Herrlich und in Freuden
»Natürlich ist es jammerschade, daß wir uns nicht schon vor drei Jahren heiraten konnten, Maisie, aber laß nur, jetzt ist es mindestens ebenso schön. Komm, mein Liebling...«
Die Appassionata war zu Ende, und Maisie in ihrem Sessel wurde so rot, als ob jetzt, da die Musik nicht mehr zu hören war, ihre Gedanken vernehmbar geworden wären.
»Das war wundervoll!« rief der Hausherr. »Würden Sie vielleicht so gut sein, Mrs. Winstanley, eine von Beethovens Violin- Sonaten mit mir zu spielen?«
»Spielen Sie Violine, Maharadscha Sahib?« rief Angela mit der größten Begeisterung aus.
»Wie ein krasser Stümper«, entgegnete der Maharadscha. »An die Kreutzer-Sonate würde ich mich nicht wagen.«
»Ich mich auch nicht«, sagte Angela. »Aber ich glaube, die Frühlings-Sonate könnte ich ganz gut vom Blatt spielen, falls Sie sie kennen.« - »Ich wollte Ihnen genau das gleiche Vorschlägen«, rief der Maharadscha.
Und während Maisie Lambert von ihrem tiefen Sessel aus die beiden Spielenden beobachtete, fand sie, daß der schlanke, hübsche Maharadscha doch eigentlich gar nicht umhin konnte, Angela zu fragen, ob sie seine Maharani werden wolle - so großartig schien das Paar zusammenzupassen. Aber würde Angela ihn erhören, wenn er sie fragte? Sie mußte ihr das Leben als Maharani in den glühendsten Farben schildern. Und natürlich würde Angela dann auch oft Reisen nach Europa machen wollen, um berühmte Musiker zu hören, und das würde bedeuten, daß Gerry als rechte Hand des Maharadschas allein in Tussore blieb. - Aber sie wollte keinesfalls glauben müssen, daß Gerry sie nur deshalb heiratete, weil er meinte, es würde seine Stellung beim Maharadscha festigen. Er würde ihr beweisen müssen, daß er sie um ihrer selbst willen liebte. Sollte sie ihn auf die Probe stellen? Es war genau wie in einem von Miss Nuttings Romanen. Aber eine Romanschriftstellerin konnte immer alles glücklich enden lassen, einerlei, was für Mißverständnisse und Enttäuschungen den Leser in Spannung halten mußten. Es wäre gräßlich, wenn sie Gerry auf die Probe stellen würde und er sie dann im Stiche ließe, wie er sie schon einmal im Stich gelassen hatte. Alles hing schließlich davon ab, ob der Maharadscha Angela einen Heiratsantrag machen und ob Angela ihn erhören würde. Wenn sie bedachte, wie überrascht Gerry heute früh gewesen sein mußte, dann konnte man nur sagen, daß er sich glänzend zu beherrschen verstand. Ja, er war immer noch der alte betörende Gerry. Sie war verliebt in die Art, wie er sein Schnurrbärtchen betupfte, und sie war verliebt in den schrägen Blick, den er ihr zuwarf, als er ihr erklärte, daß er die Verlobung nur abgebrochen hatte, weil er sich’s nicht leisten konnte, schon zu heiraten. Nein, sie konnte wirklich nicht erwartet haben, daß er sie, kaum hatte sich die Tür hinter Angela geschlossen, gleich in den Arm nahm. Er war der einzige Mann, dessen Küsse sie beglückt hatten... der einzige Mann. Sie liebte ihn noch ebensosehr wie an jenem Ballabend, als...
Die Frühlings-Sonate war verklungen, und wieder errötete Maisie ob des Gedachten.
»Aber Sie spielen ja herrlich, Maharadscha Sahib!« rief Angela. »Studieren wir...«
»Bitte?« fragte der Maharadscha, als sie plötzlich abbrach.
»Ich wollte sagen, studieren wir die Kreutzer-Sonate, aber wann bietet sich dazu eine Gelegenheit?«
Mit leiser Stimme sagte er: »Warum wollen Sie nicht gleich hierbleiben? Miss Lambert kann im Wagen nach Pippla zurückkehren und all Ihre Sachen sowie ihre eigenen einpacken und holen. Bitte, bleiben Sie!«
Angela blickte in seine dunkeln, flehenden Augen. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Nein, es wäre unklug«, sagte sie wie nach reiflicher Überlegung. »Meine Scheidung wird erst nach dem neuen Jahr endgültig ausgesprochen.« - »Und dann?« fragte er mit dringender Stimme.
»Oh, dann muß ich nach Tallulaghabad gehen und alles einpacken, um nach England zurückzukehren.«
»Aber Sie haben mir doch gesagt, daß Ihnen Indien besser gefiele als England?«
»Das stimmt auch, aber ich würde nicht gern in Indien von den Alimenten leben, die mir mein ehemaliger Mann zahlt.«
»Vielleicht fragt Mr. Tucker Sie, ob Sie ihn heiraten wollen?« sagte der Maharadscha.
»Vielleicht tut er’s, Maharadscha Sahib. Es würde mich durchaus nicht wundern«, entgegnete Angela, und ihre Augen glänzten hart.
»Und wollen Sie seinen Antrag annehmen?«
»Ist das nicht eine Frage, die ich erst dann
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