Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
keinen Sinn zu kämpfen, denn nichts war mehr von Bedeutung.
Sazed zwang sich, nicht mehr in dieser Richtung weiterzudenken, aber das war schwierig. Manchmal machte er sich Sorgen über seine Melancholie. Leider bereitete es ihm meistens sogar große Anstrengung, über seine pessimistischen Neigungen nachzugrübeln.
Die Larsta, sagte er zu sich selbst. Konzentriere dich auf ihre Religion. Du musst eine Entscheidung treffen.
Wehers Bemerkungen hatten Sazeds Gedanken angestachelt. Die Larsta hatten sich so sehr auf Schönheit und die Kunst als »Göttliches« konzentriert. Wenn Göttlichkeit tatsächlich in irgendeiner
Beziehung zur Kunst stand, dann konnte kein Gott in das verwickelt sein, was gegenwärtig mit der Welt geschah. Die Asche, die trübe, bedrückende Landschaft … das war mehr als nur »fantasielos«, wie Weher es genannt hatte. Es war vollkommen geistlos. Dumpf. Monoton.
Religion unwahr, schrieb Sazed an den unteren Rand des Blattes. Lehren widersprechen den beobachteten Ereignissen.
Er zog die Bänder seiner Mappe auf und legte das Blatt hinein. Wieder war er dem Ende seiner Arbeit einen Schritt näher gekommen. Sazed bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Weher ihn beobachtete; der Besänftiger liebte Geheimnisse. Sazed bezweifelte, dass der Mann noch immer beeindruckt sein würde, wenn er herausfand, worum es bei dieser Arbeit eigentlich ging. Wie dem auch sei, Sazed hätte es gern gesehen, wenn Weher ihn bei diesen Studien nicht behelligte.
Trotzdem sollte ich nicht so schroff zu ihm sein, dachte Sazed. Er wusste, dass der Besänftiger nur auf die ihm eigene Art helfen wollte. Weher hatte sich verändert, seit sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Früher war Weher – trotz gelegentlicher Anzeichen von Mitleid – wirklich der selbstsüchtige, gleichgültige Ränkeschmied gewesen, der zu sein er jetzt nur noch vorgab. Sazed vermutete, dass Weher Kelsiers Mannschaft nicht aus dem Wunsch, den Skaa zu helfen, beigetreten war, sondern wegen der Herausforderung, die Kelsiers Plan dargestellt hatte – um die reiche Beute, die er in Aussicht gestellt hatte, erst gar nicht zu erwähnen.
Diese Beute – der Atiumschatz des Obersten Herrschers – hatte sich als Mythos herausgestellt. Doch Weher hatte andere Belohnungen gefunden.
Sazed bemerkte, wie sich jemand vor ihm durch die Asche bewegte. Die Gestalt trug Schwarz, doch vor dem Hintergrund des Aschefeldes war es leicht, auch nur die leiseste Andeutung von Fleischfarbe zu erkennen. Es schien einer ihrer Späher zu
sein. Hauptmann Goradel befahl der Kolonne anzuhalten und schickte dann einen Mann aus, der mit dem Späher reden sollte. Sazed und Weher warteten geduldig.
»Späherbericht, Herr Botschafter«, sagte Hauptmann Goradel, als er kurze Zeit später neben Sazeds Pferd trat. »Die Armee des Herrschers ist nur noch ein paar Hügel entfernt – weniger als eine Stunde.«
»Gut«, sagte Sazed und freute sich darauf, etwas anderes zu sehen als die trostlosen schwarzen Hügel.
»Sie haben uns anscheinend bereits bemerkt, Herr Botschafter«, fuhr Goradel fort. »Reiter nähern sich uns. Sie sind sogar schon …«
»… da«, sagte Sazed und deutete mit dem Kopf zu der Stelle, wo ein Reiter auf einer Hügelkuppe erschien. Er war leicht vor dem schwarzen Hintergrund zu erkennen. Nicht nur bewegte er sich sehr schnell – er trieb sein armes Pferd im Galopp über die Straße –, sondern er war auch noch rosafarben.
»Oje«, meinte Weher und seufzte.
Die im Sattel auf und nieder hüpfende Gestalt stellte sich als die einer jungen Frau mit goldenen Haaren und einem hellrosa Kleid heraus, in dem sie jünger wirkte als die etwa zwanzig Jahre, die sie in Wirklichkeit zählte. Allrianne hatte eine Schwäche für Spitzen und Rüschen, und für gewöhnlich trug sie sehr auffällige Farben. Sazed erwartete, dass jemand wie sie ein schlechter Reiter war. Doch Allrianne ritt mit meisterlicher Leichtigkeit, die sie auch unbedingt brauchte, um in einem so frivolen Kleid auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes zu bleiben.
Die junge Frau bremste ihr Pferd vor Sazeds Soldaten ab, und riss das Tier in einem Wirbel aus gekräuseltem Tuch und goldenem Haar herum. Sie wollte gerade absteigen, zögerte aber, als sie die einen halben Fuß tiefe Ascheschicht auf dem Boden bemerkte.
»Allrianne?«, fragte Weher nach einem Augenblick des Schweigens.
»Psst«, machte sie. »Ich versuche zu entscheiden, ob ich wirklich mein Kleid schmutzig machen will, indem
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