Herrin wider Willen
umzustimmen. Im Gegenteil: Je länger er ihr gegenüberstand, desto froher war sie, dass der Himmel ihr eine Chance geschenkt hatte, ihm zu entkommen. Kühl und in knappen Sätzen erinnerte Märtens sie daran, wie sie ihren Vater kränkte, wenn sie sich nicht nach seinem Wunsch richtete. Sie nähme sich nicht seiner Pflege an. Sie versagte ihm die leiblichen Erben für sein Geschäft. Sie setzte ihre eigene Absicherung aufs Spiel. In den schwierigen Zeiten war es nötig, das Vermögen zusammenzuhalten und zu akkumulieren. »Es muss Euch doch einsichtig sein. Ihr würdet die Aussichten für uns alle verbessern. Euer Erbe würde dem Geschäft dienlich sein. Ich könnte es zum Aufblühen bringen, wenn Ihr mich heiratet. Denkt doch, wie Ihr selbst davon profitieren würdet. Ich biete Euch eine Sicherheit, die eine viel solidere ist als die des Herrn von der Wenthe. Ein Landgut in diesen Zeiten … Das ist nichts gegen ein klug geführtes Geschäft innerhalb von Stadtmauern.«
Ada fragte sich, was er mit ihrem Vermögen meinte. Ihr Vater würde sich nicht scheuen, sie zu enterben und Märtens alles zu hinterlassen, wenn der ihn dafür im Alter versorgte. Damit wäre sie zufrieden, denn sie fühlte keine Verbundenheit mit ihrem Vater. Er hätte leibliche Erben gehabt, wenn er mit seinen Söhnen besser umgegangen wäre.
Märtens hatte seinen runden grauen Filzhut auf. Er trug keinen schönen Kragen, sondern ein einfaches, schmales weißes Tuch, das zu einem eng sitzenden Knoten geknüpft war. Damit es ihm nicht die Luft abschnürte, streckte er den Hals und reckte das Kinn empor. Das ließ ihn noch steifer wirken, als er ohnehin schon war.
Was für ein Unterschied zu dem Mann, der ihr einige Tage zuvor die Ehe angetragen hatte. Mit seinem verwegenen Krempenhut in den Händen, einem Spitzenkragen, der sauberer hätte sein können, und einer Art, sich zu bewegen, die von seinem Selbstbewusstsein zeugte.
Lenz. Sie nannte ihn in Gedanken nur noch so. Hoffte er, dass sie sich von Märtens überreden ließ?
Sie sah zum offenen Kammerfenster hoch. Nicht Lenz stand dort, sondern Christopher, und er beobachtete sie besorgt. Angespannt hielt er eine Faust an seine Brust. Ihm lag daran, dass sie nicht bei ihrem Vater blieb, schließlich war ihre Rettung ursprünglich sein Einfall gewesen.
Gleichgültig also, was Lenz wollte. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Gesprächspartner zu und unterbrach seine Rede mit erhobener Hand. »Märtens, ich habe einen Kontrakt geschlossen, weil ich es für richtig befand, und ich werde ihn halten. Spar dir deine Rede. Du scheinst außerdem vergessen zu haben, wie lange ich dich schon kenne. Willst du mir erzählen, du bist um meinen Vater oder um mein Wohl besorgt? Du hättest dich sehr verändert, wenn du nicht in erster Linie an dich selbst denken würdest. Was ist der wahre Grund dafür, dass du mich unbedingt haben musst?«
Eine Erschütterung ging durch ihn, mit einer verkrampften Bewegung faltete er die Arme vor der Brust. »Es ist die vernünftigste Erwägung.«
Ada verschränkte ebenfalls ihre Arme, wenn auch entspannter. »Du mochtest mich früher so wenig wie ich dich. Herrgott! Mein Vater sagt, wirf die Katzen in die Ilmenau, und du wirfst die Katzen in den Fluss. Wenn aber Stechinelli sagt, verlang zwei Taler von Lobeke statt einem, dann verlangst du zwei und einen halben. Also, was brächte ich dir ein? Sag es mir, dann überlege ich es mir vielleicht.«
Er zischte wütend und sah sie voll Abscheu an. »Du weißt es wirklich nicht? Nun, vielleicht bringt es dich zur Vernunft. Du wirst von deiner Tante erben. Beträchtlich. Wir beide könnten einen Kontrakt machen. Ich vermehre das Geld, das Geschäft gesundet, und ich sorge dafür, dass du davon profitierst. Bist du dir sicher, dass der das auch tut, wenn du bei ihm bleibst?« Er ruckte mit dem Kopf und wies zum Kammerfenster hinauf.
Ada war sich keineswegs sicher und zudem überrascht von dem, was sie gerade von Märtens erfahren hatte. Aber sie beherrschte sich und nickte langsam. »In der Tat. Das bin ich. Wir können unser Gespräch beenden.«
Märtens ließ die Arme sinken und ballte die Fäuste. »Ich hoffe, dass du es bereust. Er soll dich auf kaltem Stroh sitzen lassen ohne einen Bissen Brot. Du wirst Gras fressen, Konrade, und dir wünschen, du wärst klüger gewesen. Aber blöd warst du ja schon immer.«
Weiterhin steif, aber weniger würdevoll als zuvor stakste er vom Hof auf die Diele.
Ada sah zum
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