Herrscherin des Lichts
verräterische Vertraute seiner Schwester, stand im Eingang der Höhle. Sie hob ihre Robe an und stieg vorsichtig über den blutigen Kopf hinweg. „Ich kann nicht sagen, dass ich sein jähes Ende bedauern würde. Er roch immer so penetrant nach Lavendelwasser. Zu viel Lavendelwasser.“
Plötzlich auf seinen eigenen Geruch aufmerksam geworden, schnupperte Garret heimlich an seiner Schulter. Verfluchte Flidais. Sie hatte eine Art an sich, mit diesen scharfen, stechenden Augen und ihrer besonnenen Natur, die sogar den selbstbewusstesten Elfen dazu bringen konnte, in ihrer Gegenwart unsicher zu werden. Manche Elfen hatten die Fähigkeit, andere mit ihrer Schönheit zu verunsichern. Flidais war nicht schön. Es lag an ihrem Blick, mit dem sie ihn offen und ohne zu blinzeln ansah, als hätte sie nichts zu verbergen, während er versuchte, alles Mögliche vor ihr zu verstecken.
Nein, auch sie musste einen Schwachpunkt haben. Etwas, womit er arbeiten konnte.
„Meine Gefährtin hat Euch geschickt.“ Er bedeutete einer Wache, sich um Brans Überreste zu kümmern, und streckte Flidais eine Hand entgegen. „Tretet ein. Mein Hausstand ist zwar um einiges bescheidener geworden, aber Ihr seid mir natürlich jederzeit willkommen.“
„Selbst nachdem ich Euch nicht in Euer selbst gewähltes Exil gefolgt bin.“ Sie ging an ihm vorbei, ohne seine Hand zu nehmen. „Ich bin hier als eine Delegierte in Kriegszeiten, gemäß des Kodexes der großen Gefechte von Tuatha. Während meines Aufenthaltes im Feindeslager genieße ich demnach absolute Immunität, und mir darf keinerlei Leid zugefügt werden. Akzeptiert Ihr diese Vereinbarung?“
„Flidais, bitte.“ Garret lächelte und machte sich auf die Suche nach der Kiste mit Menschenwein, die sie zufällig in derlosen Erde einer der Wände entdeckt und ausgegraben hatten. „Ich könnte Euch niemals etwas antun, nicht einmal, wenn Ihr in der Absicht gekommen wäret, ein Attentat auf mich zu verüben.“
Sie gab ein leises Lachen von sich, ein grunzender, unweiblicher Ton. „Ein Mordanschlag ließe sich nur schwerlich ausführen, nachdem einem durch Eure Wachposten sämtliche Waffen abgenommen worden sind.“
„Ah, also hat sie es in Erwägung gezogen?“ Er goss etwas von dem Wein in einen seiner edlen hölzernen Becher und hielt ihn ihr hin. „Es bricht mir das Herz zu hören, dass meine Gefährtin, die ich einst inniglich liebte, eines solchen Verrates an mir fähig sein sollte.“
„Verrat?“, wiederholte Flidais und machte eine ablehnende Handbewegung. „Ich werde nicht so lange bleiben. Aber sagt mir, wie könnte sie sich – als Königin – des Verrates an Euch schuldig machen? Ihr seid schließlich nur ihr Gefährte.“
„In ihren Adern fließt kein königliches Blut!“ Er knallte den Becher auf die Tischplatte, so heftig, dass dabei die Weinflasche umkippte und sich ihr verbliebener Inhalt klatschend auf den Fußboden ergoss. „Bin ich der einzige Elf, dem der Stolz auf die Reinheit unserer Blutlinie noch etwas bedeutet?“
Flidais kniff die Augen zusammen. „War Euch denn nicht bewusst, dass durch Eure Bindung mit ihr auch Euer Adelsstand auf sie übergeht? Dass Ihr, indem Ihr sie zu Eurer Gefährtin macht, damit gleichzeitig jedes Anrecht auf den Thron verliert?“
Er nahm einen Schluck des sauren Menschenweines und wandte den Blick ab.
„Ihr wusstet es. Ebenso wie Ihr wusstet, welch mächtige Feinde Eure Schwester hatte.“ Abermals kam einer dieser abfälligen Grunzlaute über ihre Lippen. „Hättet Ihr Gelegenheit dazu gehabt, wäre Königin Ayla bereits ebenfalls tot. Und Eure Herausforderung zu einem Duell beweist, dass Ihr noch immerplant, Euch ihrer zu entledigen. Aber warum sie? Weil sie ein Niemand war? Weil Ihr dachtet, sie sei leicht zu manipulieren und es würde vielleicht gar nicht nötig sein, sie später aus dem Weg zu räumen?“
Garret drehte sich ruckartig zu ihr um. „Ihr sagtet, Ihr kämt als Abgesandte. Also überbringt mir endlich die Nachricht, die Ihr für mich habt, und dann verschwindet!“
Sie bedachte ihn mit einem lauwarmen Lächeln, nickte und griff in ihre Robe, aus der sie ein gefaltetes Pergament hervorzog. Sofort erkannte Garret sein eigenes, gebrochenes Siegel darauf.
„Es scheint, als bekämt Ihr letztendlich doch noch Eure Chance, die Königin zu töten.“ Sie warf das Papier auf den Boden, mitten in die Blutlache, die das trockene Erdreich tiefrot gefärbt hatte. „Das sollte Euch doch ein Leichtes sein,
Weitere Kostenlose Bücher