem ich ihre ursprüngliche Meisterin abgeschlachtet hatte. Deshalb verrät mir das etwas. Unsere Gäste sind nicht zu unterschätzen. Sie sind der Ansicht, dass sie eine echte Bedrohung darstellen.«
Schreck schnappte keuchend nach Luft, als Giselle die Hand von seiner Schulter nahm. Er wischte sich mit dem Ärmel seiner Uniform den Schweiß von der Stirn. »Madam … Ihr habt recht. Seit ich sie getroffen habe, fühle ich mich … beunruhigt. Da ist etwas sehr Subtiles im Spiel – eine Vorahnung, dass etwas nicht … mit rechten Dingen zugeht.«
Giselle nickte. »Führen Sie mich zu ihnen. Sofort.«
»Seid Ihr sicher, Meisterin? Vielleicht solltet Ihr uns ein wenig Zeit geben, um eine sicherere …«
Giselle funkelte ihn ungeduldig an. »Sofort.«
Schreck setzte seine Mütze auf und schlug die Hacken zusammen. »Wie Ihr wünscht.«
Giselle spielte mit dem Gedanken, das dünne Kleidchen gegen etwas Förmlicheres einzutauschen. Aber sie konnte es kaum erwarten, ihre Gäste zu treffen, und wollte keine Zeit damit verschwenden, das passende Outfit auszusuchen. Ursula stand noch immer hinter der um Gnade winselnden Prostituierten. Das Mädchen zeigte keinerlei Anzeichen, dass sie die Unterhaltung mit Schreck belauscht hatte. Sie war viel zu sehr in ihrer
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