Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
über der Quelle errichtet worden. Wie dem auch sei, sie war dort, unmittelbar unter dem Palast des Obersten Herrschers. Warum hatte Ruin so lange gewartet, um sich zu befreien? Und warum hatte er von allen möglichen Menschen ausgerechnet Vin dazu benutzt?
Sie schüttelte den Kopf, als sie bei ihrem Ziel ankam – dem einzigen anderen Gegenstand von Interesse in der gewaltigen Höhle. Eine Metallpatte an der Wand. Sie hob die Hand und fuhr mit den Fingern über den glatten Stahl. Sie war nie eine gute Leserin gewesen, und im letzten Jahr – das sie mit Krieg und Reisen verbracht hatte – hatte sie es kaum geschafft, diese Fähigkeit zu verbessern. Daher hatte es einige Zeit gedauert, bis sich ihre Finger durch jede Vertiefung in der Platte gearbeitet hatten und sie begriff, was dort geschrieben stand.
Es war keine Karte. Oder zumindest keine solche wie in den übrigen Vorratshöhlen. Stattdessen gab es einen einfachen Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Vin wusste nicht recht, was das bedeuten sollte. Der Text war gleichermaßen enttäuschend. Abermals fuhr Vin mit den Fingern über die Einritzungen, auch wenn sie den Text schon lange auswendig gelernt hatte.
Ich habe euch im Stich gelassen.
Ich habe diese Höhlen in dem Wissen geplant, dass ein Unheil droht. Ich hatte gehofft, ich könnte ein Geheimnis finden, das von Nutzen ist, falls ich den Ränken dieses Dinges zum Opfer falle. Doch ich habe nichts. Ich weiß nicht, wie man es besiegen kann. Ich weiß nur, dass ich es im Zaum halten kann, wenn ich bei seiner Rückkehr die Macht bei der Quelle wieder für mich nehme.
Aber wenn du diese Zeilen liest, habe ich versagt. Das bedeutet, dass ich tot bin. Während ich dies schreibe, finde ich die Aussicht darauf weniger tragisch, als ich bisher angenommen hatte. Ich würde mich lieber nicht mit diesem Ding abgeben. Es ist mein stetiger Begleiter gewesen – die Stimme, die mir andauernd etwas zuflüstert, die mir andauernd sagt, ich solle zerstören, und die mich anfleht, ihm die Freiheit zu schenken.
Ich spüre, dass es meine Gedanken verdorben hat. Es kann nicht herausfinden, was ich denke, aber es kann in meinem Kopf sprechen. Da es nun schon achthundert Jahre andauert, ist es für mich schwierig geworden, meinen eigenen Gedanken zu trauen. Manchmal höre ich die Stimmen und nehme einfach an, dass ich verrückt bin.
Das wäre der Wahrheit vorzuziehen.
Ich weiß, dass diese Worte in Stahl geritzt werden müssen, um Bestand zu haben. Ich habe sie auf eine Stahltafel geschrieben und dann befohlen, dass sie auf eine Platte übertragen werden, obwohl ich dadurch vor meinen Priestern meine eigene Schwäche offenkundig mache. Das Ding hat mir zugeflüstert, ich sei ein Narr, weil ich mich offenbare, indem ich dies schreibe und es die anderen lesen lasse.
Das ist der Hauptgrund, aus dem ich die Herstellung dieser Tafel befohlen habe. Es scheint das Ding wütend zu machen. Das ist Grund genug, glaube ich. Es ist gut, dass einige meiner treuen Priester von meiner Schwachheit wissen, und sei es nur um des Reiches willen, wenn ich stürzen sollte.
Ich habe versucht, ein guter Herrscher zu sein. Zuerst war ich zu jung und zu wütend. Ich habe Fehler begangen. Doch ich habe mich so sehr bemüht. Mit meiner Anmaßung hätte ich die Welt beinahe zerstört, und ich befürchte, durch meine Herrschaft habe ich sie wiederum an den Rand der Vernichtung geführt. Ich kann es besser. Ich werde es besser machen. Ich werde ein Land der Ordnung erschaffen.
Doch die Gedanken in meinem Kopf führen mich zu der Frage, wie vieles von dem, was ich tue, von meinen ursprünglichen Absichten abweicht. Manchmal erscheint mir mein Reich als Ort des Friedens
und der Gerechtigkeit. Doch wenn dem so ist, warum kann ich dann nicht die Rebellionen unterbinden? Meine Untertanen können mich nicht besiegen, und ich muss jedes Mal, wenn sie sich erheben, ihre Hinrichtung befehlen. Begreifen sie nicht die Vollkommenheit meines Systems?
Wie dem auch sei, dies ist nicht der richtige Ort für Rechtfertigungen. Ich benötige keine Rechtfertigung, denn ich bin – in gewisser Weise – Gott. Aber ich weiß, dass es etwas Größeres als mich gibt. Wenn ich vernichtet werden kann, dann wird die Ursache meiner Vernichtung dieses Größere sein.
Ich habe keinen Rat zu geben. Es ist mächtiger als ich. Es ist mächtiger als diese Welt. Tatsächlich behauptet es, diese Welt erschaffen zu haben. Am Ende wird es uns alle vernichten.
Vielleicht kann die
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