Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
dieser Veranstaltung gibt es nur wenige, die mitspielen dürfen. Und so befremdlich diese Kriege und die damit verbundenen Rituale auf den Beobachter auch wirken mögen, so erfüllen sie doch wichtige Funktionen im Stammesleben. Für die Jugendlichen sind sie Lehrvorführung und Schutzmechanismus zugleich, denn sie legen fest, dass nur diejenigen ernsthaft kämpfen, die genug Erfahrung haben. Man wird sie langsam heranführen, vielleicht im Rahmen von Frauen- oder Viehdiebstählen. Im Laufe der Jahre werden die gemeinsamen Kampferfahrungen sie mit ihren Kameraden zusammenschweißen, und wenn sie später eigenständig sind, selbst Familien haben, Land bewirtschaften oder Viehherden ihr Eigen nennen, dann regeln diese Schlachten die Fragen des Status, der Hierarchie, betonen und festigen alte Bündnisse, lösen sie auf, initiieren neue Allianzen. Vitale Funktionen in einer Gesellschaft, in der es keine zentrale Führung gibt.
Doch nicht immer findet der Leitsatz »Dabei sein ist alles« uneingeschränkten Zuspruch. Wenn es in Zeiten des Wohlstands immer mehr Krieger gibt, von denen immer weniger zum Kämpfen kommen, entstehen Spannungen. Früher oder später öffnet sich dann ein Ventil, damit die überschüssigen Energien abfließen können. Viele Krieger verdingen sich auf »freiberuflicher Basis« als Kämpfer bei anderen Stämmen. Oder gar anderen Völkern. Bereits 368 v. Chr. kämpfen keltische Söldner für Sparta gegen das verfeindete Theben. Dieser »Mangel an Gelegenheit« ist auch der Hintergrund für eine Gruppierung, die unter dem Namen »Gaesaten« in den Erzählungen klassischer Berichterstatter auftaucht. Ursprünglich wurden sie für eine eigene keltische Volksgruppe gehalten, dabei handelt es sich wohl eher um einen Zusammenschluss solcher »freiberuflichen« Krieger, die sich als Gruppe eine eigene Identität geschaffen haben, ähnlich, um den hinkenden Vergleich einmal heranzuziehen, der französischen Fremdenlegion, die sich aus Söldnern verschiedener Nationalitäten zusammensetzen, die ihre eigene Identität zugunsten »der Legion« aufgeben. Berüchtigt sind die Gaesaten vor allemfür zwei Besonderheiten: Zum einen sind sie außerordentlich gute Speerwerfer, ihr Name heißt übersetzt »Speermänner« (von gae , dem altkeltischen Wort für »Speer«). Zum anderen kämpfen sie grundsätzlich nackt. Letzteres hat vor allem religiöse Gründe. Nacktheit gefällt den Göttern, also ist nackt kämpfen eine heilige Handlung. Es würde aber auch durchaus dem militärischen Elitetruppen innewohnenden Hang zur praktischen Sachlichkeit entsprechen. Im Falle einer Verletzung kann kein verschmutzter Stoff in die Wunde geraten, der dort zu Infektionen und Entzündungen führt. Im Übrigen beschränkt sich diese Eigenheit nachweislich nicht auf die Gaesaten, noch nicht einmal auf die Kelten, denn Nacktkämpfen war auch im antiken Griechenland üblich.
Auf den ersten Blick scheint es, als würden auf militärischer Ebene zwei völlig verschiedene Welten aufeinanderprallen. Aber das stimmt so nur bedingt. Auch in Rom gibt es durch alle Epochen hindurch hoch ambitionierte Feldherren, die im Kriegshandwerk mehr als nur einen Beruf sehen und die von ihrer Grundeinstellung den Kelten näherstehen, als ihnen vielleicht bewusst oder auch lieb ist. An dieser Stelle sei nur das Beispiel der für die Kelten typischen Einzelkämpfe genannt. Diese üben offensichtlich als Symbol des Kriegerideals eine solche Faszination aus, dass zumindest drei Fälle überliefert sind, in denen römische Feldherrn die Herausforderungen ihrer keltischen Gegner angenommen und sich auf den Einzelkampf eingelassen haben: Manlius Torquatus im Jahre 367 v. Chr., Marcus Valerius Corvinus 348 v. Chr. (beide in Norditalien im Kampf gegen die Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. über die Alpen gekommenen Kelten) und 151 v. Chr. der spätere Bezwinger Karthagos Publius Cornelius Scipio Aemilianus vor der Einnahme der Stadt Intercantia in Spanien.
Und dies sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten zwischen Kelten und Römern.
Primitive Gesellschaften am Rande der Zivilisation?
Von Riten und Symbolen
»Die Kelten sitzen auf getrocknetem Gras und erhalten ihre Mahlzeiten auf niedrigen Holztischen serviert. Ihr Essen besteht aus einer kleinen Anzahl von Brotlaiben und einer großen Menge an Fleisch, entweder gekocht oder auf Holzkohle oder am Spieß gebraten. Sie beißen davon auf eine saubere, nichtsdestoweniger raubtierartige Weise ab,
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