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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund
Autoren: Andre Norton
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Küstenlinie, damit sie sehen konnten, ob sich ihnen etwas näherte.

    „Wer – oder was – war das bloß?“ fragte Sander, als sie am Abend zwischen den Dünen ein Lager aufgeschlagen hatten und über einem freundlichen Feuer die Krabben garten, die Rhin aus dem Sand gebuddelt hatte. „Hast du sie früher schon gesehen, oder hast du von ihnen gehört?“
    „Die Baummänner?“ Fanyi war damit beschäftigt, ihre Taschen wieder einzuräumen, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß der Inhalt nicht unter der brutalen Behandlung gelitten hatte. „Ich weiß nicht. Ich vermute, sie sind erst vor kurzem hierhergezogen, denn mein Volk ist jedes Jahr zum Nüssesammeln in diesen Wald gekommen. Und nie zuvor haben wir sie gesehen. Du meinst, sie sind gar keine Menschen?“
    „Ich hab’ keine Ahnung. Mir scheinen sie eher wie Tiere, noch eine Stufe tiefer als Rhin oder deine beiden Begleiter. Und warum sollten sie einer Riesin dienen?“
    „Während der Finsteren Zeit hat es sehr viele sonderbare Veränderungen unter Mensch und Tier gegeben. Mein Vater“ – ihre Hand umschloß den Anhänger – „wußte davon. Er erzählte meiner Mutter, daß einige Tiere sich so gewandelt hätten, daß sie dem Menschen ähnlicher wurden. Vielleicht geschah das auch mit einigen Menschen: daß sie nämlich den Tieren ähnlich wurden. Diese Waldleute stehen noch tiefer als die Sklavenjäger.“ Wieder kam der wilde Ausdruck in ihre Augen, als sie von den Feinden sprach, die Padford ausgelöscht hatten. „Wir waren wahrscheinlich als Opfer gedacht, um ihr Riesenweib gnädig zu stimmen.“
    Sander schauderte. Er bemerkte nun auch, daß alle drei Tiere sich nahe beim Feuer hielten und nicht wie gewöhnlich jagten. Vielleicht spürten sie die Fremdheit dieser Gegend und die Gefahr, die unter der stillen Oberfläche lauerte.
    Er schlug vor, sie sollten abwechselnd wachen, damit das Feuer nicht ausging. Fanyi stimmte ihm sofort zu, bestand aber darauf, daß er als erster schlafen sollte, da er wegen seines schweren Sacks mehr hatte erdulden müssen. Er wollte ihr widersprechen, doch er erkannte, wie kindisch und unangebracht sein Stolz war: sie hatte unzweifelhaft recht.
    Als sie ihn weckte, war es bereits Nacht. Rhin hatte seinen Kopf auf die Vorderpfoten gebettet, und seine gelben Augen verfolgten aufmerksam, wie Sander aufstand, um Holz auf die Glut zu schichten. Die anderen beiden Tiere hatten sich zu Bällen zusammengerollt, und Fanyi legte sich neben sie.
    Über ihm glitzerten die Sterne hell und klar, und das monotone Geräusch der Wellen wirkte einschläfernd. Sander stand auf und bedeutete dem Kojoten, ruhig liegen zu bleiben. Er ging hinunter zum Strand und sammelte das angeschwemmte Holz. Er war zu rastlos, um still sitzen zu können.
    Nach einer Weile kehrte er zum Feuer zurück und legte Holz nach. Rhin schloß die Augen wieder, als er sah, daß Sander sich niederließ. Fanyi atmete gleichmäßig. Der Schlaf machte ihr Gesicht sehr jung, fast unerfahren. Aber das war sie nicht. Immerhin verdankte er ihr sein Leben – oder den Pelztieren. Dieser Gedanke gefiel ihm nicht besonders. Er hatte sich benommen wie ein Hütejunge, der zum erstenmal eine Herde führt.
    Finster runzelte er die Stirn. Dann öffnete er seinen Werkzeugsack und betrachtete ein Stück nach dem anderen. Diese beiden Hämmer, die er in Padford gefunden hatte, sollten Stiele bekommen. Im Moment hatte er allerdings nur Treibholz, das ihm nicht stark genug schien. Wenn er einmal Zeit hatte, wollte er geeignetes Holz suchen, damit sie einen Stiel bekamen. Sicher würden sie herrlich ausbalanciert sein, waren sie erst einmal fertig zum Gebrauch.
    Dann dachte er an den Mann, der sie einst benutzt hatte. Was für ein Schmied hatte Padford gedient? Er wollte Fanyi danach fragen, aber er mochte ihr nicht das Schicksal ihres Volkes ins Gedächtnis zurückrufen.
    Das wiederum lenkte seine Gedanken auf das Ziel ihrer Suche: eine Waffe aus der Vergangenen Zeit, die fähig war, die Plünderer aus dem Süden zu vernichten. Sollte es so etwas noch geben? Er bezweifelte es. Und doch hatte Fanyi Kenntnis von einem verborgenen Ort, und daran zweifelte er nicht.
    Metall …
    Er dachte an Kupfer und Gold und Silber und Eisen – dies alles kannte er und konnte es nach seinem Willen formen. Doch die anderen, diese sonderbaren Verbindungen, deren Geheimnis niemandem mehr bekannt war – wenn er die doch ebenfalls beherrschen könnte! Seine Hand umklammerte den zerbrochenen Stiel
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