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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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kostete ihn das Leben. Schließlich hieben nur zwei Soldaten noch aufeinander ein: Einer mit seelenloser Miene, einer mit vor Wut rotem Gesicht. Der vor Wut Kochende siegte. Benommen stand er inmitten eines Meers aus Blut und rang mühevoll nach Luft.
    Kol ging zu ihm hin und tötete den Erschöpften mit einem einzigen Schwertstreich. Als der Mann zu Boden stürzte, feixte Kol und hob den Blick zu Dar. »Ich sehe dich«, sagte er.
    Dar hastete den Schutthaufen hinab. Sie stolperte über einen ihrer lästigen Stiefel und prallte der Länge nach auf die verrußten Trümmer. Ihr Körper schmerzte an einem Dutzend Stellen, aber sie raffte sich sofort auf. Die Wände der Vorratslager, die an die Küche grenzten, standen noch. Sie
eilte hinein, hörte unterdessen Kol schon durch den Schutt poltern.
    Der Raum, in dem man früher Pashi eingelagert hatte, war nun leer. Zur Belüftung hatte die Außenmauer in der unteren Hälfte Öffnungen. Ihr Durchmesser war schmal, reichte aber möglicherweise aus, dass Dar sich hindurchzwängen konnte. Sie kauerte sich vor eins der Löcher. Die Außenseite hatte ein Drahtgitter. Mit einigen Tritten entfernte sie das Gitter, verursachte dabei allerdings mehr Geräusche als erwartet. Sie hörte schnelle Schritte und schob sich in die Belüftungsöffnung. Sie war eng, aber Dar schaffte es.
    Fast war sie schon hindurchgekrochen, da packte Kol ihre Fußknöchel. Dar schüttelte die Stiefel ab und zwängte sich ganz durch die Öffnung. Sie streifte die überlange Hose von den Beinen und eilte durch den Korridor. Der eisige Fußboden erwies sich für eine Barfüßige als kaltes Pflaster.
    Dar wusste, dass Kol keinesfalls durch eine der Belüftungsöffnungen passte. Diese Tatsache zwang ihn, sich einen anderen Weg in den Korridor zu suchen, sodass sie Zeit gewann, wenn auch nicht viel. Ich kann nicht ewig vor ihm weglaufen, dachte sie, und er hat ein Schwert. Dar sah ein, dass es letzten Endes kein Entkommen gab, denn Kol ließ niemals locker. Einer von ihnen musste sterben. Der Zwist war ungleicher Natur, also besann sich Dar auf ihre wenigen Vorteile. Sie kannte das Gebäude, Kol dagegen nicht. Und sie hatte den Dolch.
    Dar erinnerte sich an Sevrens Belehrungen: » Es gibt eine Situation, in der ein Messer einem Schwert überlegen ist. Mit dem Messer kann man aus der Ferne töten.« Aber auch seine Warnung hatte sie nicht vergessen. »Man hat immer nur eine Chance.«

    Dar sah in einem Hinterhalt ihre einzige Hoffnung. Dass sie schon einmal eine Klinge nach Kol geworfen und ihn getroffen hatte, flößte ihr Mut ein. Dennoch war sie umsichtig genug, um für den Fall, dass sie ihn diesmal verfehlte, sich eine Möglichkeit zur Flucht offenzuhalten. Deshalb lenkte sie ihre Schritte eilends in den ältesten Gebäudeteil, wo die Flure sich wie Schlangen wanden. Dar wollte Kol an einer Biegung auflauern und in einen Nachbarraum verschwinden, falls sie ihn nicht traf. Hier gab es einen wahren Irrgarten von kleinen Nebenräumen und kurzen Gängen. Dar kannte sich in diesem Gewirr aus, denn die Erinnerungen der einstigen Königinnen waren in ihrem Gedächtnis noch nicht ganz verblasst.
    Da sie in ihrer Falle selbst den Köder abgeben musste, stellte sie sicher, dass Kol ihrer Fährte ohne Schwierigkeiten folgen konnte. Dank ihrer nackten Füße blieben ihre Schritte lautlos. Für Kol galt das Gegenteil. Zwar fanden seine Füße aufgrund der eisenbeschlagenen Stiefel sicheren Halt, doch seine Schritte dröhnten laut. Dar hörte sie zwischen den steinernen Mauern hallen. Während sie sich näherten, fiel ihr ein leiseres, weicheres, aber ebenso metallisches Klirrgeräusch auf: Das Kettenhemd. Ich muss seine Kehle treffen. Aber als Kol dann um die Biegung des Flurs gestampft kam, erwog sie im ersten Augenblick, erneut das Weite zu suchen.
    Das Gefühl, sich wehren zu müssen, war stärker. Ohne nachzudenken warf Dar den Dolch. Er flog mit mörderischer Geschwindigkeit und überschlug sich in der Luft. Mit voller Wucht traf die Klinge Kol mitten in die Brust. Dort blieb sie kurz stecken und fiel dann auf den Fußboden.
    Kol grinste und bückte sich, um sie aufzuheben.

49

    DIE MAUERN dämpften Kols Gelächter, aber Dar empfand es als unglaublich laut. »War das dein einziges Messerchen, oder hast du noch eins?« Seine Zuversicht, als er näher kam, machte ihr klar, dass er die Wahrheit erriet. »Keine Bange, du siehst dein Messer wieder. Ich schneide dir damit nämlich die Nase ab. Gewiss, Othar will dein

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