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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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weit.«
    »Gut«, antwortete Girta. »Schafft ein zweites Feldbett ins Zelt des Königs. Ich übernachte bei meinem Sohn.«
    »Und wohin mit dieser Maid?«, fragte der Mann, indem er auf Dar deutete.
    »Sie bezieht dein Zelt«, gab Girta zur Antwort. »Bis heute Morgen war sie Königin.«
     
    Beim ersten Morgengrauen stand Dar auf. Sie trug noch das wollene Kittelhemd des gefallenen Infanteristen. Sie schlüpfte in seine Hose, wickelte Lappen um ihre Waden und stieg in seine Stiefel. Das gepanzerte Wams, den Helm und das Schwert ließ sie liegen, schnallte sich jedoch den Dolch um und schlang den Umhang um ihre Schultern. Dann ging sie zur Leichengrube. Als sie dort eintraf, sah sie, dass der Soldat gestern eine unvollständige Meldung abgegeben hatte: Die Leiche des Gardisten war inzwischen fortgeschafft. Zwar fanden sich auch jetzt noch Hinweise darauf, dass jemand ums Leben gekommen war und der Täter die Flucht zu den Ruinen der Feste angetreten hatte. Aber was Dar viel stärker interessierte, waren Anzeichen dafür, dass Kol und der Gardist zuvor eine andere Örtlichkeit aufgesucht hatten und danach zur Kadavergrube zurückgekehrt waren.

    Sie folgte diesen Spuren und gelangte an eine Stelle im Tal, an der offenbar irgendwer einen kleinen Lagerplatz unterhalten hatte. Dar untersuchte ihn ausgiebig. Alles deutete daraufhin, dass es sich um Othars Lager gehandelt hatte. Im Schnee waren Abdrücke einer Sänfte verblieben. Außerdem entdeckte sie Fußspuren eines Dutzends Personen, die anscheinend während längerer Zeit unnatürlich reglos dagestanden hatten. Irgendwann im Verlauf der Nacht war das Lager abgebrochen worden, und die Gruppe war nach Norden gezogen. Dar folgte der Fährte um den Berg, bis sie aufwärts führte. Dann lief sie so schnell zurück zum Heerlager, wie ihre schweren Stiefel es gestatteten.
    Als sie im Heerlager eintraf, herrschte dort allgemeiner Jubel über das Ende des Feldzugs. Mehr als einmal musste sie den Dolch zücken, um sich einen übermütigen Krieger vom Hals zu halten. Letztendlich jedoch schreckte ihr Auftreten die Kerle wirksamer ab als die Klinge. Mittlerweile hatte sie sich ein sehr gebieterisches Verhalten angeeignet.
    Als sie das Zelt des Königs betrat, saßen Girta und ihr Sohn dort im Gespräch mit einem jungen Offizier. »Dar«, sagte Girta, »das ist Tolum Farnar. Er und seine Schildron haben den Auftrag, General Kol zu verfolgen und zu ergreifen. «
    »Steht seine Treue außer Zweifel?«, fragte Dar.
    »Vollkommen«, antwortete Girta. »Er ist ein Vetter des Königs.«
    »Tolum, du musst wissen, dass Kol nicht allein ist«, erklärte Dar. »Ein Zauberer ist zu ihm gestoßen.«
    »Dann töten wir auch ihn«, versprach der Tolum.
    »Ich begleite euch«, sagte Dar.
    Farnar lächelte leicht geringschätzig. »Wir sind erfahrene Soldaten. Wir brauchen kein Mädchen mitzunehmen.«

    »Er versteckt sich an meinem Wohnsitz«, entgegnete Dar. »Ich kenne dort jeden Stein. Überdies habe ich mit ihm noch abzurechnen. Er hat viele getötet, die mir nahestanden. «
    Farnar zuckte mit den Schultern. »Dann komm mit. Aber steh uns nicht im Weg.«
    Schon kurze Zeit später brach Dar mit der Schildron auf. Diese Soldaten zeichneten sich durch Disziplin aus und machten einen bedrohlich tüchtigen Eindruck. Alle waren baumlang, in bester körperlicher Verfassung, gut ausgerüstet, und sie erklommen den Berg in kürzester Zeit. Offenbar bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Kols Fährte zu folgen. Dar sah darin einen gewissen Anlass zur Besorgnis, da sie befürchtete, Kol könnte vorsätzlich leicht erkennbare Spuren hinterlassen haben.
    Als sie die Bergkuppe erreichten, entsetzte Dar der Zustand der Feste. Die Zerstörungen waren weit umfangreicher, als sie sich vorgestellt hatte: In vielen Bereichen waren die geschwärztes Mauern zusammengebrochen; einst vertraute Stätten hatten sich in verrußte Trümmerhaufen verwandelt. Selbst Dar war sich, als sie und die Männer über die Schutthalden kletterten, oft nicht mehr sicher, wo sie sich befand. Die ganze Feste war zu einem Labyrinth ohne Dach geworden. Geschmolzener Schnee war erneut gefroren, und Eis bedeckte den Fußboden der noch vorhandenen Gänge. Auf dem Eis wiederum lag eine dünne Schneeschicht. Diese Umstände erschwerten das Gehen, und bei jedem Schritt blieb ein deutlicher Fußabdruck zurück. Doch im Innern des Bauwerks hatte Kol augenscheinlich weniger Spuren hinterlassen.
    Tolum Farnar schenkte Dar keine Beachtung,

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