Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
beschränken sich stammesübergreifende Aktivitäten auf kleine Auseinandersetzungen kriegerischer Natur. Man ernährt sich vorrangig von Fleisch, anders als in Gallien durchaus auch gern vonWild (halb roh und ohne Salz), Brot und Bier. Fisch, Muscheln und Schnecken ergänzen den Speiseplan. Wein ist wie überall teures Luxusgut.
Apropos Natur. Die keltiberischen Stämme haben sich außerordentlich gut dem extremen Klima des spanischen Hochlandes angepasst. Die harten, eisigen Winter und die trockenen Sommer mit sengender Hitze und austrocknenden Wasserläufen sollen später einmal zu ihren stärksten Waffen im Kampf gegen die Römer gehören. Und auch sonst sind sie in ihrem tiefsten Inneren Kelten, mit einer großen Vorliebe für Zweikämpfe und andere Mutproben, zum Beispiel in der Gestalt von Überfällen zum Zwecke des Viehdiebstahls. Worin sie ihre gallischen Urahnen sogar noch übertreffen ist ihre Meisterschaft im Reiten. Diese Fähigkeit macht sie zu gefürchteten Gegnern bei Karthagern und Römern – und später zu heiß begehrten Söldnern.
Ein weiterer Unterschied zu Gallien: In Spanien hat Landbesitz – neben Vieh – einen deutlich höheren Stellenwert. Ein iberisches Element? Das Grundmodell der Gesellschaft ist auch hier die erweiterte Familie, zu vergleichen mit den schottischen Clans, etwa 100 bis 200 Personen stark. Einzelne prominente Führer gibt es nur im Kriegsfall. Ansonsten liegt die Stammesführung in den Händen eines Ältestenrates. Eine weitere Abweichung: Die Keltiberer beerdigen ihre Toten nicht unter Grabhügeln, wie es bei den gallischen Kelten bis tief in die La-Tène-Zeit üblich ist, sondern sie verbrennen sie. Diejenigen, die sich durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet haben, lässt man offen liegen und von den Geiern – heiligen Tieren – entfleischen. Allerdings begleiten auch in Spanien die Waffen ihren Besitzer über den irdischen Tod hinaus. Ein wesentlicher Unterschied jedoch besteht in der Kampfweise. Gallier wie Briten verabscheuen den Fernkampf, die Keltiberer kultivieren ihn. Sie sind Meister der Wurflanze und der Steinschleuder sowie des Guerillakrieges (wobei sie von den natürlichen Gegebenheiten ihrer Heimat hinlänglich unterstützt werden). Es sind vorrangig Überfälle aus dem Hinterhalt, mit denen sie ihre Feinde zermürben. Und wenn sie sich einmalin offener Schlachtordnung stellen, dann nur, um den Gegner durch ein Spiel von Scheinangriffen und -rückzügen in Verwirrung zu stürzen oder in einen Hinterhalt zu locken. Auch sind die Bindungen innerhalb einer keltiberischen Streitmacht anders als in einer gallischen. In Gallien folgen einem Kriegsherrn entweder seine Klienten, die mit ihm durch ein Beziehungsgeflecht verbunden sind, oder freiwillige Krieger, die sich auch wieder zurückziehen können. In Spanien versammeln sich die jungen Männer eines Stammes um ihren Heerführer und schwören ihm, ihn nicht zu überleben.
Von einer sehr unappetitlichen Eigenheit der Keltiberer berichten römische Geschichtsschreiber bis in die Zeiten Caesars: Sie waschen sich Körper und Zähne mit Urin. Aber: Dieses Verfahren ist nichts typisch Keltiberisches. Man kennt es auch bei anderen Völkern an völlig unterschiedlichen Ecken der Welt, wie zum Beispiel in Grönland oder bei den Hottentotten in Afrika. In jedem Fall geht es darum, die Haut unter extremen klimatischen Bedingungen, vor allem bei trockenen Witterungsverhältnissen, vor dem Aufspringen zu schützen und geschmeidig zu halten. Und: Was zu dieser Zeit als Zeichen der Unzivilisiertheit schlechthin dargestellt wird, ist heute gang und gäbe, denn es hat sich mit dem Bestandteil »Urea« längst in unsere Haut- und Zahnpflegeprodukte eingeschlichen.
Die religiösen Vorstellungen der Keltiberer sind mit bestimmten Orten, wie heiligen Bergen, und dem Mond verbunden. Sie verehren verschiedene Götter und bringen ihnen Opfer dar, ihre Kunst ist im Gegensatz dazu wenig differenziert. Die überlieferten Zeichnungen sind in ihren Formen sehr stark reduziert. Manche wirken eher kindlich naiv. Die Ornamente haben den geometrischen hallstättischen Stil nicht verlassen. Formen werden sehr stark reduziert, der Körper eines Mannes besteht zum Beispiel aus zwei Dreiecken, die sich an der Spitze berühren; das Gesicht wird nur durch die Hakennase als solches erkennbar.
Zwischen 237 und 206 v. Chr. steht der größte Teil der Iberischen Halbinsel unter karthagischer Oberherrschaft. Das Verhältnis zwischen
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