Herrscher der Erde
wohnt Pete?«
»Es gibt einige Zimmer da unten.«
Er wandte sich ab, tat ein paar tiefe Atemzüge in der feuchten Luft, die nach Salz schmeckte, und sah sie dann wieder an.
Colleen zitterte. »Ich weiß, daß es nicht am Musikron liegt. Ich ... sie ...« Sie begann zu weinen.
Er trat näher an sie heran und legte seinen Arm um ihre Schulter. Er fühlte, wie sie zitterte. Sie lehnte sich an ihn, und das Beben hörte auf.
»Ich werde diese Pläne beschaffen. Dann können Sie sich davon überzeugen, daß es nicht am Musikron liegt.«
»Colleen ...« Er drückte sie fester und spürte ein warmes Gefühl in sich aufsteigen.
Sie schmiegte sich an ihn. »Ja?«
Er beugte sich zu ihr hinab. Ihre Lippen waren warm und weich. Sie klammerte sich an ihn. Dann nahm sie ihren Kopf zurück, blieb aber in seinen Armen.
»Es ist unrecht.«
Wieder beugte er sich hinab, und sie kam ihm auf halbem Wege entgegen. Es war ein sanfter Kuß.
Sie wandte ihren Kopf zur Bucht. »Es kann nicht so rasch kommen«, flüsterte sie. »So rasch und ohne Warnung.«
Er näherte sein Gesicht ihrem Haar und atmete ein. »Was?«
»Das Gefühl, als käme man heim.«
Er schluckte. »Mein Liebling.«
Wieder fanden sich ihre Lippen. Sie befreite sich aus seiner Umarmung und legte eine Hand auf seine Wange. »Ich muß gehen.«
»Wann sehe ich dich?«
»Morgen. Ich werde Pete sagen, ich müsse Besorgungen machen.«
»Wo?«
»Hast du ein Labor?«
»In dem Haus, in dem ich wohne. Chalmers Place auf der anderen Seite des Sees. Es steht im Telefonbuch.«
»Ich komme, sobald ich die Pläne habe.«
Wieder küßten sie einander.
»Ich muß wirklich gehen.«
Er hielt sie fest.
»Wirklich.« Sie löste sich aus der Umarmung. »Gute Nacht« – sie zögerte – »Eric.« Sie verschwand im Schatten.
Er hörte das Surren des Aufzugs, lehnte sich gegen die Betonbrüstung und machte einige tiefe Atemzüge, um sich zu beruhigen.
*
Im Innern des Musikrons: ein schmächtiger Mann mit einem verkniffenen Gesicht. Haß. Er denkt: Das war vielleicht eine rührende Liebesszene! Pause. Der Doktor möchte etwas zum Lesen? Verzerrtes Lächeln. Ich werde es ihm verschaffen. Er soll eine Beschäftigung haben, nachdem wir abgereist sind.
Ehe er zu Bett ging, schickte er Mrs. Bertz, seiner Sekretärin, ein Transgramm, in dem er sie beauftragte, alle Verabredungen für den folgenden Tag abzusagen. Er konnte nicht einschlafen und praktizierte Yoga-Atmung. Seine Sinne blieben angespannt. Er schlüpfte aus dem Bett, zog sich den Morgenmantel und Sandalen an. Er blickte auf die Uhr. 2:05, Samstag. 15. Mai 1999. Er dachte: Vor fünfundzwanzig Stunden – ein Alptraum. Jetzt – ich weiß es nicht. Er lächelte. Doch, ich weiß es – ich bin verliebt. Ich fühle mich wie ein Jüngling.
Er holte tief Atem. Ich bin verliebt. Er schloß die Augen und dachte an Colleen. Eric, wenn du das Geheimnis der Wahnsinnsseuche lösen kannst, dann gehört die Welt dir. Die Gedanken machten einen Sprung. Ich bin auf dem Weg zum Größenwahn. Plötzlich überlegte er: Was ist, wenn Pete mit dem Musikron aus Seattle verschwindet?
Er schnippte mit den Fingern, trat ans Visifon und rief ein Reisebüro an, das die ganze Nacht offen hatte. Für eine besondere Gebühr stimmte eine Angestellte seinem Wunsch zu, ihm bestimmte Informationen zu verschaffen. Er gab ihr seine Kontonummer, unterbrach die Verbindung und trat an das Fach mit den Mikrofilmen neben seinem Bett. Er fuhr mit dem Finger das Inhaltsverzeichnis entlang, bis er auf den gesuchten Titel stieß: »Die Bedeutung enzephalographischer Wellenformen. Eine Studie der neun Gehirnwellen von Dr. Carlos Amanti.« Er schob den Selektor vor die Kassette, schaltete den Schirm über dem Fach ein und begab sich mit dem Fernbedienungsgerät wieder zu Bett.
Auf dem Schirm erschien die erste Seite, und die Zimmerbeleuchtung wurde automatisch gedämpft. Er las:
»Es gibt eine ganze Skala von Vibrationsimpulsen, die das Gehörbereich des Menschen umfassen und auch darüber hinausgehen, und die Furchtempfindungen verschiedenen Grades hervorrufen. Bestimmte Vibrationsimpulse, die man unter dem Begriff Geräusche zusammenfassen kann, berühren die Extreme der menschlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten. Man kann sagen, daß jedes Gefühl die Reaktion auf Stimulation durch harmonische Bewegung, durch Schwingungen ist.
Viele Forscher haben Gefühle mit charakteristischen Gehirnwellen verknüpft: Carters Arbeit an Zeta-Wellen und Liebe;
Weitere Kostenlose Bücher