Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
hat es verdient. Ich könnte die Menge dazu bringen, dass sie ihn in Stücke reißt.«
»Und sein Stellvertreter würde die Macht übernehmen«, wandte Weher ein, »und dann all die Leute hier hinrichten lassen. Wir sind noch nicht gut genug vorbereitet.«
»Du scheinst nie gut genug vorbereitet zu sein, Weher«, fuhr sie ihn an.
»Diese Dinge erfordern …«
»Wartet«, sagte Sazed und hob die Hand. Er runzelte die Stirn und beobachtete das Gebäude. Eines der vernagelten Fenster – eine Gaube hoch oben im Spitzdach – schien zu erzittern.
»Seht nur!«, rief Sazed. »Da!«
Weher hob eine Braue. »Vielleicht hat unser Flammengott jetzt seinen großen Auftritt?« Er grinste bei diesem Gedanken, den er offenbar für lächerlich hielt. »Ich frage mich, was uns diese abscheuliche kleine Erfahrung lehren sollte. Ich persönlich glaube, die Männer, die uns hergebracht haben, wussten nicht, was sie …«
Plötzlich löste sich eines der Bretter vor dem Fenster, segelte durch die Luft und zog wirbelnden Rauch hinter sich her. Dann fiel das ganze Fenster nach draußen.
Eine dunkel gekleidete Gestalt sprang durch den Rauch und das gesplitterte Holz und landete auf dem Dach. Ihr langer Mantel schien an mehreren Stellen Feuer gefangen zu haben, und in den Armen trug sie ein kleines Bündel. Ein Kind. Die Gestalt rannte über das brennende Hausdach, sprang an der Vorderseite des Gebäudes herunter und zog den Rauch hinter sich her.
Der Mann landete mit der Anmut eines Allomanten, der Weißblech verbrennt, und er stolperte nicht einmal, obwohl er zwei Stockwerke tief gesprungen war. Sein Mantel bauschte sich um ihn auf. Die Leute wichen überrascht vor ihm zurück, und Quellion wirbelte entsetzt herum.
Als sich der Mann aufrichtete, glitt ihm die Kapuze vom Kopf. Erst jetzt erkannte Sazed ihn.
Spuki stand aufrecht da und wirkte im Sonnenlicht älter, als er eigentlich war. Vielleicht auch hatte Sazed ihn bis zu diesem Augenblick immer nur als Kind angesehen. Jedenfalls sah der junge Mann Quellion stolz an; seine Augen waren hinter einem Tuch verborgen, und sein Körper stieß Rauchwölkchen aus, während er das hustende Kind in den Armen hielt. Die zwanzig Soldaten, die das Gebäude umgaben, schienen ihn nicht im Geringsten einzuschüchtern.
Weher fluchte leise. »Allrianne, jetzt brauchen wir doch einen Aufstand!«
Plötzlich spürte Sazed, wie sich ein Gewicht gegen ihn presste. Weher besänftigte seine quälenden Empfindungen — seine Verwirrung, seine Besorgnis – und machte Sazed genau wie die Menschen empfänglich für Allriannes konzentrierte Anstachelung der Wut.
Die Menge explodierte; Menschen schrien den Namen des Überlebenden und stürmten auf die Wachen zu. Trotz des seltsamen Verbandes vor Spukis Augen wusste Sazed, dass der Junge Quellion anstarrte – als wollte er den Ersten Bürger herausfordern.
Doch schließlich wandte sich Spuki ab. Die Menge lenkte die Soldaten ab, und Spuki rannte los. Er schien sich unmöglich schnell zu bewegen. Er schoss in eine Gasse hinein, hielt das Mädchen, das er gerettet hatte, weiterhin in den Armen, und sein Mantel zog den Rauch hinter sich her. Sobald Spuki einen guten Vorsprung hatte, zerschmetterte Weher den Willen des Volkes zum Aufstand und bewahrte die Menschen davor, von den Soldaten verletzt zu werden. Die Leute wichen zurück und zerstreuten sich. Doch die Soldaten des Ersten Bürgers drängten sich dicht um ihren Anführer. Sazed hörte deutlich die Enttäuschung und Wut in der Stimme des Ersten Bürgers, als er zum unvermeidlichen Rückzug rief. Er konnte nur wenige Männer für die Jagd auf Spuki entbehren, solange noch die Gefahr einer
Rebellion bestand. Zuerst musste er sich selbst in Sicherheit bringen.
Als die Soldaten davonmarschierten, warf Weher Sazed einen raschen Blick zu. »Nun«, bemerkte er, »das war doch ein wenig unerwartet.«
Ich glaube, die Kolosse waren klüger, als wir es ihnen zugestehen wollten. Zum Beispiel benutzten sie anfänglich nur die Stacheln, die ihnen der Oberste Herrscher gab, zur Erschaffung neuer Kolosse. Er stellte das Metall und die unglücklichen Skaa-Gefangenen zur Verfügung, und die Kolosse machten daraus neue »Rekruten«.
Nach dem Tod des Obersten Herrschers hätten die Kolosse eigentlich rasch aussterben müssen. Wenn sie sich seiner Kontrolle entziehen sollten, dann würden sie sich gegenseitig töten und so ihr Ende selbst herbeiführen; so hatte er es erwartet. Doch irgendwie kamen sie zu dem
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