Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
Vom Netzwerk:
viel von Eilert. Eilert wird dies tun, Eilert kann das machen, Eilert weiß es bestimmt, Eilert wird helfen. Er selbst hatte Eilert bisher nur in Angstschweiß erlebt und hätte keine hohen Einsätze auf ihn gewettet. Sein Misstrauen rührte allerdings unter anderem daher, dass er nicht verstand, wie jemand auch nur einen Monat lang bei diesem Lobeke dienen konnte. Das ganze Haus war ihm suspekt.
    Ada kam zurück ins Zimmer. »Eilert hat uns eine Zeitung mitgebracht.«
    Sie sah nun jeden Tag brav und schmuck aus. Nicht eine einzige haselbraune Haarsträhne wagte sich unter ihrer Haube hervor. Lenz argwöhnte, an den Plänen zur eiligen Abreise habe sie wohl am meisten geärgert, dass die Schmutzwäsche nicht mehr gereinigt werden konnte. »Was steht drin?«
    Sie reichte ihm das Blatt, statt es zu lesen. Neugierig schien sie nicht zu sein. Er nahm es und hielt es auf Armeslänge. »Gütiger Gott.«
    Erwartungsvoll starrte sie ihn an. »Was?«
    Er räusperte sich. »Das Parlament hat den Earl of Strafford zum Tode verurteilt. Könntet Ihr mir wohl … In der Truhe liegt eine Brille, die … ääh …« Lenz gab sich innerlich einen Tritt. War er ein Kind? Er war keineswegs blind. Aber die Frau staunte ihn so an, als wüsste sie nicht, ob sie das Todesurteil für den Earl erschütternder fand oder die Tatsache, dass es für ihn unbequem war, ohne Brille zu lesen. »Also würdest du bitte …?« Das war schroffer herausgekommen als beabsichtigt, aber was erwartete sie? Sollte stimmen, was die Überschrift des Zeitungsblattes behauptete, dann war das ungeheuerlich. Das Parlament hätte sich gegen den König durchgesetzt. Gewaltige Folgen konnte das haben.
    »Verzeihung«, sagte sie und wurde rot. Ihr reizendes, entwaffnendes Apfelbäckchenrot. Er würde sich in Acht nehmen müssen, dass er nicht zu viel Lust bekam, sie zu küssen, wenn er wieder gesund war.
    Sie sperrte die Truhe auf und räumte behutsam einiges heraus. Seine zwei Ersatzhemden, einen Kragen, dann kam der grüne Samt, den er als Schutz für den Rest hineingelegt hatte, und endlich die kleine Tasche mit seinen kostbaren persönlichen Dingen. »Da ist sie drin.«
    Die ganze Tasche brachte sie ihm und legte sie respektvoll in seinen Schoß, dann stand sie wieder da und sah ihn gespannt an. So viel zur fehlenden Neugier, dachte er. Er kramte den schwarzen, aus Leder gefertigten Nasenkneifer heraus, setzte ihn auf und las laut. »Todesurteil für den Earl of Strafford. Das englische Parlament hat in London Sir Thomas Wentworth, Earl of Strafford, Ratgeber Seiner Majestät Charles I., mittels eines Strafbeschlusses zum Tode verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, durch seine Ratschläge die Errichtung einer ›willkürlichen und tyrannischen‹ …« Sie war unruhig, das irritierte ihn. Er blickte auf. »Was?« Eindeutig verkniff sie es sich zu lachen, sie hielt die Hand vor den Mund. »Findest du es amüsant, was da geschehen ist?«, fragte er scharf.
    Sie rang um Fassung, holte tief Luft und brachte endlich einen angemessenen Gesichtsausdruck zustande. »Nein. Nein, ganz und gar nicht. Ich meine, man soll nicht alles glauben, was in solchen Blättern steht, aber ein Todesurteil, auch wenn ich den Earl of Strafford nicht kannte … Nein, amüsant ist das nicht. Es ist nur … Es ist die Brille. Es tut mir leid. Das ist so ungewohnt.«
    Sie ärgerte ihn kolossal. Tadelnd sah er sie an. »Es ist ein Segen, dass diese kleinen Geräte erfunden wurden. Hast du noch nie einen Menschen mit Brille gesehen?«
    Wie ein Kind faltete sie die Hände hinter dem Rücken und mied seinen Blick. »Doch. Aber nicht dich.«
    Dich, sagte sie. Das rührte etwas in ihm an. Es klang passend, wie sie es sagte, und es fühlte sich passend an, es selbst zu sagen. Merkwürdig, aber es beschwichtigte ihn.
    »Kann ich jetzt weiterlesen?«
    Mit einem verschmitzten Lächeln im Mundwinkel nickte sie.
    »Dann setz dich da hin und hör auf, mich abzulenken.« Er machte ihr mit den Beinen Platz auf dem Bett, und sie setzte sich tatsächlich. Auch das fühlte sich passend an. Verwundert über sich selbst, schüttelte er den Kopf, dann las er: »… Errichtung einer ›willkürlichen und tyrannischen Regierung mit Waffengewalt‹ verfolgt und damit grundlegende Gesetze untergraben zu haben. Die Lords des Oberhauses und Seine Majestät Charles I. stimmten nach etlicher Überlegung dem Urteil zu.« Lenz senkte das Blatt und nahm den Kneifer ab. »Das ist in der Tat beunruhigend.«
    Ada zuckte mit den

Weitere Kostenlose Bücher