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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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führte.
    Bäume und Büsche waren im Begriff, von beiden Seiten her die Straße zu überwuchern, so daß von ihrer ursprünglichen Breite höchstens ein Viertel übrig geblieben war. In den weichen Boden eingepreßt fand er klar und deutlich Fuß- und Pfotenspuren: die Spuren von Fanyi, den Fischern und von Rhin. Sander konnte nicht erkennen, ob Rhin sich hier bereits dem Mädchen angeschlossen hatte, oder ob er nur von ferne folgte.
    Zweimal beschrieb die Straße einen Bogen und endete schließlich bei einer großen gepflasterten Fläche, die Sander an einen ähnlichen Platz in der verlorenen Stadt erinnerte, auf dem das Holzhaus der Händler gestanden hatte. Hier standen nun drei Gebäude, oder besser deren Reste: leere Fensterhöhlen schienen ihn wie Augen zu beobachten. Hinter den Fassaden lag nichts als gähnende Leere. Die drei Ruinen begrenzten den Platz auf drei Seiten, auf der vierten endete die Straße.
    Sander machte einen Schritt auf den Platz, schwankte und stürzte auf die Knie. Der Schmerz in seinem Kopf, ausgehend von dem Stirnband, war so entsetzlich, daß er nichts empfand als seine Pein. Er konnte keinen Gedanken fassen. Instinktiv warf er sich nach rückwärts. Reglos und heftig atmend lag er auf dem Boden. Der Schmerz war ebenso plötzlich verschwunden, wie er gekommen war.
    Nach einiger Zeit setzte er sich auf und betrachtete die Szenerie vor ihm. Er war verblüfft. Er umrundete den Platz, indem er sich mühsam einen Weg durch das Unterholz bahnte. Doch er entdeckte nur, daß es überall eine unsichtbare Wand gab, die augenblicklich auf sein Kaltes Eisen reagierte, wenn er sich über einen bestimmten Punkt hinauswagte.
    Keine Sage der Weisen, keine Geschichte der Händler hatte von dergleichen berichtet. Er konnte keinerlei Bewegung innerhalb des geschützten Raumes feststellen, und doch waren Fanyi, die Fischer und Rhin mit Sicherheit hierher gekommen.
    Er hatte sogar Spuren entdeckt, die über den Platz führten, den er nicht betreten konnte, ohne buchstäblich vor Schmerz auf den Boden geworfen zu werden. Das war also der Beweis, daß sie hier waren. Aber warum konnte er ihnen nicht folgen?
    Sander vermutete, daß er nur sein schützendes Stirnband entfernen mußte, um ungehindert weitergehen zu können, aber eine innere Stimme warnte ihn davor.
    Er versuchte noch einmal den Trick, der ihm schon einmal geholfen hatte, die Schmerzen zu verscheuchen, aber diesmal hatte er keinen Erfolg. Diese Kraft war unendlich viel größer, oder er hatte selbst schon seine Kraft, dem Unbekannten zu begegnen, verbraucht.
    Er mußte weiter, das war ihm klar. Aber er konnte es nicht, solange er das Stirnband trug. So einfach war das … Und nun ergriff der Wunsch von ihm Besitz, herauszufinden, was hinter all dem steckte; nein, er wollte nicht zurückkehren. Langsam, erfüllt von dem unbehaglichen Gefühl, daß er sich jetzt einem Feind ergab, löste Sander den Kopfreif und steckte ihn in seine Felljacke zu dem Drahtamulett, das er für Rhin geflochten hatte.
    Er stand auf und bewegte sich mit der Vorsicht eines Spions, der neues Gebiet erkundet, auf den Platz zu. Schußbereit hatte er die Waffe in der Hand, obgleich er überzeugt war, daß das, was er finden würde, nicht mit einem Pfeilschuß zu erledigen war, auch wenn er noch so sorgfältig zielte.
    Weiter ging er, blieb einen Augenblick stehen, wo er von dem Schmerz überrascht worden war – nichts, einen Moment spürte er nichts. Und dann …
    Sander erstarrte und knirschte mit den Zähnen. Dieser Gedanke – dieser Gedanke war nicht sein eigener! Jetzt gab es kein Entkommen, denn er hielt ihn gefangen – so sicher wie damals die Netze der Waldmänner. Gegen seinen eigenen Willen, gegen seinen tiefsten Wunsch ging er weiter, genau auf das mittlere der drei Gebäude zu.
    War das die Antwort auf Rhins Verschwinden, auf die Spuren, denen er gefolgt war? Waren Fanyi und die drei Tiere auf dieselbe Weise angezogen worden?
    Sander taumelte. Sein Wille kämpfte gegen seinen Körper, wie er es nie für möglich gehalten hätte. War das eine Probe jener „Macht“, von der Fanyi so häufig gesprochen hatte? Aber er konnte nicht daran glauben, daß das Mädchen, das er kannte, dies hier bewirkte!
    Er wurde nicht gezwungen, auf die halb eingefallene Mauer zuzugehen, sondern er wurde zu einer Öffnung im Pflaster hingelenkt. Sie stammte wohl nicht aus der gleichen Zeit, in der die Gebäude erbaut worden waren, denn der Rahmen, der aus großen Steinbrocken

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