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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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überzeugt. Der Umgang mit dem Gesinde war auch vor diesem Zwischenfall schwierig genug gewesen.
    »Ich war’s auch nicht«, sagte Dierk bedrückt. »Beweisen kann ich das aber nicht.«
    »Keiner von uns käme auf den Gedanken, dich zu verdächtigen. Abgesehen davon hättest du den Herrn gar nicht bewegen können.«
    Dierk musterte Lenz nachdenklich. »Ach, doch. Wenn es nur ein kurzes Stück war. So dick ist er ja nicht.«
    »So, wie meine Seite sich anfühlt, hat man mich gezerrt. Und es war tatsächlich nur ein kurzes Stück.«
    »Deine Seite. Das hatte ich vergessen. Ist es schlimm?«
    Er nickte, antwortete aber nicht mehr, weil die Männer um die Ecke kamen, die den Bullen eingesperrt hatten.
    »Mutt een to’n Bader hen?«, fragte Jakob.
    »Nein, nein.« Lenz rappelte sich auf und kam auf die Füße. »Es geht schon. Der Bader wäre keine Hilfe.«
    Ada holte tief Luft und wandte sich an Jakob. »Ich möchte, dass alle in den Kleinen Saal kommen. Sofort.«
    Ottman nickte bedächtig. »War sicher ein Dwarsbüddel, der das Tor nicht zugemacht hat, und recht is, wenn die Herrschaften sich den vörknöpen wolln. Aber, wenn Euer Hochwohlgeborn meine Vorlautigkeit verzeihen wolln, es kann einem mal ein Fehler passieren.«
    Mit würdevoller Miene strich Ada sich die Falten aus dem Rock. »Ich jage niemanden vom Hof, weil er ein Tor nicht geschlossen hat. Aber wissen will ich doch, wer es war. Es hätte ein schlimmer Schaden entstehen können.«
    »Nu. Tja. Das is recht. Und der Zaun ist ja auch hin. De Bull hatte woll Freude an’n Rock von der gnädigen Frau. Man nur gut, dass gnädige Frau klug und schnell waren, sonst wäre vielleicht wirklich was passiert.«
    Ada nickte. »Ist das Tier schon immer bösartig gewesen?«
    »Nee. Bösartig, so würde ich das gar nicht nennen. Ist mehr, dass dem der Auslauf fehlt. Der selige Herr Graf wollte ihn immer im Stall haben. Hat ja einen ordentlichen Wert, der Kerl, nach dem kommt fettes Fleischvieh. Und für die Soldatens wär er nur’ne Mahlzeit.«

 
    Die Berwirrungen des jungen Herrn
     

10
     
    Ada führte die Untersuchung im Kabinett durch. Einen nach dem anderen rief sie die Gutsbewohner zu sich und Lenz herein, während Christopher und Dierk im Kleinen Saal diejenigen im Auge behielten, die noch nicht an der Reihe gewesen waren.
    Die Befragung dauerte lange, und das einzige Ergebnis war, dass der Täter nicht aus einer der Bauernfamilien stammte. Außer dem ältesten Sohn der Flügges und der fast erwachsenen Tochter der Schwarkes bezeugten sich alle Mitglieder der beiden Familien gegenseitig die gemeinsame Mittagsruhe. Die beiden Ausnahmen bezeugten sich dies nach einigem Herumdrucksen mit heißen Ohren ebenfalls gegenseitig. Ada bedachte dieses Geständnis pflichtbewusst mit einem tadelnden Kopfschütteln, obwohl sie seit kurzem völlig verstand, was die jungen Leute zueinandertrieb.
    Als Täterin schied auch die Behnsche aus, und wahrscheinlich Erna, die in der Küche mit dem Gemüse zu tun gehabt hatte, als Ada hindurchging. Sie hätte sich beeilen müssen, um vom Ort des Verbrechens so rasch mit ihren Körben zurück in die Küche zu gelangen, und so hatte sie nicht gewirkt.
    Genug Verdächtige hatte sie ohnehin. Außer den beiden Familien schien jeder seine Mittagsruhe allein verbracht zu haben: Jakob hatte in der Werkstatt geschlafen, Ottman in der Scheune gewerkt, Wilhelm Vogt hatte einen Spaziergang auf die Felder gemacht, um sie zu begutachten, Luise hatte im Backhaus geputzt, Cornelia in ihrer Kammer gedöst, bis Aegidia wach wurde und nach Grete rief. Grete hatte sich mit einer Näharbeit hinter die Scheune in die Sonne gesetzt und war dort eingeschlafen. Sogar Christopher hatte allein in seiner Kammer gelesen.
    Jeder von ihnen hätte es schaffen können, Lenz mit einem schweren Gegenstand niederzuschlagen, ihn die paar Meter in den Bullenstall zu schleifen und zu verschwinden.
    Nur bei Cornelia hatte Ada Zweifel. Nicht nur dass sie schwächlich wirkte – sie hätte wahrscheinlich auch zu viel Angst vor dem Bullen gehabt.
    Ludwigs Base dritten Grades war äußerst ungehalten, als Ada sie hereinbat, weil sie bei der Ermittlungsprozedur mit dem Gesinde gleichgestellt worden war.
    Bis dahin hatte Lenz sich im Hintergrund gehalten und Ada das Wort führen lassen, was einige Leute verwirrt hatte. Hartnäckig richteten sie ihre Antworten an ihn, doch er verwies mit wohlwollendem Nicken immer wieder auf Ada und tat, als wäre er auf seinem Platz am Schrank mit

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