Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Militärwesen bis zu seinem Niedergang im 5. Jahrhundert n. Chr. nicht nur funktionieren, sondern ein wirkliches Weltreich erobern.
Marius handelt schnell und überlegt. Er marschiert zunächst an der Mittelmeerküste entlang den Teutonen und Ambronen entgegen und schlägt sie in einer erbitterten zweitägigen Schlacht der Nähe der Garnison Aquae Sextiae.
Dann wird die Zeit für Marius knapp. Die Kimbern haben inzwischen die Alpen überquert und rücken in die Poebene vor.
101 v. Chr. bringt Marius bei Vercellae (Vercelli in der Lombardei) nicht nur den Rückzug der zum Schutz der römischen Nordgrenze eingesetzten Legionen zum Stehen. Durch sein überragendes Charisma auf der einen Seite und sein kompromissloses Vorgehen gegen die eigenen Landsleute auf der anderen Seite gelingt es ihm, die Legionäre zu einem Gegenangriff zu mobilisieren. Und er gibt Rom das, was es von ihm erwartet. Erst schlägt er die Kriegerschaft dieses letzten der drei germanischen Stämme, danach wendet er sich den Familien der Kämpfer zu, die sich in ein Tal zurückgezogen haben, um den Ausgang der Schlacht abzuwarten. Die Schlacht gerät jetzt zum Schlachten. Marius hat den Befehl gegeben, wie es scheint mit dem Ziel, niemanden übrig zu lassen, der die Geschichte der germanischen Streifzüge gegen Rom in einer anderen als der römischen Diktion erzählen kann …
30 Jahre lang herrscht relative Ruhe. Dann ist es fatalerweise ein interner Zwist bei einem keltischen Stamm, der die zweite Phase des Untergangs der Kelten auf dem europäischen Festland einleitet.
Ambitionen und Intrigen: die Helvetier
Die Kelten kennen keine Heimat im modernen Sinne. Sie identifizieren sich ausschließlich über ihren Stamm. Wenn sie sich mit anderen keltischen Stämmen liieren, dann tun sie das nicht, weil es keltische Stämme sind und sich ein warmes Gefühl von Zusammengehörigkeit in ihnen ausbreitet, wenn sie aneinander denken. Wenn sie sich einen keltischen Stamm militärisch gefügig machen, dann weil dieser strategisch wertvoll ist. Wenn sie eine Allianz mit einem gleich starken oder auch stärkeren Stamm eingehen, dann ist das Berechnung. Wie gering das »keltische Nationalbewusstsein« ausgeprägt ist, zeigt schon allein die Tatsache, dass jeder Zusammenschluss – freiwillig oder erzwungen – mit der gegenseitigen Gestellung von Geiseln verbunden ist.
Die Partner in einer solchen Allianz sind beliebig austauschbar. Verträge werden gekündigt, neu abgeschlossen, ganz so, wie es gebraucht wird. Man denkt bei der Wahl der Partner nicht in den Kategorien »keltisch« oder »nicht keltisch« (eine Begrifflichkeit, die zu dieser Zeit ohnehin nicht existiert), sondern »nützlich« oder »wertlos«. Diese Denkweise ist es, die letztlich den Niedergang der keltischen Gemeinschaften in Europa begründen wird. Dieser wird eingeleitet, als einzelne keltische Stämme beginnen, sich ihre »Vertragspartner« außerhalb des keltischen Siedlungsgebietes zu suchen.
An der nordöstlichen Grenze Galliens, auf dem Gebiet zwischen Genfer See, Jura und Bodensee lebt der Stamm der Helvetier. Geführt wird er nicht von einem einzelnen Herrscher, sondern von einer Ratsversammlung. Die Helvetier gelten als einer der stärksten Stämme Galliens, gefestigt durch die permanenten Auseinandersetzungen mit den gefürchteten Germanen auf der anderen Seite des schweigend als Grenze anerkannten Rheins. Dass das eigentlich stabile Stammesgefüge ins Wanken gerät, hat objektive wie subjektive Gründe. Objektiv ist es eine unbestrittene Tatsache, dass es der wachsenden Wohlstandsgesellschaft der Helvetier innerhalb der Grenzen ihres Stammesterritoriums allmählich etwas zu eng wird. Der subjektive Faktor hat dagegen einen Namen: Orgetorix.
Orgetorix ist ein ehrgeiziger helvetischer Prinz, der mit jedem klüngelt, der ihm zu Macht verhelfen kann. Interessanterweise tut er das gleichzeitig mit zwei Parteien, die sich eigentlich als Feinde gegenüberstehen. Dumnorix, keltischer Traditionalist und Hardliner, ist ein einflussreicher Fürst bei den mächtigen Aedui, die im Jahre 61 v. Chr. noch unter der Führung seines römerfreundlichen Bruders Diviciac stehen. Durch eine Zweckheirat ist Dumnorix auch schon bald Schwiegersohn des Orgetorix. Der andere potenzielle Partner in dem Unternehmen »Helvetische Landsuche« ist Casticus, der (nachdem er auf Drängen des Orgetorix in einem Umsturz seinen Vater abgelöst hat) Herrscher der Sequani. Diese sind Nachbarn der Helvetier
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