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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Gespräch gern beenden, aber Ada blieb hartnäckig, obwohl sie über Luises Ausbruch sichtlich erschrocken war.
    »Hast du dich denn so mit ihr überworfen, dass du sie nicht wiedersehen wolltest, wenn wir sie fänden? Sie und ihr Kind sind doch die engsten Blutsverwandten, die du hast. Wäre es das Gleiche mit meinen Brüdern, ich würde wenigstens wissen wollen, was mit ihnen geschehen ist und ob ich ihnen eine Hilfe sein könnte. Die Ungewissheit ist grauenhaft, oder nicht?«
    Luise lachte höhnisch. »Denke ich an meine Schwester und ihr Kind, sehe ich ein flaches Grab in der Heide. Hätte ich Gewissheit, würde ich vielleicht viel Schlimmeres sehen. Gnädige Frau entschuldigen, wenn ich jetzt lieber in die Küche gehe und beim Mittagmachen helfe.« Sie wartete nicht auf Erlaubnis, sondern knickste und ging.
    Lenz und Ada wechselten einen Blick. »So viel Bitterkeit«, sagte Ada fassungslos.
    Lenz nickte, räusperte sich dann. »Wie viele Brüder hattest du?«
    »Zwei. Von ihnen weiß ich sicher, dass sie tot sind.«
    »Von wem nicht?«
    »Dietrich von Bardeleben. Mein erster Ehemann. Er ist für tot erklärt, aber Genaues haben wir nie erfahren.«
    Sie presste ihre Lippen zusammen, verschloss sich. Er spürte, wie sie innerlich Abstand von ihm nahm. Gleich würde sie fliehen. »Du hast an ihm gehangen«, sagte er und wurde sich wieder bewusst, dass Christopher als schweigender Zuschauer im Hintergrund anwesend war.
    Sie schüttelte den Kopf und raffte den Rock. »Nicht sehr. Verzeiht, ich möchte mir ansehen, wie Grete die Räume oben hinterlassen hat.«
    »Sie wird eingepackt haben, was von Wert ist.«
    »Um Aegidias willen hoffe ich, dass es da etwas von Wert gegeben hat.« Sie machte sich auf den Weg zur Tür, ohne ihn anzusehen.
    Ich begleite dich, wollte Lenz sagen, doch Christophers Gegenwart hielt ihn davon ab. Er ließ sie gehen und wandte sich dem Freund zu.
    Christopher jedoch sah ihn nicht an. »Ich begleite dich«, sagte er und folgte Ada.
    So blieb Lenz nur übrig, den Bezoar vom Tisch zu nehmen und ihn in einem der verschließbaren Fächer unterzubringen. Ein Vermögen, falls man einen Käufer fand. Er seufzte und gestand sich ein, dass er Adas Mangel an Geldmitteln in den vorangegangenen Tagen zunehmend als strategischen Vorteil für sich empfunden hatte. Auf den Vorteil würde er nun verzichten müssen. Ada brauchte ihn nicht, und sie entzog sich ihm. Wollte er noch etwas bei ihr erreichen, blieb ihm nur, seinen ganzen Charme ins Gefecht zu führen.
     
    »Ich hoffe, Lenz hat dich nicht wieder geärgert.« Christopher betrachtete eines von Cornelias Kleidern und fingerte spielerisch an den Spitzenbesätzen, als wäre er gefesselt von deren Details.
    Elf Kleider hingen in Cornelias Gemächern, und in einem zwölften war sie bestattet worden. Ada hatte in ihrem ganzen Leben nie mehr als vier Garnituren gleichzeitig besessen. Selbst wenn sie die Kleider des Kindes nicht mitrechnete, drängte sich ihr die Frage auf, von wessen Geld dieser Überfluss bezahlt worden war. Im selben Moment schämte sie sich schon für den Gedanken. Sie war nicht stolz auf die Abneigung, die sie der Frau zu Lebzeiten gezeigt hatte, ob sie nun berechtigt gewesen war oder nicht.
    Noch quälender empfand sie das Schuldgefühl darüber, dass sie nicht darauf bestanden hatte, das Kind auf dem Gut zu behalten. Andererseits fühlte sie sich nicht fähig, gegen so viele Widerstände für ein Kind zu sorgen, das nichts von ihr wissen wollte.
    »Lenz hat sich deiner Meinung angeschlossen und will mich nun davon überzeugen, dass ich nicht hierbleiben kann. Ich sage aber, dass ich zumindest hierbleiben muss, bis ein ordentlicher Verwalter für das Gut gefunden ist.«
    Christopher nickte, warf ihr einen flüchtigen Blick zu, starrte wieder auf das Kleid. Lavendelfarbene Seide, über den Hüften, wo das Polsterkissen sitzen musste, ballonförmig gebauscht, an jeder Raffung mit weißen Schleifchen besetzt. »Wenn das erreicht wäre, würdest du dann mitkommen? Nach England, meine ich. Nach Bristol.«
    Er wurde ganz steif vor Verlegenheit und bekam rote Ohren.
    Tagelang hatte Ada damit gerechnet, dass es zu dieser Aussprache kommen würde, und geglaubt, sie würde der Peinlichkeit ausweichen und flüchten, aber nun begriff sie, dass sie ihm klare Worte schuldig war. »Nein. Ich kann dir versprechen, gut auf mich Acht zu geben und mich anderswo niederzulassen, wo es sicherer ist, aber mit dir nach England gehen kann ich nicht.« Ihre

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