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Herrndorf, Wolfgang - Sand

Herrndorf, Wolfgang - Sand

Titel: Herrndorf, Wolfgang - Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troll Trollson
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Bleistifthälften. Es klang wie das Summen einer Gitarrensaite.
    «… aber allein kann ich gar nichts machen. Und sabber mich nicht voll, Licht deiner Augen, Sonne deines Alters! Ich glaub dir ja, ich glaube dir! Und die Fachleute kriegen heute noch Bescheid, versprochen. Unsere Spezialeinheit für Verzwicktes … Kollegen von der höchsten Kompetenz, die Unsichtbaren Königsbrigaden. Die finden das Grab, ja sicher. Die finden immer alles, und dann wird das untersucht, ohne Leiche können wir ja nichts machen. Und dein anderer Sohn, das wird gründlich gecheckt, ja … natürlich bei meiner Mutter. Glaubst du, ich erzähl dir Unsinn? Du erzählst mir keinen Unsinn, ich erzähl dir keinen Unsinn, das ist die Abmachung … nein, natürlich nicht! Die heißen so, weil sie geheim sind, nicht weil sie unsichtbar sind. Man kann doch nicht unsichtbar sein! Aber du wirst sehen, die sind schnell da, und alles klärt sich auf. Und versteht sich von selbst, dass du da mit niemandem drüber sprechen darfst. Jetzt hör auf, vor mir rumzukriechen … bei Allah, bei meiner Mutter, bei was du willst! Geh weg. Herr im Himmel.»
    Canisades stieg in sein Auto, startete den Motor und steuerte, ohne noch einen Blick auf den im Staub knienden Alten mit dem herausgesoffenen Hirn zu werfen, die Piste an. Der elende Gestank von hochprozentigem Alkohol hing ihm noch eine Weile im Auto nach, als hätten seine Kleider oder das Auto den Geruch in dieser kurzen Zeit schon aufgenommen, was wohl kaum möglich war. Ein Phantomgeruch. Aber er wunderte sich nicht allzu sehr. Und eine Minute später war er tot.

    EIN GELBER MERCEDES MIT SCHWARZEN SITZEN
     
    Ben Trane. I don’t trust him. He likes people, and you can never count on a man like that.
    Robert Aldrich, Vera Cruz
     
    Im sechsten Stock des Sheraton lag Michelle in ihrem Zimmer auf dem Hotelbett und schluchzte. Obgleich der Bungalow für drei Personen mehr als ausreichend gewesen wäre, hatte Helen darauf bestanden, sie im Hauptgebäude einzuquartieren, und Michelle, die wusste, was dies bedeutete, war im Grunde ihres Herzens erleichtert. Der Abschied von Afrika war nun auch ein Abschied von Helen, das Ende ihrer ohnehin nie wirklich existiert habenden Freundschaft. Als letzte Demütigung hatte ihre Bekannte aus Kindertagen ihr noch eine genau abgezählte Geldsumme für das Taxi zum Flughafen in die Hand gedrückt, und Michelle, der man vielleicht einiges, aber sicher nicht Sensibilität und Einfühlungsvermögen absprechen konnte, gab sich keinen Illusionen über Helens wahren Beweggrund hin: Eifersucht. Rasende Eifersucht. Helen wollte den bildhübschen, arabischen Mann für sich allein. Und sie sollte ihn haben. Michelle war nicht mehr interessiert.
    Während sie langsam wieder Luft zu schöpfen begann und in die entspannte Lethargie nach einem über Stunden sich hinziehenden Weinkrampf hinüberglitt, befanden Helen und Carl sich bereits auf dem Weg nach Tindirma. Bis sie die Wüste erreicht hatten, diskutierten sie noch darüber, wer die Kommune betreten sollte, um Erkundigungen einzuholen. Dann hatte Helen sich durchgesetzt. Michelles letzte Worte gaben den Ausschlag. Fremden gegenüber sei man sehr misstrauisch, nach den jüngsten Vorfällen sowieso, und die Stimmung sei so schlecht, dass ein ziemlich arabisch aussehender Mann wie Carl vermutlich nicht einmal mehr eingelassen werde. Helen dagegen kenne man immerhin als ihre Freundin, und am besten sei es natürlich, wenn sie selbst noch einmal mitkomme, doch sie wüssten ja, dieser schreckliche Ort … nicht um alles in der Welt. Abgesehen davon, dass ihr Flug für morgen fest gebucht sei und so weiter und so fort. Es tue ihr leid. Keine zehn Pferde.
    Zuletzt bat sie Helen, ihr eine Reihe von Dingen, die sie in der Kommune vergessen hatte, mitzubringen, und Helen warf den Zettel mit der Liste beim Hinausgehen mit der Bemerkung in den Papierkorb, dass sie zweieinhalb Dinge ohne weiteres auch im Kopf behalten könne.
    Der Tag war so heiß wie bisher kein Tag in der Wüste. Carl schloss einmal probeweise das Seitenfenster, um den heißen Fahrtwind abzuhalten. Aber das machte es auch nicht besser. Eine Luftspiegelung ließ die Ziegelkamele aussehen, als schwebten sie über himmelblauen Seen.
    «Da liegt was», sagte Carl mit Blick nach links, und Helen fragte ihn, ob er aussteigen wolle.
    «Ich weiß nicht.»
    Sie ließ den Wagen ausrollen.
    Während Carl bis zu den Waden im Sand die Dünen hochstapfte, band Helen sich mit einem

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