Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Volk für sich zu gewinnen und so das höchste Amt Roms, das Konsulat zu erlangen, verschlingen Unsummen. In seinen besten Zeiten steht Caesar bei seinen Gläubigern mit 25 Millionen denarii in der Kreide; das entspricht einem Zehntel der gesamten Einkünfte des römischen Staates; der Jahressold eines Legionärs zu Caesars Zeiten ist 225 denarii
… Im Jahr 59 v. Chr., als die Helvetier an den Grenzen des Landes der Allobrogen stehen, steht Caesar auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Mit 41 Jahren ist er planmäßig Konsul in einer sogenannten nicht konstitutionellen Allianz mit Pompeius und Crassus. Zusammen hatten sie im Jahr zuvor das politische System Roms quasi außer Kraft gesetzt. De facto regiert nicht der Senat, sondern das Triumvirat aus Caesar, Pompeius und Crassus. Caesars Problem: Er ist zwar formal der Kopf, aber gleichzeitig der Schwächste in dieser »Dreimännerherrschaft«. Pompeius ist der Inbegriff des römischen Feldherrn und hat die gesamte Öffentlichkeit hinter sich, und Crassus zählt zu den wohlhabendsten Männern Roms.
Noch mehr als die Schulden drückt Caesar jedoch ein weiteres Problem. Seine Zeit läuft ab. Mit dem Ende des Jahres 59 v. Chr. endete sein Konsulat und damit seine Immunität. Nun hat er während seiner Amtszeit Maßnahmen eingeleitet, die nicht wirklich dazu geeignet sind, sich in Rom viele Freunde zu machen. Er hat ein Ackergesetz durchgesetzt, das unter anderem die Verteilung von Staatsland an 20
000 Bürger beinhaltete; er hat offen Pompeius unterstützt, der nicht nur dem Senat ein Dorn im Auge, sondern auch sein Schwiegersohn ist. Und er hat ein weiteres Gesetz zur Verschärfung der Bestimmungen gegen Erpressung in den Provinzen initiiert. Er ist so vielen Leuten auf die Füße getreten, dass es ein Wunder wäre, wenn sich keiner fände, der eine Anklage wegen Verrats gegen ihn konstruierte.
Caesar braucht einen herausragenden militärischen Erfolg, gepaart mit der Aussicht, sich finanziell zu sanieren. Idealerweise erreicht er das an einem Ort fernab von Rom, nicht nur wegen der eingeschränkten Möglichkeiten des Senats, ihn dort zu kontrollieren.
Was Caesar also in ausreichendem Maße hat, sind Schulden und politische Gegner. Was ihm dagegen fehlt, ist ein Rechtsgrund, militärisch gegen Gallia comata vorzugehen, ein Schritt, der bei Erfolg alle seine Probleme auf einen Schlag lösen würde. Nichts davon taucht jedoch in dem Werk auf, aus dem wir heute den Hauptteil unseres Wissens um das keltische Gallien des 1. vorchristlichen Jahrhunderts beziehen: De bello Gallico .
Dass Gallien reich ist, ist in Rom inzwischen keine Spekulation mehr, sondern gesichertes Wissen durch die intensiven Kontakte zwischen Händlern und gallischen Aristokraten. Das geht zum Teil so weit, dass römische Weinhändler in den Hügelfestungen gallischer Herrscher wohnen. Zu etlichen von diesen unterhält Rom auch außerordentlich gute Beziehungen auf politischer Ebene, wie zu den mächtigen Aedui unter ihrem Herrscher Diviciac (der übrigens, um seine Machtposition noch zu unterstreichen, gleichzeitig oberster Druide des Stammes ist). Eigentlich strahlt die Region – sehr zu Caesars Leidwesen – eine Aura der Stabilität aus.
Mit dem Exodus der Helvetier jedoch scheint sich eine Chance aufzutun.
Und Caesar taktiert außerordentlich geschickt, innen- wie außenpolitisch. Dass er den Helvetiern den Durchzug durch das Territorium der Allobrogen verweigert, ist eine Entscheidung, die in seinem Ermessen liegt. Er ist kraft seines Amtes für die Sicherung der römischen Provinz in Gallien zuständig, was diplomatische Aktivitäten nach jenseits der Provinzgrenze einschließt.
Gleichzeitig erstattet er dem römischen Senat Bericht über die große Wanderung der Helvetier. Dabei ist es für ihn ein Leichtes, den so fernab vom eigentlichen Geschehen Sitzenden ein Horrorszenario aufzuzeigen, das die Bilder vom terror Gallicus wiederwach werden lässt. Insofern erntet er auch keinen Widerspruch, als er angesichts dieser »ungeheuren Bedrohung« die römische Militärpräsenz auf dem Stammesterritorium der Allobrogen verstärkt. Was er nicht bekommt, ist ein Senatsbeschluss für einen Krieg außerhalb des ager Romanus .
Für die Helvetier ist eine Rückkehr in ihre alten Siedlungsgebiete keine betrachtungswerte Alternative. Für eine Auseinandersetzung mit Rom besteht aus ihrer Sicht auch keine Gefahr, da sich die Sequani nicht gerade durch übertriebene Römerfreundlichkeit
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