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Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern (German Edition)

Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern (German Edition)

Titel: Herrn Zetts Betrachtungen, oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Magnus Enzensberger
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daß sie ziemlich anstrengend ist. Von der Puppe zur Imago zu gelangen ist keine Kleinigkeit. Denken Sie nur daran, was Käfer und Schmetterlinge zu ertragen haben – den körperlichen Umbau, die Häutung und die hormonalen Stürme!«

212 »Glücklicherweise vergißt man diese schmerzhafte Phase rasch. Wer sich alles merken wollte, was ihm zugestoßen ist, wäre reif für die Psychiatrie.«

213 »Bei meinem Lob der Vergeßlichkeit habe ich vergessen, daß auf sie kein Verlaß ist. Geht es Ihnen auch so? Sie glauben, Siehätten diesen oder jenen Vorfall endgültig hinter sich gebracht, egal ob es dabei bloß um eine Kränkung, eine Blamage geht oder um ein schweres Trauma. Dabei hat sich, was Ihnen entfallen war, nur in irgendeinem Kellerverschlag versteckt, und plötzlich fällt es Ihnen wieder siedendheiß ein. Man müßte schon den eigenen Schädel, genau wie eine Festplatte, gewaltsam zertrümmern, um sicher zu sein, daß alles, wovon man nichts wissen will, endgültig gelöscht wäre.«

214 »Nicht weniger problematisch als die Adoleszenz ist das Alter, eine Phase, von der neuerdings viel die Rede ist, obwohl niemand zu sagen weiß, wann sie anfängt. Das kann plötzlich passieren; die Franzosen sprechen in solchen Fällen von einem coup de vieux , und an Erzählungen von Leuten, die über Nacht mit schlohweißen Haaren aufgewacht sind, fehlt es nicht.
    Während Methusalem, der Bibel zufolge, 969 Jahre alt wurde, etwas mehr als Adam, der es nur auf 930 brachte, war für deutsche Männer zu Bismarcks Zeiten gewöhnlich schon mit 36 Jahren Schluß. Allerdings steigt die mittlere Lebenserwartung, trotz Krisen, Klimawandel und Umweltschäden, hierzulande mit jährlich mehr as zwei Monaten.
    Früher scheint ein hohes Alter geschätzt, vielleicht sogar verehrt worden zu sein, auch von Weisheit war die Rede, während jetzt die Angst vor Dr. Alois Alzheimers Entdeckung aus dem Jahre 1901 vorherrscht. Die schlichte Frage ›Wie geht es Ihnen?‹
zu beantworten fällt dadurch immer schwerer.«

215 Was ein Schädling ist, hängt, wenigstens Z. zufolge, von der Perspektive ab. Die chemische Industrie, sagt er, zweifle nicht an ihrer Sichtweise. Sie betrachte den Blattfloh, die Thripse, die Sägewespe, die Spinnmilbe und den Blasenfuß als Lebewesen, denen nur mit ihren empfehlenswerten Spritzen beizukommen sei. Das gelte, wie aus dem Beipackzettel ihrer Produkte hervorgeht, auch für »andere saugende und versteckt lebende Schädlinge«. Sich selbstin eine entsprechende Kategorie einzuordnen liege der zuständigen Forschung fern. Vom Standpunkt der Thripse aus gesehen, sei natürlich der Mensch der Schädling.

216 Wir schimpfen mit Vorliebe auf die Zeitungen. Ihre Lektüre gilt vielen als lasterhafte Zeitverschwendung. »Das mag schon sein«, sagte Z., »doch sollte jeder die Druckerzeugnisse genauer unter die Lupe nehmen, von denen er nicht lassen kann. Dabei würde sich herausstellen, daß mindestens eine deutsche Zeitung zu den drei besten der Welt gehört. Merkwürdigerweise gilt ein solcher Befund bei den von ihrer eigenen Selbstkritik eingeschüchterten Deutschen als unziemlich. Dabei legt der Zustand der englischen Blätter ihn nahe, bei deren Lektüre man sich die Finger schmutzig macht, weil ihre Verleger sogar an der Druckerschwärze sparen. In den Vereinigten Staaten hat die Herrschaft der Controller dazu geführt, daß dort nach und nach die Auslandskorrespondenten abgeschafft werden. Auf diese kostspieligen Leute kommt es aber an,sofern man über die Außenwelt etwas aus erster Hand erfahren will.«
    Er gehe so weit, selbst das Feuilleton, eine deutsche Spezialität, gegen seine Liebhaber zu verteidigen. Man könne viele Mußestunden damit zubringen, diese üppig blühenden Bleiwüsten zu durchmessen.

217 »Man wird dort nicht selten auf Zaubersprüche treffen, die im Gewand von Rezensionen vorgetragen werden. Es heißt ja, daß Bücher, Filme, Konzerte und Inszenierungen im Feuilleton besprochen werden, ein Verfahren, das auch bei der traditionellen Behandlung von Warzen üblich ist. Den Verfassern merkt man an, daß sie jeden Auswuchs, von dem sie sich gestört fühlen, zum Schrumpfen oder ganz zum Verschwinden bringen möchten. Ob das Hexenmittel der Besprechung wirkt, steht jedoch dahin.«

218 Von der Provokation sagte Z., sie habe kurze Beine.

219 »Ich weiß nicht, ob es angebracht ist, noch einmal auf das Geld und seine diversen Aggregatzustände zurückzukommen. Aber vielleicht erlauben Sie

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