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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Schultern. »Was bedeutet es denn? Einer, der so verräterische Ratschläge gibt, muss doch bestraft werden.«
    »Um Strafford tut es mir nicht leid. Das Urteil bedeutet allerdings, dass das Parlament den König besiegt hat, denn aus freien Stücken hat der seinen Ratgeber nicht ausgeliefert. Wenn Charles so schwach geworden ist, dann ist es ein schlechtes Zeichen. Man kann mit ihm unzufrieden sein, doch vermutlich schützt seine Person England vor Schlimmerem.«
    »Wovor?«
    »Vor der Herrschaft des Pöbels. Wenn das unwissende Volk nun glaubt, es könne sich gegen die alte Ordnung auflehnen, dann wird es womöglich Zustände geben wie hier in diesem verrotteten Land. Jeder Bauer und Sackweber wird seine Mistforke nehmen und den Soldaten spielen, weil das lohnender wird, als die Soldaten zu füttern.«
    »Du kannst doch nicht sagen, hier hätte sich das Volk aufgelehnt. Es waren doch die hohen Herren, die uneins geworden sind.«
    »Ja. Nur sorgen längst die Soldaten selbst dafür, dass der Krieg weitergeht. Wären nicht die Scharen leicht geworbener Söldner und ihre Anführer, wäre er längst vorbei. Dann hätte King Charles unser Parlament vielleicht gar nicht einberufen, weil seine Kassen nicht so leer gewesen wären. Viel englisches Silber ist in diesen Krieg geflossen.«
    »Bist du denn ganz gegen das Parlament?«
    »Gewiss nicht. Aber ein großer Aufstand kann niemandem recht sein, der friedlich Handel treiben will. Es ist für uns in den vergangenen Jahrzehnten schwer genug gewesen.«
    Sie lächelte und betrachtete eingehend ihre Handflächen. »So viele Jahrzehnte treibst du doch wohl noch keinen Handel.«
    »Die Familie Carton. Das meine ich mit ›wir‹.« Energisch packte er seine Brille ein und übergab ihr die Tasche.
     
    Lenz hatte während seiner Krankheit so viel geschlafen, dass ihm nun jede Nacht zu lang war. Mindestens eine Stunde vor den anderen wachte er am Morgen auf und lag dann im Dunkeln, so aufgedreht vor Ungeduld, dass er aus dem Bett springen wollte. Jede Stunde in diesem bedrückenden Haus, in dem er nichts verloren hatte, zerrüttete seine Nerven weiter. Er wollte heim nach Bristol, Christopher gesund bei seinem Vater abliefern, und dann in Ruhe neue Unternehmungen kalkulieren. Nie wieder wollte er so verschrobenen Gefühlen nachgeben wie denen, die ihn ans Krankenlager seines Vaters getrieben hatten.
    Leider konnte er sich nicht so weit vergessen, dass er einfach ging. Prinzipien waren etwas anderes als verschrobene Gefühle. Sein Vater hatte ihn in eine Situation gebracht, die gegen seine Prinzipien verstieß. Der alte Mann hatte keine moralischen Skrupel gekannt und Menschen, für die er hätte sorgen sollen, grundlos in Not hinterlassen.
    Er musste versuchen, Ordnung in diese Angelegenheiten zu bringen.
    Das hieß, er musste seine Frau bitten, es zu versuchen. Die Frau, die in ihrem raumgreifenden Schlaf schon wieder gegen ihn gerollt war und ihn mit ihren weichsten Teilen berührte.
    Er atmete tief ein. Wäre er noch halb tot gewesen, hätte sie nackt neben ihm liegen können, und es hätte ihm nichts ausgemacht. So voll und ganz lebendig, wie er sich inzwischen fühlte, weiterhin mit ihr das Bett teilen zu müssen, war unangenehm. Er musste ihr verständlich machen, dass so eine Lage für einen Mann schwierig war. Falls sie es einem gewissen eigensinnigen Teil von ihm nicht schon vorher ansah.
    Er musste unbedingt aufstehen, das war nicht zu ertragen.
     
    Der Aufbruch aus dem Haus Lobeke kam schließlich überstürzt. Christopher erfuhr am Nachmittag von einer Reisegesellschaft, die sich schon am nächsten Morgen in Richtung Hermannsburg auf den Weg machen wollte.
    Glücklicherweise hatte Ada die Angelegenheit mit ihrer Erbschaft regeln können. Ein Brief an den Nachlassverwalter ihrer Tante hatte ausgereicht. Da das Schreiben bei ihr ebenso mühsam voranging wie das Lesen, hatte sie sich kurz gefasst, nur Mitteilung von ihrer Heirat gemacht und ausdrücklich gebeten, bei Fälligkeit der Erbschaft auf ihre persönliche Anfrage zu warten.
    Eilert hatte ihr die zustimmende Antwort gleich mitgebracht. Angaben über die Erbschaft konnte der Verwalter ihr nicht machen, es hätte eines Antrags bedurft, und sie hätte bei ihm erscheinen müssen. Dazu reichte die Zeit nicht mehr, aber das würde sie später nachholen können. Dann würde sie auch schon wissen, wozu genau sie das Geld brauchte.
    Sie hatte mittlerweile das Gefühl, dass sie Lenz nähergekommen war, trotzdem wagte sie

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