Herrscherin des Lichts
weiter darauf zuzugehen, blieb der Elf auf einmal stehen und sah Malachi zum ersten Mal, seit sie seinen geheimen Unterschlupf verlassen hatten, direkt ins Gesicht.
„Du weißt nicht viel über Aylas Vergangenheit. Sie spricht nicht gern davon, und auch mein Wissen beschränkt sich auf das, was Garret mir erzählt hat, als er ihr Mentor war. Sie hat ein hartes Leben geführt, Malachi. Und sie ist noch sehr jung. Sie weiß nicht, dass Liebe nicht nur Verlust und Schmerz bedeutet.“ Er gab Malachi ein Zeichen, sich hinzusetzen. Das war leichter gesagt als getan auf dem nackten Boden, auch wenn es dem Elf offenbar keine Probleme bereitete, seine Flügel so zu falten, dass sie nicht im Weg waren. Malachi knickte unbeholfen in den Knien ein und senkte vorsichtig den Oberkörper ab, bis seine Flügelspitzen sich in den lockeren Sand des Tunnelbodens gruben.
„Ayla lebt erst seit fünf Jahren in der Lightworld. Sie zählt nicht einmal zwanzig vollendete Menschenjahre. Nach unsererZeitrechnung ist sie praktisch noch ein Kind, verglichen mit dem Alter vieler von uns ein Baby. Aber sie ist zur Hälfte ein Mensch und nicht hier im Elfenreich aufgewachsen.“
„Warum nicht?“, fragte Malachi.
„Ihre Mutter war eine Angehörige des Hofes von recht niedriger Stellung. Sie bändelte hin und wieder mit den menschlichen Bewohnern des Streifens an. Irgendwann wurde mit einem von ihnen etwas Ernsteres daraus, und sie blieb bei ihm, bis sie Ayla zur Welt brachte. Doch kurz nachdem das Baby geboren war, kehrte sie in die Lightworld zurück. Ich glaube nicht, dass sich heute überhaupt noch jemand an sie erinnert. Ich weiß nur, dass sie bei Mabb in Ungnade gefallen war, aber das taten so viele, dass ich nicht sagen kann, welche ihrer Feindinnen Aylas Mutter gewesen sein könnte.“
„Weiß sie es?“
„Ich glaube nicht. Ihre Kindheit verbrachte sie auf dem
Streifen, wie eine Sterbliche. Sie musste stehlen, um zu überleben. Die meisten Menschen dort sind Gestrandete, die nicht mehr versuchen, aus ihrem Elend herauszukommen, sondern sich von einem Tag zum nächsten durchschlagen, und zu dieser Sorte gehörte auch ihr Vater. Als sie alt genug war, auf eigenen Füßen zu stehen, kam sie zu uns und erbat die Aufnahme in unsere Welt.“
„Aber ihre Mutter war eine Elfe.“ Malachi ließ den Beutel von seiner Schulter gleiten und legte ihn neben sich auf den Boden. „Warum musste sie darum bitten, dass ihre eigene Rasse sie bei sich aufnimmt?“
„Wir gewähren nicht grundsätzlich allen Sprösslingen eines jeden Elfen, der sich auf ein Abenteuer außerhalb unserer Grenzen eingelassen hat, das Recht, sich im Elfenreich niederzulassen. Ich bin mir sicher, es gibt auch unter uns jene, die lasterhaft genug sind, sogar mit einem Dämonen das Bett zu teilen, und wir können nicht zulassen, dass sich verdorbenes Blut weiter mit unserem mischt.“ Cedric zeigte keinerlei Reue hinsichtlichdieser letzten arroganten Bemerkung, sondern sprach ungerührt weiter. „Ayla wäre abgewiesen worden, hätte Garret sich nicht Hals über Kopf in sie verliebt und seine Stellung als Bruder der Königin genutzt, um den Hofstaat zu ihren Gunsten zu beeinflussen.“
Malachi presste verärgert die Zähne aufeinander, so fest, dass sein Kiefer wehtat. „Er hat sie nie geliebt. Hätte er das, würde er jetzt nicht ihren Tod wollen.“
Cedric zuckte mit den Achseln. „Doch, das hat er, sosehr es ihm eben möglich war. Er entstammt einer jahrtausendealten Linie reinrassiger Elfen. Für einen Elf hat Liebe traditionell wenig mit Selbstlosigkeit zu tun, und man hat ihm nie etwas anderes beigebracht.“
„Wie sollte man einer Kreatur wie ihm auch begreiflich machen, was Liebe ist?“ Der bloße Gedanke an Garret erzeugte Abscheu in Malachi, die Erinnerung an seine bösartige Fratze einen fauligen Geschmack auf seiner Zunge, von dem ihm schlecht wurde. „Als ob er dieses Gefühl jemals verstehen könnte.“
„Es ist möglich.“ Schwang da ein trauriger Unterton in der Stimme des Elfen mit? „Wir sind fähig, es zu lernen, und zwar recht gut. Aber es war Garrets Stärke und Ehrgeiz, mit denen er Ayla beeindruckt hat, nicht seine Zuneigung. Sie weiß nicht, dass es noch andere Dinge gibt, die im Leben zählen.“
„Sie weiß, dass sie mich verletzt hat, und es ist ihr egal. Sie schickt mich einfach weg!“ Obwohl er tief in seinem Inneren wusste, dass das nicht stimmte, konnte er sich noch nicht dazu überwinden, es sich
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