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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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fragte er, »ist das denn für ein hexerisches Blendwerk?«
    »Es hat durchaus nichts mit Zauberei zu tun«, widersprach Girta. »Der Augenblick der Gerechtigkeit ist da. Wachen, nehmt den General in Gewahrsam.«
    Die Männer blickten Kol an, als bedürften sie zuvor seiner Einwilligung. »Vorwärts!«, schrie Kregant III.
    »Majestät«, sagte ein Haupttolum, der gerade aus einem Zelt getreten war, »wir befinden uns im Krieg, und der General ist unser Oberbefehlshaber.«
    Kol verbeugte sich vor dem Knaben. »Der Leichnam hatte eine große Ähnlichkeit mit der Königin. Wenn irgendwo Täuschung am Werk war, so ist die Ork-Königin dafür verantwortlich. Ich bin kein Verräter. Wir haben es mit einem Täuschungsmanöver der Orks zu tun.«
    »Lügen«, erwiderte Girta. »Deine Mäner haben mich verwundet. Dar hat mir das Leben gerettet.«
    Kol schaute in die Runde der übrigen Offiziere. »Von wem wollt ihr euch in diesem Krieg befehligen lassen? Von einem Knaben und seiner Mutter? Oder von mir?«
    »Vergesst nicht, wie gut seine Führung bisher war«, warf Dar voller Ironie ein. »Eure Vorräte sind ausgegangen, und ihr könnt sie durch keinerlei Beute auffrischen. Die Lawine hat euch den Rückweg in die Heimat versperrt. Nur auf Fürbitten Königin Girtas bieten wir euch die Möglichkeit, euch zu ergeben.«
    »Ergeben?«, wiederholte Kol. »Kampf bedeutet Aussicht auf Sieg.«
    »Hast du sechstausend Krieger in den Hügeln?«, fragte Girta. »Die Orks haben sie sehr wohl. Ich habe sie gesehen. «

    »Die Schlacht im Tal der Kiefern war uns eine Lehre«, sagte Dar. »Euch anscheinend nicht. Ihr lagert wieder in einem Tal.«
    Voller Missbehagen ließen die Offiziere den Blick über die Anhöhen beiderseits des Lagers streifen. »Bald geht der Mond unter«, sagte ein Offizier. »Für Angriffe bevorzugen die Orks völlige Dunkelheit.«
    »Ich bin gekommen, um meinen Sohn vor einem sicheren und scheußlichen Tod zu bewahren«, erklärte Girta. »Wenn ihr die Waffen nicht strecken wollt, lasst wenigstens ihn gehen. Soll Kol die Krone haben.«
    Dar lachte. »Nicht dass sie ihm Nutzen brächte.«
    »Wir haben die Ork-Königin als Geisel«, sagte Kol.
    »O nein«, entgegnete Girta. »Dar ist abgetreten.«
    »Für die Orks bin ich nur noch eine in Ehren zu haltende Erinnerung.«
    »Ich strecke die Waffen«, rief Kregant III.
    »Ihr hört den Willen des Königs«, sagte Girta. »Gehorcht ihm!«
    Der Haupttolum trat vor. »Ich stelle mich nicht gegen meinen König. General, her mit dem Schwert!«
    Kol packte den Schwertgriff, während sein Blick umherhuschte, als wäre er ein in die Enge getriebenes Tier. Doch die Mienen der anderen Offiziere boten ihm keinen Anlass zur Hoffnung. Mehrere wirkten, als dächten sie schon an ihre Aussichten auf Beförderung. Kol lockerte die Faust und übergab die Waffe. »Auch den Dolch.« Kol tat wie geheißen.
    »Die Strafe für Hochverrat ist der Tod«, sagte Girta. »Als König darfst du keinem Verräter Gnade erweisen.«
    »Hinrichten!«, befahl der Knabenkönig.
    Mit gezücktem Schwert und Helm auf dem Kopf stapfte
ein Wächter aus dem Schatten nach vorn. »Ich bring ihn zur Leichengrube und kehre mit seinem Kopf zurück, Majestät. «
    »Genauso tust du’s«, sagte der Knabe.
    »Nein!«, winselte Kol. »Nein!« Aber mit rohem Zupacken zerrte die Wache ihn fort. Dar blickte dem Paar hinterher. Kols unvermutete Schwäche und Laschheit verdutzte sie.
     
    Unterwürfig ließ General Kol sich im Griff des Wächters abführen, bis sie das Heerlager verlassen hatten.
    Außerhalb des Lagers war eine Grube in den gefrorenen Untergrund gehackt worden. In der kalten Luft stieg vom stinkenden Inhalt der Grube leichter Dampf empor. Dieses Loch war die geeignete Stätte für einen ehrlosen Tod und ein würdiges Grab für einen Hochverräter. Als die beiden Männer sich der Grube näherten, drehte sich der Wächter zum Lager um. »Wohin, General?«
    »Zu Othars Sänfte. Noch ist alles offen.«
    »Nimm den Dolch, General«, sagte Wulfar. »Du solltest nicht unbewaffnet sein.«

48

    ABSEITS DES HAUPTLAGERS war Othars Lager in einem tieferen Abschnitt des Tals errichtet worden. Jeder wusste von diesem Ort, doch alle versuchten ihn zu übersehen. Dort standen nur ein einzelnes kleines Zelt und die schwarze Sänfte. Neben der Sänfte warteten ohne jeden Kälteschutz die Träger. Die Männer ähnelten am Boden festgefrorenen Leichen, schienen aber keine Schmerzen zu haben. Auf dem Weg zum Zelt schaute Kol in

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