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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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stillgelegt wird, vollführt der Besitzer ein Ritual, mit dem er sich mit kleinen Gaben für die Sicherstellung seiner Versorgung mit Lebensmitteln bedankt. Dass dieses häusliche Ritual in frappierender Weise der großen Zeremonie am Ritualschacht gleicht, ist kein Zufall, werden doch tiefe Löcher und Schächte als Verbindung zur Welt der Erdgötter betrachtet.
    Der zentrale Platz im Wohnraum eines keltischen Hauses ist das Herdfeuer. Es gilt als sicher, dass es nicht nur dem Kochen oder Braten und der Heizung dient, sondern auch religiöse Bedeutung hat. Ein weiterer Ort im Haus, an dem seine Bewohner mit den Göttern kommunizieren, ist die Türschwelle. Bis in unsere Tage werden in etwas abgelegenen Landschaften von Cornwall, Schottland und Wales, also den Gegenden, in denen sich das keltische Element am längsten gehalten hat, Dinge unter der Schwelle vergraben, um sich der Gunst der unsichtbaren Geister zu versichern.
    Geben und Nehmen.
    Das große Gleichgewicht erhalten.

Land der Wilden, Land der Dunkelheit
Terra incognita
    Es liegt in der Psyche des Römers, dass er alles als bedrohlich empfindet, was er nicht kontrollieren kann. Die Umwandlung von eroberten Gebieten in nach römischem Vorbild verwaltete Provinzen ist nichts anderes, als die Herstellung eben dieser Kontrolle. Die militärische Eroberung der Hoheitsgebiete anderer Völker hat somit neben dem reinen materiellen Aspekt auch die Funktion, diese externen Angstfaktoren abzuschaffen. Kein Wunder also, dass derjenige in Rom das höchste Ansehen genießt, der möglichst viele dieser Angstfaktoren beseitigt, auf dass das römische Gemeinwesen unbehelligt gedeihen und prosperieren kann. Das heißt nichts anderes als: Wahre Autorität kann der Römer nur auf dem Schlachtfeld erringen.
    Nun sind nicht alle Römer weit gereist oder belesen, oder stehen als Händler in direktem Kontakt mit keltischen Handelspartnern. Für den durchschnittlich gebildeten Römer sind die keltischen Territorien, die außerhalb des ager Romanus liegen, ein großes, dunkles Land mit primitiven, wilden Eingeborenen.
    Versetzen wir uns einmal in die Rolle eines durchschnittlich gebildeten Römers, der sein Wissen über die keltischen Länder aus den Erzählungen Dritter bezieht. Da sich diese sicher zu einem nicht geringen Teil durch Unkenntnis, Unverständnis und Übertreibungen auszeichnen, mag man den Römern ihr verzerrtes Keltenbild und eine gewisse Paranoia nachsehen. In moderne Zeiten projiziert: Wer sich historisch völlig unvorbelastet den Ridley-Scott-Film »Gladiator« ansieht, der muss angesichts der Eingangsszene (einer Schlacht zwischen disziplinierten, reinlich und patriotisch wirkenden römischen Legionen und wilden Horden der Germanen) ebenfalls zu der Annahme gelangen, dass am Rande des Römischen Reiches nur schmuddelige Wilde gehaust haben.
    Ein Römer, der mit diesem Bild im Kopf keltische Territorien betritt, ist überrascht. Keine schmutzigen, struppigen, wilden Gesellen in Lumpen, sondern Menschen, die erstaunlicherweise sehr auf ihr Äußeres achten, die sehr reinlich sind und auf ihre Kleidung besonderen Wert legen. Man zieht sich nicht auf den Leib, was man gerade findet, sondern es gibt so etwas wie ein Bewusstsein für Mode und wer was bei welchen Gelegenheiten trägt. Einige Wohlhabende kleiden sich sogar in Seide – ein Beweis für die weitreichenden Handelsverbindungen, und als besonders edel gilt Kleidung mit eingesponnenen oder eingewebten Goldfäden. Der »normale« Mann kleidet sich in lange Hemden oder Tuniken und (außer in Irland) ein Kleidungsstück, das die Römer wahlweise als barbarisch oder weibisch betrachten – allerdings nur so lange, bis sie seinen praktischen Nutzen erkennen und es dann sogar selbst zum Standard für die berittenen Truppeneinheiten machen. Auf Keltisch heißen sie bracae , ein Wort, das noch heute im schottischen und irischen Englisch als breeches existiert und »Hosen« bedeutet.
    Zu einem anderen Exportschlager der Kelten entwickelt sich der dicke Wollmantel, den die Gallier mit Gürtel und Fibel tragen und den die Römer (mit Ausnahme des karierten Musters) direkt als Kleidung für ihre Legionen in den kühleren Regionen übernehmen. Die Kleidung der Frau besteht aus zwei Stoffrechtecken, die an den Seiten zusammengenäht und an den Schultern mit Fibeln zusammengehalten werden. Ergänzt wird das ganze durch waden- oder (um die Sichtbarkeit der wertvollen Fußbänder zu gewährleisten) maximal knöchellange

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