Herrin des Blutes - Thriller
mit neuer Stärke erfüllte und heftige Impulse rasender Energie durch den Raum feuerte. Immer mehr der Schlafenden erwachten, nur um festzustellen, dass sie im nächsten Augenblick von einer Waffe aufgespießt wurden, deren Spitze bereits mit Blut und Eingeweideklumpen bedeckt war. Einige von ihnen versuchten zu fliehen, erstarrten jedoch abrupt, als Giselle ihren Geist und Körper mit einem einzigen Impuls tobender Magie lähmte.
Das Schlachten dauerte an, bis jeder Einzelne von ihnen tot war.
Jeder Einzelne – mit einer Ausnahme.
Ursula saß aufrecht im Bett, ein Laken über die Brust gezogen. Unter anderen Umständen hätte diese sinnlose Schamhaftigkeit Giselle womöglich zum Lachen gereizt.
Sie richtete den Speer auf ihre Geliebte. »Verrate mich niemals.« Die Spitze des Speers berührte die Mulde an Ursulas Kehle. »Niemals. Wirklich nie, verdammt noch mal.«
Ursula schluckte vorsichtig und nickte. »Das würde ich auf gar keinen Fall tun.« Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln. »Ich … liebe dich.«
Und ich liebe dich, dachte Giselle. Was mich vermutlich zu einer Idiotin macht.
Sie warf den Speer weg und kletterte aufs Bett. Sie riss Ursula das Laken aus den Händen und zwang das Mädchen auf den Rücken.
»Beweise mir, wie sehr du mich liebst.«
Ursula starrte sie für eine lange Weile stumm an und in ihren Augen glänzte noch immer ein Rest von Furcht. Dann verblasste das Glänzen endlich und sie streckte ihre Hand nach Giselle aus.
Und da war es wieder, das Einzige, was sie die ganze Zeit über vermisst hatte.
Der Hunger.
Das Verlangen.
Es war wundervoll.
Und für eine kleine Weile half es ihr, alles zu verdrängen, was sie bedrückte.
Kapitel 17
»Bringen wir dieses Arschloch jetzt um oder nicht?«
Dream antwortete nicht sofort auf Marcys Frage. Sie hatte zwei Finger zwischen die Blenden der Jalousie am Fenster gesteckt und lugte durch den kleinen Schlitz auf den Parkplatz des Motels. Ein verschimmeltes Drecksloch irgendwo vor den Toren von Columbus, Ohio. Sie waren vor zwei Tagen nach einem verpatzten Raubüberfall in Cleveland hier untergetaucht. Ein Bulle lebte nicht mehr und das Video einer Überwachungskamera hatte es in die landesweiten Nachrichten geschafft. Irgendein Genie vom FBI hatte die losen Enden miteinander verknüpft und den blutigen Überfall in dem kleinen Lebensmittelladen mit einer Reihe weiterer schamloser Verbrechen in Verbindung gebracht – unter anderem mit dem Mord an einem kleinen Mädchen an den Niagarafällen und dem Massenmord auf einer Farm in Neuengland.
Der gemeinsame Nenner war laut Ermittlern eine Gruppe junger Frauen, die zusammen unterwegs waren, drei Weiße und eine Schwarze. Durch den Verdacht gegen die Frauengang war eine heiße Story daraus geworden, die perfekt in das Beuteraster der nervigen Quasselstrippen bei den 24-Stunden-Nachrichtensendern passte. Die ganze Sache ging jedoch erst richtig durch die Decke, als Dream anhand der Kamerabilder identifiziert wurde. Nun fand die Berichterstattung praktisch ohne Unterbrechung statt, und Dream sehnte sich förmlich einen Terroranschlag oder etwas Ähnliches herbei, das die Aufmerksamkeit der Medien in eine andere Richtung lenken würde.
Der Parkplatz war knapp zur Hälfte gefüllt. Bei den meisten Autos handelte es sich um alte Kisten in bemitleidenswertem Zustand. Einen Caddy, der ganz in der Nähe stand, zierte eine Lenkradhülle mit Leopardenmuster. Am schräg gestellten Rückspiegel eines Plymouth Duster baumelten zwei ausgefranste Plüschwürfel. Das Starlite Inn zog nicht gerade eine Klientel mit teuren fahrbaren Untersätzen an. Aber das störte Dream nicht im Geringsten. Unter anderem garantierte es, dass ihr lädierter Dodge-Lieferwagen nicht aus der Masse der abgestellten Fahrzeuge herausstach.
Sie wandte sich vom Fenster ab und widmete sich dem beinahe kahlköpfigen Mann im mittleren Alter, der mit Handschellen ans Kopfende des Doppelbetts gefesselt war. Blut triefte oberhalb des Klebestreifens, den sie ihm über den Mund geklebt hatten, aus den Nasenlöchern. Er trug eine zerknitterte schwarze Hose und ein blaues Poloshirt, das mindestens eine Größe zu klein war. Der Stoff spannte sich über seinem fetten Bauch, und es sah aus, als wäre er schwanger. Marcy zielte mit ihrer Glock auf seinen Kopf. Vor zwei Nächten hatte eine Kugel aus derselben Waffe das Leben eines Streifenpolizisten beendet. Es war eine hässliche Waffe. Ein brutales, gnadenloses Tötungsinstrument. Als Dream
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