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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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es nun seine Verwunderung überwand, machte es einen schwerfälligen Hüpfer über das liegende Hindernis und schritt, mit triumphierend erhobenem Haupt und durch geweitete Nüstern schnaubend, durch die Rabatte auf sie zu.
    Über den Brunnen hinweg sahen Ada und der Bulle sich an. Trat der Bulle auf das rechte Bein, trat Ada ebenfalls auf das rechte Bein, und umgekehrt. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber große Angst hatte sie nicht mehr. Der Brunnen war ein hüfthoher Steinring mit einem malerischen Dach. Wenn es brenzlig wurde, würde sie hineinspringen und sich zusammenkauern, dann konnte der Bulle ihr wenig anhaben.
    Besonders angriffslustig schien er ohnehin nicht mehr zu sein. Er beobachtete sie zwar noch, senkte aber zwischendurch seinen Kopf und rupfte Gras. »Du bist doch gar nicht so böse«, schmeichelte Ada.
    Er schnaubte, schüttelte sich und widmete sich endgültig dem Futter. Hinter ihm kamen die Männer mit Hakenstangen, Knüppeln und Stricken. Ottman und Jakob sprachen beruhigend auf das Tier ein, bis sie ihre Stangen und einen Strick in seinen Nasenring gehakt hatten.
    »Allens gut nu«, sagte Ottman. »Lasst ihn doch das Gras noch fressen«, sagte Ada. »Dann müsst ihr es nicht mähen.«
    Ottman schüttelte den Kopf und nickte zum Stall hinüber. »De Düwel soll die Blumen man bäter nich fressen. Der hat gerade den Herrn ümsmieten, dass er wie tot dalag.«
    »Den Herrn Graf?« Ada wartete die Antwort nicht ab, sondern lief los.
     
    Lenz saß mit Dierk auf einem umgedrehten Korb vor der Milchkammer und hielt sich den Kopf, als Ada ihn fand.
    Sie musste verängstigt ausgesehen haben, denn Dierk fing schon an, sie zu beruhigen, bevor sie etwas gesagt hatte. »Ist nicht so schlimm. Nur eine Beule. Ich habe das Monstrum rausgelassen, damit es nicht auf dem Herrn rumtritt.«
    Ada umarmte ihn kurz und heftig. »Das hast du gut gemacht.« Erst dann wandte sie sich ihrem Gatten zu. »Warum um Himmels willen bist du zu dem Bullen hineingegangen?«
    Lenz hob den Kopf und erdolchte sie mit seinem Blick. »Stell dir vor, das bin ich nicht. Ich hatte es vor, aber gewiss nicht auf diese Art.« Er kniff die Augen zu und legte den Kopf stöhnend wieder in die Hände.
    Ada ging vor ihm in die Hocke und litt mit. Obwohl sie wütend auf ihn gewesen war, konnte sie nun nicht aushalten, dass es ihm schlecht ging. Sie legte ihm eine Hand aufs Knie. »Was meinst du damit?«
    »Ich meine damit, dass mir jemand etwas Hartes gegen meinen Hinterkopf geschlagen und mich dann in den Bullenverschlag geschleppt hat. Und ich bezweifle, dass derjenige damit bezwecken wollte, dass ich es warm habe.«
    »Du glaubst, es wollte dich jemand umbringen?« Die Gesichter der Gutsbewohner zogen vor Adas innerem Auge vorbei. Wem läge etwas daran, Lenz tot zu sehen? »Wer?«
    »Hätte ich meine Augen am Hinterkopf, wüsste ich es, wäre jetzt aber vermutlich blind. Ich versuche es also gerade als Glück zu begreifen, dass ich ihn nicht gesehen habe.«
    Darüber konnte Ada nicht lachen. »Wenn er dich umbringen wollte, wird er es noch einmal versuchen.«
    Wieder hob er den Kopf ein Stück und funkelte sie an. »Wie schön du mich tröstest. Weißt du – seit wir auf der Ostsee schlimmen Seegang hatten, ahne ich, dass dieses verfluchte Land mein Tod sein wird. Und man behält ja gerne recht, nicht wahr? Unterstützung ist da warm willkommen.«
    »Von den Flügges war es bestimmt keiner.«
    Dierk sagte es schnell und besorgt, woraus Ada schloss, dass er die Familie mochte. Sie klopfte ihm beruhigend auf die Hand. »Lenz, wenn du die Sache untersuchen willst, musst du schnell alle zusammenrufen, bevor sie sich miteinander absprechen können. Es wird sonst immer schwieriger. Die Unbeteiligten sollten gar nicht wissen, worum es geht, wenn du sie rufst.«
    Auf dem Stallgang um die Ecke, dem Weg zum Bullenverschlag, hörten sie die Männer mit dem Bullen kommen. Während Dierk ängstlich aufstand, lehnte Lenz sich gegen die Wand zurück. »Ich höre immer meinen Namen. Das ist dein Haus. Du willst doch sicher wissen, ob du einen Mörder beherbergst, oder? Und du scheinst ja bestens zu wissen, was du unternehmen musst.«
    Ada stieß sich etwas gröber von seinem Knie ab als nötig und stand auf. »Willst du es also wirklich jetzt schon allen so deutlich zeigen, dass du hier nichts zu sagen hast? Von mir aus, bitte. Dann werde ich die Leute befragen.« Sie spürte, wie sie rot wurde, denn in Wahrheit war sie nicht von ihren Fähigkeiten

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