Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrscherin des Lichts

Herrscherin des Lichts

Titel: Herrscherin des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
Vom Netzwerk:
natürlich wusste, was drin ist, und meiner Oma gegenüber niemals auszuplaudern, was meine Mutter in Wahrheit von ihr gehalten hat.“
    Malachi wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Keller reichte ihm die Flasche, und Malachi nahm widerwillig einen Schluck daraus. Was auch immer dieser Trank war, er trieb ihm das Wasser in die Augen. Doch gleichzeitig breitete sich ein wohliges Wärmegefühl unter seinen Rippen aus, und er fand den zweiten Schluck schon deutlich genießbarer.
    „Tja, dann wurde ich irgendwann achtzehn, und in dem Alter muss sich jeder bei den Vollstreckern melden und diesen Test machen.“ Keller nahm Malachi die Flasche aus der Hand und kippte sich eine gehörige Ladung des Inhalts in den Hals. „Ich denk mir, keine Sorge alter Junge, wird schon alles glattgehen, aber wie ich da so im Wartezimmer sitze, höre ich auf einmal, was den Typen im Nebenzimmer durch den Kopf geht. Sie denken sich: Wie wäre es, wenn wir einfach kurzen Prozess mit dem Bürschchen machen und seine Leiche irgendwo verschwinden lassen? Keiner würde ihn vermissen, und wir könnten uns die Arbeit sparen, zuerst zu beweisen, dass er ein Gedankenleser ist. Ich werde mächtig nervös. Diese unheimlichenGesellen wussten genau über mich Bescheid, und was sie sich für mögliche Arten ausdachten, mich um die Ecke zu bringen, ich kann dir sagen, da lief’s mir kalt den Rücken runter.“ Er schauderte demonstrativ. „Ich fange an, alle paar Sekunden auf meine Uhr zu gucken, und als die Empfangsdame – das ist eine Frau, die Telefonate annimmt und so was alles –, als die das mitkriegt, schielt sie jedes Mal ganz komisch zu mir rüber, wenn ich wieder schaue, wie spät es ist. Die Zeit meines Termins rückt näher, bald müssen sie mich reinrufen. Aber noch sitze ich auf diesem unbequemen Wartezimmerstuhl, vorne auf der Kante, wippe aufgeregt mit den Knien, mir läuft der Schweiß, kurz, ich bin total am Ende. Und einer von denen in diesem anderen Raum denkt: Eigentlich kann ich den armen Hund auch jetzt gleich holen, dann bin ich vielleicht noch vor der Mittagspause mit ihm fertig.“
    „Und was hast du getan?“ Malachi stellte zu seinem Erstaunen fest, dass er sich gespannt vorgebeugt hatte und seine Knie auf und ab wippten, genauso wie Kellers in seiner Geschichte. Er trank noch einen Schluck aus der Flasche, woraufhin die Wärme nun bis in seine Wangen hinaufkroch.
    Keller zuckte mit den Achseln, als sei seine Erzählung im Grunde nichts besonders Aufregendes. „Was schon, ich bin abgehauen. Und natürlich war das der Test gewesen, diese zermürbende Warterei. Sie haben mir mit ihren Gedanken absichtlich Angst eingejagt, und als ich verduftet bin, hatten sie die Gewissheit, die sie brauchten. Ich war nicht mal fünf Sekunden aus dem Gebäude raus, da kam auch schon eine Gruppe bis an die Zähne bewaffneter Vollstrecker auf mich zugestürmt. Ich rannte in eine Gasse und fand zum Glück einen losen Gullydeckel. Ich also rein in die Kanalisation, um mich zu verstecken. Und irgendwie hat es sich bis heute nicht ergeben, dass ich ernsthaft drüber nachgedacht hätte, wieder zurück nach oben zu gehen.“
    „Warum nicht?“ Weshalb sollte irgendein Mensch dieses triste Dasein in Schmutz und Dunkelheit vorziehen, wenn erstattdessen an einem Ort sein könnte, wo es frische Luft und sauberes Wasser gab?
    Keller deutete auf seinen künstlichen Arm. „Eine Frau. Schlechte Entscheidung, ich weiß. Aber ich bin trotzdem geblieben. Und es gefällt mir hier. Ich hab meine Ruhe und muss mir keine Sorgen darum machen, dass meine ‚Gabe‘ auffliegt.“ Als er das Wort sagte, hob er beide Hände, die echte und die mechanische, und wackelte mit den Fingern in der Luft. „Ich kann ein ‚normales Leben‘ führen.“
    „Du ersetzt Körperteile lebender Wesen mit toten Objekten“, warf Malachi ein, und diese Feststellung entlockte ihm zur Abwechslung selbst ein Lachen.
    „Na siehst du, hab ich mir gedacht, dass so etwas deinen Sinn für Humor schon eher trifft“, sagte Keller und hielt die Flasche gegen das Licht an der Decke. „Ich muss mir was überlegen, wie ich meine Bar schneller wieder auffüllen kann als bisher.“
    Eine Idee blitzte in Malachis Geist auf. Eine, bei der sich sein Mund zu einem so breiten Lächeln verzog, dass es wehtat. „Du kannst also wirklich Gedanken lesen?“
    „Die von Menschen, ja“, bestätigte Keller und genehmigte sich noch einen Schluck.
    Die Idee verpuffte so schnell, wie sie gekommen

Weitere Kostenlose Bücher