Herrscherin des Lichts
hatten und Malachi sich erschöpft an ihn lehnte. „Ich hab dir doch gesagt, geh nicht da lang.“
„Ja, du bist sehr klug.“ Warum kam er sich so dumm vor? Schließlich hatte der Mensch ihm keine expliziten Gründe genannt, weshalb dieser Weg schlecht war. Hätte er gesagt: „Bitte tu das nicht, sonst wirst du im aufgeweichten Schlamm einsinken und untergehen“, wäre dies zweifelsohne eine effektivere Warnung gewesen. Gerade wollte er ihm genau das sagen, als der Bio-Mech auf eine Leiter deutete, die knapp über ihren Köpfen aus dem Wasser ragte. „Da steigen wir rauf“, erklärte Keller und watete mit zu den Seiten ausgebreiteten Armen darauf zu. „Die führen alle nach oben, also Glück für dich, du brauchst mich nicht auf deinen Schwingen hochzutragen.“
„Das wäre mir ohnehin nicht möglich. Mit nassen Flügeln kann ich nicht fliegen“, gab Malachi widerwillig zu. „Falls ich das überhaupt noch kann.“
„Wüsste nicht, was dagegenspricht. Ich hab mir wirklich Mühe gegeben mit den beiden Schätzchen“, schnaufte Keller, als er sich über den Rand der Öffnung am Ende der Leiter schwang. „Ach Mist. Jetzt guck dir das an. Meine Kippen sind völlig durchgeweicht, weil ich dich aus dem Wasser fischen musste.“
„Deine Hosen sind sicherlich auch nass“, bemerkte Malachi, bemüht, etwas Hilfreiches zu sagen. Doch es schien, als hätte der Mensch kein Interesse an seiner Art der Hilfe, so wie er fluchte, seine Anglerhosen auszog und mit einem Tritt beiseitebeförderte.
Das Terrain, wo sie sich jetzt befanden, war weitestgehend trocken, ihre nassen Fußabdrücke und die Tropfen, die von ihrer klitschnassen Kleidung perlten, wurden vom Betonboden aufgesogen. Die Wände dieses Tunnels waren mit schlichten Fliesen gekachelt, die unter dem Schimmelrasen, der auf ihnen wuchs, vermutlich weiß waren. Teilweise von einer absterbenden Kolonie graugrüner Pilze überwuchert, verkündete ein welliges, verblichenes Plakat mit einer strahlend lächelnden Frau darauf, die irgendein Stück menschlicher Technologie anihr Ohr hielt: „… pro Minute.“ Der Rest verschwand unter einem besonders großen Fleck der Schmutzschicht. Noch mehr Stufen führten weiter nach oben.
„Kommt man auf denen zur Oberfläche?“ Wie tief konnten die Menschen denn gegraben haben? Malachi konnte sich nicht erinnern, wie lange genau es her sein mochte, dass seine Rasse durch den Wallbruch auf die Erde gespült worden war. Als unsterbliches Wesen hatte die Zeit für ihn nur in Form einer grenzenlosen Schleife existiert, ohne Anfang oder Ende. Es mussten jetzt Hunderte von Jahren sein.
„Nein, die Ausgänge sind versiegelt“, rief Keller, bevor er mit seinen zusammengefalteten und über einen Arm gehängten wasserdichten Hosen hinter einem Stützpfeiler verschwand. „Wir müssen über die Brücke dort, dann rechts abbiegen, und schon sind wir in einem weiteren dieser netten Gänge mit Frischluftzufuhr von draußen. Der bringt uns dann zum Streifen.“
„Was machst du da? Ich dachte, ich müsste schnellstmöglich zu einem Heiler.“ Ein dicker kalter Wassertropfen fiel von einem der glitschigen Stalaktiten an der Decke. Malachi wich ihm gerade noch rechtzeitig aus und sah sich angeekelt um. „Dieser Ort ist verseucht von Fäulnis, und überall riecht es nach Tod und Zerfall.“
„Dann solltest du dich doch wie zu Hause fühlen“, sagte Keller und lachte kurz. „Ich suche ein geeignetes Plätzchen, wo ich meine Anglerhosen verstecken kann, damit sie in unserer Abwesenheit keiner klaut. Sie sind zu schwer, um sie den ganzen Weg mit mir rumzuschleppen.“
„Gut, aber beeil dich.“ Malachi wanderte derweil zwischen einigen der breiten Säulen mit ihren Krägen aus Schimmel umher, aber er ging vorsichtig, die beängstigende Erfahrung des Beinahe-Ertrinkens steckte ihm noch immer in den Gliedern. „Erzähl mir mehr davon, wo wir hingehen.“
Keller stieß einen tiefen Seufzer aus, in dem große Wehmutlag. „Der Streifen ist eine neutrale Zone zwischen der Lightworld und der Darkworld. Sag Bescheid, wenn ich zu schnell werde. Es ist ein Platz, wo die Bewohner beider Gebiete unbehelligt ihre zwielichtigen Geschäfte tätigen können, und mit der Zeit haben sich diverse Gruppen Aussätziger dort angesiedelt. Typen, die von ihren eigenen Leuten verstoßen worden sind oder sich keiner der zwei Welten zugehörig fühlen. Ziemlich viele Zigeuner und Bio-Mechs leben da.“
„Weshalb nicht du?“
Wieder seufzte Keller,
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